- Before the OD, the patentee had filed amended claims as sole request. The two opponents then withdrew their oppositions. The OD then decided to terminate the opposition proceedings under Rule 84(2) EPC, thereby leaving the patent unamended. The patentee appeals.
- The Board finds that there is a substantial procedural violation because the decision violates Article 113(2) EPC. The Board also points out that interlocutory revision under Article 109 should have been granted because the opposition proceedings are now ex parte.
EPO T 1558/18 - link
Entscheidungsgründe
1. Antragsbindung (ne ultra petita) - Artikel 113 (2) EPÜ
Die Beschwerdeführerin beantragte im Einspruchsverfahren die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf Basis eines mit dem Schriftsatz vom 19. Mai 2017 eingereichten neuen Anspruchsatzes. Dieser galt als einziger Antrag und wurde mit dem Schriftsatz vom 23. April 2018 durch die Einreichung einer angepassten Beschreibung nochmals bestätigt.
Die Aufrechterhaltung des Streitpatents in unveränderter Fassung war somit von der Beschwerdeführerin vor der Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 2. Mai 2018 zweifelsfrei nicht mehr beantragt.
Durch die ungeschränkte Einstellung des Verfahrens wurde das Streitpatent jedoch in der unveränderter Fassung aufrechterhalten.
Die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 2. Mai 2018, das Einspruchsverfahren einzustellen, d.h. mit der Konsequenz, dass das Streitpatent in unveränderter Fassung aufrechterhalten wird, steht somit in direktem Widerspruch zum Antrag der Beschwerdeführerin vom 19. Mai 2017 bzw. 23. April 2018, der die Aufrechterhaltung einer geänderten Fassung des Streitpatents betrifft.
Die angefochtene Entscheidung vom 2. Mai 2018 verstößt mithin gegen den fundamentalen Verfahrensgrundsatz der Antragsbindung nach Artikel 113 (2) EPÜ, weil die Einspruchsabteilung sich nicht an die von der Patentinhaberin vorgelegte Fassung vom 19. Mai 2017 bzw. 23. April 2018 gehalten hat, sondern darüber hinausgegangen ist (siehe T 647/93, ABl. EPA 1995, 132; T 996/12 vom 14. März 2013, Punkt 4 der Gründe, nicht im ABl. EPA veröffentlicht; Rechtssprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage 2016, III.B.3 und IV.E.8.4.3, m.w.N.).
Dieser Verstoß des rechtlichen Gehörs stellt zugleich einen wesentlicher Verfahrensmangel dar.
2. Abhilfe - Artikel 109 (1) EPÜ
Da die beiden Einsprüche gegen das Patent zurückgenommen wurden, stand der Beschwerdeführerin kein anderer an dem Verfahren Beteiligter im Sinne von Artikel 109 (1) EPÜ mehr gegenüber.
Dass die Einspruchsabteilung die zulässige und im Hinblick auf den oben unter Punkt 1 erwähnten wesentlichen Verfahrensmangel auch begründete Beschwerde der Kammer direkt vorgelegt hat, obschon eine Abhilfe durch sie selbst nach Artikel 109 (1) EPÜ geboten war, stellt einen weiteren wesentlichen Verfahrensfehler betreffend das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin gemäß Artikel 113 (1) EPÜ dar (siehe T 139/87, ABl. EPA 1990, 68; T 647/93, supra; T 685/98, ABl. EPA 1999, 346; G 3/03, ABl. EPA 2005, 344, Punkt 3.4.1 der Gründe; Rechtssprechung der Beschwerdekammern, supra, IV.E.2.9.1, m.w.N.).
3. Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung - Artikel 111 (1) EPÜ und 11 VOBK sowie
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - Regel 103 (1) a) EPÜ
Beide wesentlichen Verfahrensmängel (Missachtung des Grundsatzes der Antragsbindung (siehe Punkt 1.) sowie der Verpflichtung zur Abhilfe einer zulässigen und begründeten Beschwerde (siehe Punkt 2. oben)) rechtfertigen jeder für sich sowohl die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung nach Artikel 111 (1) EPÜ und 11 VOBK zur weiteren Entscheidung als auch unter Billigkeitsgründen die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Regel 103 (1) a) EPÜ (siehe T 139/87, supra; T 647/93, supra; T 1824/08 vom 16. November 2010, Punkte 4 und 6 der Gründe, nicht im ABl.EPA veröffentlicht; Rechtsprechung der Beschwerdekammern, supra, IV.E.7.4, IV.E.8.4.3 und 8.5.3, m.w.N.).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.
3. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.
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