9 August 2019

T 1514/14 - Claim interpretation

Key points

  • In this opposition appeal, the Board finds the claimed subject-matter to be insufficiently disclosed. However, the Board begins with some general remarks about claim interpretation. The main point is that if the claims as such are clear, the skilled person does not rule out a claim interpretation that technically makes sense but is inconsistent with the description.
  • The Board recalls that according to Article 84, the claims define the subject-matter for which protection is sought. The Board states that third parties should be able to trust after grant that the claims define the protected subject-matter.
  • " dann stellt eine Inkonsistenz zwischen Anspruchsgegenstand einerseits und Beschreibung und Zeichnungen andererseits allerdings keinen Grund dar, Merkmalen des beanspruchten Gegenstandes eine andere Bedeutung zu geben als die, die sich aus seinem Wortlaut eindeutig und ohne Zweifel ableiten lässt."
  • The Board also warns that in case the EPO adopts a claim interpretation that differs from the actually defined subject-matter of the claims, this may introduce an element of arbitrariness into the proceedings.



EPO T 1514/14 -  link


Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Unzureichende Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ)
2. Die Erfindung ist nicht so vollständig und ausführlich offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
Notwendigkeit der Auslegung des Anspruchs
3. Gemäß Artikel 113 (2) EPÜ hat sich bei der Prüfung der europäischen Patentanmeldung oder des europäischen Patents und den Entscheidungen darüber das Europäische Patentamt an die vom Anmelder oder Patentinhaber vorgelegte oder gebilligte Fassung zu halten. Gemäß Regel 71 (5) EPÜ muss der Anmelder sein Einverständnis mit der Fassung, in der das Patent erteilt werden soll, erklären. Gemäß Artikel 84 EPÜ sind es die Ansprüche, die den Gegenstand angeben, für den Schutz begehrt wird. Sie müssen deutlich gefasst und von der Beschreibung gestützt sein.
4. Damit hat der Anmelder einerseits die Gestaltungsfreiheit bei der Formulierung seines Schutzbegehrens andererseits aber auch die alleinige Verantwortung, dass mit dem Anspruchstext auch tatsächlich der Gegenstand angegeben wird, den er schützen lassen möchte. Hierauf müssen sich Dritte nach der Erteilung verlassen können.
5. Es mag nicht immer gelingen oder auch anhand der inhärenten mangelnden Präzision menschlicher Sprache nicht immer vollständig erreichbar sein, den Anspruchsgegenstand so anzugeben, dass er keinerlei weiterer Auslegung bedarf. Ist dies der Fall, dann kann es vonnöten sein, die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen, um den Anspruch auszulegen.
6. Hiervon zu differenzieren ist aber der Fall, dass ein Anspruch deutlich einen Gegenstand definiert, so dass er zum Verständnis keines Rückgriffs auf weitere Auslegungsmittel bedarf, sich der Anspruchsgegenstand allerdings in der Beschreibung und Zeichnung nicht wiederfindet. Dieser zweite Fall sollte vor der Erteilung im Rahmen des Erfordernisses der Stützung durch die Beschreibung wie in Artikel 84 EPÜ angegeben behandelt werden.
7. Ist dies nicht geschehen, dann stellt eine Inkonsistenz zwischen Anspruchsgegenstand einerseits und Beschreibung und Zeichnungen andererseits allerdings keinen Grund dar, Merkmalen des beanspruchten Gegenstandes eine andere Bedeutung zu geben als die, die sich aus seinem Wortlaut eindeutig und ohne Zweifel ableiten lässt.
Würde das Europäische Patentamt nämlich eine bestimmte Interpretation des Anspruchsgegenstandes zum Gegenstand der Prüfung machen, die vom tatsächlich definierten Anspruchsgegenstand, der für sich genommen klar ist, abweicht, würde dies den oben genannten Grundsätzen, wie sie in den Artikeln 113 (1) und 84 EPÜ zum Ausdruck kommen, zuwiderlaufen. Denn dann würde das Europäische Patentamt de facto über einen anderen als den vom Anmelder vorgelegten Text entscheiden. Dadurch würde ein Element der Willkür in die Prüfung eingeführt, da der Gegenstand der Prüfung für Dritte nicht vorhersehbar wäre und möglicherweise nicht einmal objektiv festlegbar. Dadurch würde nach der Erteilung die Rechtsicherheit geschwächt. Des Weiteren würde man durch eine solche stillschweigende Uminterpretation de facto eine hypothetische Anspruchsänderung der Prüfung zugrunde legen, die von der mangelnden Stützung des tatsächlichen Anspruchsgegenstandes in der Beschreibung veranlasst ist. Da Artikel 84 EPÜ kein Einspruchsgrund ist, stünde ein solches Vorgehen im Widerspruch zu den Erfordernissen der Regel 80 EPÜ.

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