14 August 2019

T 1525/17 - Inadmissible vs. not taking into account

Key points

  • In this opposition appeal, the OD had held documents E5 and E6 inadmissible. The Board explains that it is inconsistent to take into account a late-filed document in the examination of the patentability requirements (here, inventive step) on the one hand and, refuse the document as inadmissible on the other hand, as the OD had done.
  • "Die Entscheidung, bestimmte verspätete Tatsachen oder Beweismittel nicht zu berücksichtigen, wird auch als deren Nichtzulassung bezeichnet. Dass es sich insoweit um Synonyme handelt, hat die Entscheidung T 2324/14 unter Punkt 2.2.1 und 2.2.2 für den parallelen Fall der Nichtzulassung von geänderten Anspruchssätzen überzeugend herausgearbeitet" 
  • "Es ist somit in sich widersprüchlich, verspätet eingereichte Dokumente einerseits bei einer eingehenden Prüfung der Patentierbarkeitsvoraussetzungen zugrunde zu legen, damit also in der Sache zu berücksichtigen, und andererseits zu erklären, diese würden nicht in das Verfahren zugelassen, wie die Einspruchsabteilung dies vorliegend getan hat:" 
  • The fact that the examination of the substance (of the documents) had taken place, means that this examination can be reviewed by the Board and that the Board can not hold the document inadmissible under Article 12(4) RPBA.  
  • " Für künftige Fälle wäre es gewiss ratsam, eine klare Entscheidung zu treffen, ob ein Dokument in der Sache berücksichtigt wird oder nicht." 



EPO T 1525/17 -  link



3.3 Schriftlich hat die Beschwerdeführerin noch einen Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber E5 in Kombination mit E1 oder E2 vorgebracht.
Die Kammer folgt hinsichtlich der Beurteilung der erfinderische Tätigkeit ausgehend von E5 den Ausführungen der Einspruchsabteilung. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist ausgehend von der Entgegenhaltung E5 in Kombination mit E1 oder E2 nicht nahgelegt. Insbesondere ist die vom Einsprechenden auf der Grundlage der Entgegenhaltung E5 mit E2 oder E1 durchgeführte Analyse eine Ex-post-facto Betrachtung.
3.4 Die vorstehende Argumente gelten gleichermaßen auch für den auf ein Flurförderzeug gerichteten Anspruch 10, sodass auch der Gegenstand dieses Anspruchs auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
4. Berücksichtigung der Dokumente E5 und E6
4.1 Artikel 114(2) EPÜ erlaubt es dem Europäischen Patentamt, Tatsachen und Beweismittel, die verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen. Dem Amt ist damit das Ermessen eingeräumt, die Prüfung der Anmeldung bzw. die Überprüfung des Patents im Einspruchsverfahren allein auf der Grundlage der sonstigen Tatsachen und Beweismittel vorzunehmen. Die Entscheidung, bestimmte verspätete Tatsachen oder Beweismittel nicht zu berücksichtigen, wird auch als deren Nichtzulassung bezeichnet. Dass es sich insoweit um Synonyme handelt, hat die Entscheidung T 2324/14 unter Punkt 2.2.1 und 2.2.2 für den parallelen Fall der Nichtzulassung von geänderten Anspruchssätzen überzeugend herausgearbeitet; die Kammer sieht angesichts des identischen Wortlauts keinen Grund, dies hinsichtlich der Nichtzulassung/Nichtberücksichtigung verspäteter Tatsachen und Beweismittel anders zu beurteilen.


4.2 Es ist somit in sich widersprüchlich, verspätet eingereichte Dokumente einerseits bei einer eingehenden Prüfung der Patentierbarkeitsvoraussetzungen zugrunde zu legen, damit also in der Sache zu berücksichtigen, und andererseits zu erklären, diese würden nicht in das Verfahren zugelassen, wie die Einspruchsabteilung dies vorliegend getan hat: Die eingehende Sachprüfung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt die Dokumente E5 und E6 auf Seiten 7 bis 14 und 17 bis 20 der angefochtenen Entscheidung unter allen Gesichtspunkten. Sie wird weder explizit als bloße prima facie Prüfung der Relevanz der Dokumente bezeichnet, noch kann sie implizit als Vorfrage der dann nur eine Seite umfassenden Abhandlung zur Nichtzulassung der Dokumente auf Seite 20/21 der Entscheidung angesehen werden.
4.3 Der Umstand, dass eine Prüfung in der Sache stattgefunden hat, führt regelmäßig dazu, dass diese auch im Beschwerdeverfahren von der Kammer vollumfänglich überprüfbar ist bzw. dass der Kammer jedenfalls eine Nichtzulassung nach Artikel 12(4) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) verwehrt ist, die sich auf den Umstand einer vermeintlichen, in Wahrheit aber im Selbstwiderspruch stehenden und daher ermessensfehlerhaften Nichtzulassung durch die Vorinstanz stützt, vgl. die Entscheidungen T 2324/14 und T 2026/15.
4.4 Die Beschwerdegegnerin hat vorliegend eingewandt, dies sei im zweiseitigen Verfahren und im Hinblick auf Artikel 114(2) EPÜ anders zu beurteilen, da die Patentinhaberin nur aufgrund einer besonders ausführlichen sachlichen Begründung durch die Einspruchsabteilung ihren von dieser als ebenfalls berechtigt angesehenen Verspätungseinwand verlieren würde und damit unberechtigt schlechter gestellt würde. Die Kammer kommt zum Ergebnis, dass über diesen Einwand nicht mehr entschieden werden muss; denn bereits die Überprüfung der Sachentscheidung führt - wie oben unter 3 dargelegt - zum Ergebnis, dass die Einspruchsabteilung den Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit auch bei Berücksichtigung von E5 und E6 zu Recht zurückgewiesen hat, so dass die Frage dahin stehen kann, ob die Kammer auch die Nichtzulassungsentscheidung als wirksam hätte ansehen müssen.
4.5 Für künftige Fälle wäre es gewiss ratsam, eine klare Entscheidung zu treffen, ob ein Dokument in der Sache berücksichtigt wird oder nicht.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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