- In this opposition appeal, the patentee files a Notice of appeal and uses Form 1038E where the appeal fee is indicated, but the payment method is "not specified". As readers may know, this is something the EPO Online Filing Software allows and even can have as a default setting. You have to actively check "debit order" if you forget the filing software gives only a very subtle warning even if you have already specified a fee to be paid (a small white triangle, I believe). In this case, the appellant had checked the appeal fee but not checked "debit order".
- The issue is not whether the debit order was valid. Rather, the appellant invokes the principle of good faith (EPO should inform parties of clear mistakes which they can still repair, G2/97) because the Notice was paid one month before the time limit and the Notice contained the express statement "Die Beschwerdegebühr wird hiermit via Online-Gebührenzahlung entrichtet". The appellant filed this request (and paid the appeal fee) after receiving the Rule 112 notice of loss of rights from the "Geschaftsstellenbeambtin".
- The Board grants the request and considers the appeal fee to be timely paid.
- The Board notes that the ADA are not outside the scope of G2/97. "Allerdings hat die Tatsache, dass die Gebühr nun über die Online-Gebührenzahlung möglich ist und von den Vorschriften über das laufende Konto reguliert wird nicht zur Folge, dass damit jeglicher Anspruch auf Vertrauensschutz automatisch erlischt."
- The Board recalls that in G2/97, the Enlarged Board had assumed that documents received by the EPO are read (by the EPO). The present Board concludes that users of the EPO may trust that a plausibility check is done (by the EPO) when an appeal is filed.
- In the present case, the error was clear to spot. In particular, because of the unambiguous statement in the appeal letter that the debit order was attached which provides the required statement of intention to pay with the filing of the notice of appeal. Moreover, there was still enough time before the expiry of the appeal period.
- " Die Beschwerdeführerin konnte daher erwarten, dass sie auf die fehlenden Angaben unter Rubrik "Zahlungsart" hingewiesen würde, was es ihr in Hinblick auf die über einen Monat vor Fristende erfolgte Einreichung der Beschwerde erlaubt hätte, die Beschwerdegebühr fristgerecht zu entrichten."
- The above decision makes sense to me. I understand it also reflects first-instance practice. I really hope that the EPO updates the filing software to address this trap for parties (I am not sure if it is a bug or a feature, but this decision shows that there should be a better warning in the software in my view).
- Note that the oppositions were withdrawn already before the filing of the notice of appeal.
EPO T 0703/19 (07.08.2019) - link
ECLI:EP:BA:2019:T070319.20190807
Sachverhalt und Anträge
I. Mit der am 30. Januar 2019 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung hat die Einspruchsabteilung festgestellt, dass das Patent in der Fassung des Hilfsantrags 1 die Erfordernisse des EPÜ erfüllt. Die beiden Einsprüche gegen das Patent wurden mit Schreiben vom 1. Februar 2018 sowie vom 11. September 2018 zurückgenommen.
II. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin)legte am 8. März 2019, und somit innerhalb der dafür vorgesehenen Zweimonatsfrist (Artikel 108 Satz 1), auf dem Wege der Online-Einreichung des EPA Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein. Im Zuge der Online-Einreichung des EPA wurde das Formular 1038 mit dem Titel "Begleitschreiben für nachgereichte Unterlagen" generiert, dem auch die Beschwerdeschrift als PDF angehängt war.
III. In der Beschwerdeschrift machte die Beschwerdeführerin unter anderem folgende Angabe: "Die Beschwerdegebühr wird hiermit via Online-Gebührenzahlung entrichtet". Auf dem Begleitschreiben für nachgereichte Unterlagen finden sich Angaben bezüglich der Art der Gebühren ("Beschwerdegebühr für eine Beschwerde..."), des zu zahlenden Betrags ("EUR 2 255.00"), nicht aber zur Zahlungsart. Zu letzterer ist "Nicht angegeben" aufgeführt. Die Angabe der Kontonummer fehlt. Eine Abbuchung der Beschwerdegebühr von dem laufenden Konto der Vertreterin der Beschwerdeführerin fand nicht statt.
IV. In der Mitteilung vom 13. Mai 2019 mit dem Titel "Feststellung eines Rechtsverlusts gemäß Regel 112(1) EPÜ" wurde die Beschwerdeführerin darüber informiert, dass die Beschwerdegebühr nicht entrichtet worden ist, und die Beschwerde gemäß Artikel 108 Satz 2 EPÜ deshalb als nicht eingelegt gelte. An demselben Tag entrichtete die Beschwerdeführerin die Beschwerdegebühr und beantragte, die Zahlung der Beschwerdegebühr als rechtzeitig entrichtet anzusehen. Sie reichte die Beschwerdebegründung am 17. Mai 2019, und somit innerhalb der dafür vorgesehenen Viermonatsfrist (Artikel 108 Satz 3 EPÜ), ein.
V. Den Antrag, die Beschwerdegebühr als rechtzeitig entrichtet anzusehen, begründet die Beschwerdeführerin mit dem Vertrauensschutz. In Anlehnung an die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 2/97 argumentiert sie, dass das EPA verpflichtet gewesen sei, sie auf die fehlenden Details zur Zahlungsart hinzuweisen. Eine solche Pflicht bestünde unter anderem deshalb, da der Fehler leicht erkennbar gewesen wäre und es auch ausreichend Zeit gegeben habe, um eine fristgerechte Zahlung der Beschwerdegebühr vorzunehmen. Darüber hinaus liege bei einer Gewährung ihres Antrags keine nachteilige Auswirkung für eine andere Partei vor, da die beiden Einsprüche gegen das Patent zurückgenommen wurden.
VI. Am 21. Juni 2019 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung und entrichtete die Wiedereinsetzungsgebühr. Sie beantragte darüber hinaus die Rückzahlung dieser Gebühr, sollte ihr Vertrauensschutz in Bezug auf die Zahlung der Beschwerdegebühr gewährt werden.
Entscheidungsgründe
1. Einziger Gegenstand der vorliegenden Entscheidung ist die Frage, ob die Beschwerde als eingelegt gilt.
2. Gemäß Artikel 108 EPÜ ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung einzulegen. Sie gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr entrichtet worden ist.
3. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde am 30. Januar 2019 zur Post gegeben. Die Frist für die Einlegung der Beschwerde lief am 9. April 2019 ab. Die Beschwerdegebühr wurde am 13. Mai 2019 entrichtet. Somit gilt die Beschwerde als nicht eingelegt, es sei denn, eines der Rechtsbehelfe - Vertrauensschutz oder Wiedereinsetzung - ist anwendbar.
4. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes erfordert unter anderem, dass das EPA den Anmelder auf einen drohenden Rechtsverlust hinweist, wenn ein solcher Hinweis nach Treu und Glauben erwartet werden kann. Dies setzt voraus, dass der Mangel für das im EPA im Rahmen der normalen Bearbeitung des Falls in der entsprechenden Verfahrensphase leicht erkennbar ist und der Benutzer ihn noch fristgerecht beheben kann (G 2/97, Gründe 4.1).
5. Auf der anderen Seite wies die Große Beschwerdekammer in G 2/97 darauf hin, dass Benutzer des europäischen Patentsystems zu redlichem Verhalten verpflichtet sind und alles tun müssen, um einen Rechtverlust zu vermeiden. So kann weder ein Hinweis auf einen Mangel innerhalb des Zuständigkeitsbereiches eines Beteiligten erwartet werden, noch kann die Beschwerdeführerin ihre Verantwortung für die Erfüllung der Voraussetzungen einer zulässigen Beschwerde auf die Beschwerdekammer abwälzen (G 2/97, Gründe 4.2).
Leichte Erkennbarkeit und Behebbarkeit des Mangels
6. Im vorliegenden Fall lag die fehlende Angabe zur Zahlungsart am 8. März 2019 vor und somit über einen Monat vor Ablauf der Frist zur Einreichung der Beschwerde. Daher steht außer Zweifel, dass die Beschwerdeführerin den Mangel hätte fristgerecht beheben können, wenn sie über ihn informiert worden wäre. Somit stellt sich die Frage, ob der Mangel für das EPA im Rahmen der normalen Bearbeitung des Falls in der entsprechenden Verfahrensphase leicht erkennbar war.
7. In G 2/97 führte die Große Beschwerdekammer ein Beispiel an, welches die Beschwerdeführerin als Analogie zu dem vorliegenden Fall heranzieht: wenn beim EPA ein Schreiben eingeht, in dem ausdrücklich erwähnt ist, dass zur Zahlung einer Beschwerdegebühr ein Scheck beigefügt wird, der Scheck aber fehlt, so sollte das EPA die Beschwerdeführerin darauf aufmerksam machen (G 2/97, Gründe, 4.1).
8. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von diesem Beispiel vornehmlich darin, dass die Einlegung der Beschwerde per Online-Einreichung des EPA erfolgte und die Beschwerdegebühr im Zuge der Online-Gebührenzahlung als Abbuchung vom laufenden Konto entrichtet werden sollte.
9. Gemäß Artikel 5(2) der Gebührenordnung in Verbindung mit Punkt 5.1. der Vorschriften über das laufende Konto (ABl. EPA 2017, Zusatzpublikation 5, S.11ff) erfolgt die Belastung des laufenden Kontos ausschließlich auf der Grundlage eines elektronischen Abbuchungsauftrags. Ein solcher kann über die Online-Gebührenzahlung eingereicht werden. Abbuchungsaufträge, die auf anderem Wege wie z.B. auf Papier oder über die Web-Einreichung eingereicht werden, sind ungültig (Punkt 5.1.3). Somit kann die Angabe in der Beschwerdeschrift, dass "die Beschwerdegebühr ... hiermit via Online-Gebührenzahlung entrichtet [wird]" nicht als Abbuchungsauftrag angesehen werden.
10. Allerdings hat die Tatsache, dass die Gebühr nun über die Online-Gebührenzahlung möglich ist und von den Vorschriften über das laufende Konto reguliert wird nicht zur Folge, dass damit jeglicher Anspruch auf Vertrauensschutz automatisch erlischt. Die für den vorliegenden Fall relevante Frage ist nicht, ob die in der Beschwerdeschrift gemachte Angabe einen Abbuchungsauftrag darstellt, sondern ob die eingereichten Unterlagen einen leicht erkennbaren Mangel aufweisen.
11. Um einen Mangel erkennen zu können, muss eine Plausibilitätskontrolle vorgenommen werden. In dem in der G 2/97 angeführten Beispiel ging die Große Beschwerdekammer davon aus, dass das beim EPA eingegangene Schreiben gelesen würde, denn nur so hätte festgestellt werden können, dass der im Schreiben als beigefügt angegebene Scheck fehlte. Die Kammer ist der Auffassung, dass ein Benutzer des EPA darauf vertrauen darf, dass bei der Einreichung einer Beschwerde eine Plausibilitätskontrolle vorgenommen wird.
12. Im vorliegenden Fall finden sich auf dem Begleitschreiben für nachgereichte Unterlagen folgende Angaben: unter der Überschrift "Beschreibung der Unterlage" ist die Beschwerdeschrift angegeben; dem folgen der ursprüngliche sowie der vergebene Dateiname - weitere Anlagen diesbezüglich gibt es nicht; unter der Überschrift "Gebühren" machte die Beschwerdeführerin Angaben bezüglich der Art der Gebühren ("Beschwerdegebühr für eine Beschwerde ...") und des zu zahlenden Betrags ("EUR 2 255.00"); unter der Überschrift "Zahlung" steht unter der Rubrik "Zahlungsart" "Nicht angegeben".
13. Die Rubrik "Zahlungsart" ermöglicht eine Auswahl verschiedener Angaben - "Nicht angegeben" ist eine davon. Diese Angabe ist dann relevant, wenn Unterlagen eingereicht werden, für die keine Gebühr fällig wird, wie zum Beispiel bei der Einreichung einer Beschwerdeerwiderung.
14. Die Kammer wertet die Angabe zur Gebühr als Intention, die Beschwerdegebühr zum Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerdeschrift zu entrichten. Dies entspricht - um beim Beispiel des Schecks zu bleiben - der Intention, die Beschwerdegebühr mit einem Scheck zu bezahlen.
15. Wenn es bezüglich der Intention, die Beschwerdegebühr zum Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde zu entrichten, irgendwelche Zweifel gäbe, so würden diese Zweifel mit einem Blick auf die Beschwerdeschrift ausgeräumt. Mit der Angabe "Die Beschwerdegebühr wird hiermit via Online-Gebührenzahlung entrichtet" ist die Intention der Beschwerdeführerin, die Beschwerdegebühr mit der Online-Einreichung zu bezahlen, klar erkennbar.
16. Die fehlende Angabe auf dem Begleitschreiben zur Zahlungsart (und die fehlende Kontonummer) unter der Überschrift "Zahlung" steht in deutlichem Widerspruch zu dieser Intention und ist daher als klarer Mangel offensichtlich. Dieser Mangel wird nach Auffassung der Kammer bereits beim Lesen des Begleitschreibens ersichtlich und wird durch die Beschwerdeschrift bestätigt. Der Mangel war in jedem Fall leicht erkennbar, da das Begleitschreiben sowie die Beschwerdeschrift eine sehr begrenzte Anzahl von Informationen enthalten.
Zuständigkeitsbereich der Beschwerdeführerin
17. In G 2/97 stellte die Große Beschwerdekammer klar, dass ein Hinweis auf einen Mangel, der innerhalb des Zuständigkeitsbereiches eines Beteiligten liegt, nicht erwartet werden kann, und dass die Beschwerdeführerin ihre Verantwortung für die Erfüllung der Voraussetzungen einer zulässigen Beschwerde nicht auf die Beschwerdekammer abwälzen kann. Sie verwies diesbezüglich auf die Entscheidungen J 12/94, T 690/93 und T 161/96.
18. Nach Auffassung der Kammer unterscheidet sich der vorliegende Fall von diesen Entscheidungen:
18.1 In J 12/94 hatte die Beschwerdeführerin erwartet, dass das EPA sie über den drohenden Rechtsverlustes in Bezug auf den Eintritt in die regionale Phase warne. Die Kammer lehnte eine Pflicht, auf den Mangel hinzuweisen ab, da das EPA sich auf Informationen der Beschwerdeführerin - die sich im Nachhinein als falsch herausstellten - verließ und ihr keine abschließenden Fakten vorlagen, die einen solchen Rechtsverlust begründen würden. Der Mangel war daher nicht leicht erkennbar.
18.2 In T 690/93 lehnte die Kammer es ab, den Vertrauensschutz so weit auszuweiten, dass die Beschwerdeführerin über eine fehlende Wiedereinsetzungsgebühr informiert werden muss. Aus dem Sachverhalt der Entscheidung geht hervor, dass das relevante Schreiben vom 22. Juli 1993, das die Kammer als Antrag auf Widereinsetzung wertete, keinen Hinweis auf eine Wiedereinsetzungsgebühr enthielt.
18.3 In T 161/96 entschied die Kammer in Anlehnung an die Entscheidung T 690/93, dass das EPA nicht verpflichtet war, die Beschwerdeführerin auf die unvollständige Entrichtung der Einspruchsgebühr hinzuweisen, da dieser Mangel eindeutig im Zuständigkeitsbereich der Beschwerdeführerin läge. Unterstelle man aber eine solche Pflicht, so setze dies voraus dass i) der Formalsachbearbeiter der Einspruchsabteilung von der Direktion Kassen- und Rechnungswesen innerhalb der Einspruchsfrist einen Zahlungsbeleg erhält, aus dem diese unvollständige Entrichtung hervorgeht, ii) objektiv ausgeschlossen ist, dass der Einsprechende den Fehlbetrag vor Ablauf der Einspruchsfrist von sich aus entrichtet, und iii) der Einsprechende den Fehlbetrag noch innerhalb der Einspruchsfrist entrichten kann.
19. Die Kammer entnimmt den obigen Entscheidungen, dass die teilweise oder ganze Zahlung einer Gebühr in den Zuständigkeitsbereich einer Partei fällt. Darüber hinaus ist allen Entscheidungen gemein, dass der Mangel nicht leicht erkennbar war.
20. Allerdings bedeutet die Tatsache, dass die Zahlung der Beschwerdegebühr als solches in den Zuständigkeitsbereich der Beschwerdeführerin fällt, nicht, dass alle damit verbundenen Teilaspekte notwendigerweise auch davon betroffen sind. Denn wäre dies der Fall, so wäre die Große Beschwerdekammer in G 2/97 - im hypothetischen Beispiel - nicht zu dem Schluss gekommen, dass die Kammer die Beschwerdeführerin auf einen fehlenden Scheck hätte aufmerksam machen sollen. Vielmehr geht es beim Beispiel des Schecks nach Ansicht der Kammer darum, dass die klar erkennbare Absicht, eine Verfahrenshandlung mit Einreichen der Beschwerdeschrift vorzunehmen (Zahlung der Beschwerdegebühr), im Widerspruch zur faktisch erfolgten Handlung steht und dies leicht erkennbar ist. Beides ist im vorliegenden Fall gegeben.
21. Die Beschwerdeführerin konnte daher erwarten, dass sie auf die fehlenden Angaben unter Rubrik "Zahlungsart" hingewiesen würde, was es ihr in Hinblick auf die über einen Monat vor Fristende erfolgte Einreichung der Beschwerde erlaubt hätte, die Beschwerdegebühr fristgerecht zu entrichten.
22. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Beschwerdegebühr als rechtzeitig entrichtet zu betrachten ist und die Beschwerde somit als eingelegt gilt. Die von der Beschwerdeführerin entrichtete Wiedereinsetzungsgebühr ist daher zurückzuzahlen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde gilt als eingelegt.
Die Wiedereinsetzungsgebühr wird zurückgezahlt.
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