5 December 2019

T 0124/16 - Not admitting attack

Key points

  • This decision was given publication code [C], so I'm discussing it here.
  • The opponent submitted that claim 1 of an auxiliary request was obvious over E1 and E12 for the first time during the oral proceedings before the Board. The Board does not admit this new line of attack, noting also that operative claim 1 is based on some of the dependent claims as granted.
  • The opponent had only attacked the inventive step based on E14 during the appeal procedure. However, E14 was a document that had not been admitted by the OD 'in the framework of novelty'. In appeal, the opponent uses E14 for inventive step. The Board concludes that it has a discretion to admit E14 under Article 12(4) RPBA. The Board assesses that E14 is not prima facie highly relevant and does not admit E14.
  • As a comment, under Art.12(6) RPBA 2020, "the Board shall not admit [] evidence which [was] not admitted in the proceedings leading to the decision under appeal, unless the decision not to admit them suffered from an error in the use of discretion or unless the circumstances of the appeal case justify their admittance." I wonder if the change of strategy of the opponent party (movant) itself can be considered a "circumstance of the appeal" justifying the admittance of E14. But under current Art.12(4) RPBA 2007, the Board has the discretion. 


EPO T 0124/16 -  link


Hilfsantrag B3
5. Nicht-Zulassung von E14 in das Verfahren
5.1 E14 ist unbestritten ein verspätet vorgebrachtes Beweismittel im Sinne von Artikel 114 (2) EPÜ. Im Rahmen der Neuheitsdiskussion hat die Einspruchs­abteilung E14 nicht ins Verfahren zugelassen.
5.2 Bei der Diskussion der erfinderischen Tätigkeit im Verfahren vor der Einspruchsabteilung fand E14 keine Erwähnung. Die Beschwerdeführerin hat den auf E14 gründenden Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit erstmals im Beschwerdeverfahren vorgebracht, obwohl ein auf entsprechende Weise eingeschränkter Anspruch 1 von der Beschwerdegegnerin bereits im Einspruchs­verfahren vorgelegt worden war (vgl. Hilfsantrag IV vom 4. September 2015, jedoch noch umfassend die Alternative mit Thermostatventil und mit anderer Abgrenzung zwischen allgemeinem und kennzeichnendem Teil). Dieser neue, von E14 ausgehende Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit hätte daher bereits im Verfahren vor der Einspruchsabteilung vorgebracht werden können.


5.3 Die Kammer hat daher im Sinne des Artikels 12 (4) VOBK ein Ermessen, E14 auch im Rahmen der Diskussion der erfinderischen Tätigkeit nicht ins Beschwerdeverfahren zuzulassen. Dabei ist ebenfalls die Relevanz von E14 zu berücksichtigen.
5.4 Wie bereits unter Punkt 1.3 ausgeführt, ist die Kammer zu dem Schluss gekommen, dass E14 prima facie die Merkmale e), f), g) und k) nicht offenbart. Die Beschwerdeführerin brachte weder im schriftlichen Verfahren noch während der mündlichen Verhandlung Argumente vor, wie der Fachmann - zusätzlich zu den weiteren, die Heizeinrichtung betreffenden Unterscheidungsmerkmalen - diese vier Merkmale verwirklichen soll, ohne dabei erfinderisch tätig werden zu müssen. E14 ist somit zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht prima facie hochrelevant und auch nicht relevanter als der bereits im Verfahren befindliche Stand der Technik, insbesondere gemäß E1. Die Kammer hat daher ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, E14 auch im Hinblick auf die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit nicht in das Verfahren zuzulassen.
6. Nicht-Zulassung geänderten Vorbringens in das Verfahren
6.1 Während der Verhandlung trug die Beschwerdeführerin zum ersten Mal vor, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag B2 (Anspruch 1 gleichlautend gemäß Hilfsantrag B3) ausgehend von E1 und in Kombination mit E12, bzw. mit E12 und E3, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen solle.
6.2 Gegen den Gegenstand gemäß Anspruch 1 der Hilfsanträge B2 und B3, das heißt inklusive der Einschränkung auf eine Heizeinrichtung am oder im Reservoir, hat die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren ihre Angriffe lediglich ausgehend von E14 als nächstliegendem Stand der Technik vorgebracht. Im vorangegangenen Einspruchs­verfahren wurde E12 verspätet eingereicht und letztlich während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchs­abteilung von dieser ins Verfahren zugelassen. Die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit ausgehend von E1 in Kombination mit E12 beschränkte sich laut Protokoll (siehe Niederschrift über die mündliche Verhandlung, Punkt 7.3) auf den dritten Hilfsantrag in der Fassung wie er während der mündlichen Verhandlung eingereicht wurde und letztlich von der Einspruchs­abteilung als den Erfordernissen des EPÜ genügend empfunden wurde. Dieser Antrag entspricht nunmehr dem Hauptantrag im Beschwerdeverfahren und beinhaltet weder ein allgemeines Merkmal einer Heizeinrichtung noch das spezielle mit deren Anordnung am oder im Reservoir. Auch im schriftlichen Verfahren vor der Einspruchs­abteilung ist kein auf einen solchen, eine Heizeinrichtung umfassenden Gegenstand gerichteter Angriff ersichtlich, der von E1 als nächstliegendem Stand der Technik ausgeht und E12 kombiniert. Ein solcher Einwand wurde daher zum ersten Mal während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgebracht.
6.3 Die Argumentation der Beschwerdeführerin, wonach dieser Einwand lediglich eine Weiterentwicklung ihres bisherigen Vortrags darstelle, überzeugt die Kammer nicht. Zwar hat die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Ansprüche gemäß Hauptantrag unter anderem auf Basis der Kombination von E1 und E12 die mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend gemacht, für alle weiteren Anträge der Beschwerdegegnerin hat sie jedoch ausgehend von E14 argumentiert. Darüberhinaus war auch nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführerin jemals Ausführungen gegen weiter eingeschränkte Ansprüche auf Basis von E1 und E12 machen will. Aus den Argumenten der Beschwerde­führerin zum Hauptantrag lässt sich jedenfalls nicht ableiten, dass diese jemals so abgewandelt werden, um damit auch das Vorsehen einer am oder im Reservoir angeordneten Heizeinrichtung als nahegelegt darzulegen. Der Einwand stellt damit auch keine Weiterentwicklung der Argumentationslinie gegenüber dem Hauptantrag dar, sondern wandelt den auf den Dokumenten E1 und E12 beruhenden Einwand in einer nicht vorhersehbaren Weise ab, um ihn erstmals in der mündlichen Verhandlung gegen eine im Beschwerdeverfahren bisher nur auf Basis der E14 angegriffene, sich aus den Unteransprüchen ergebende Anordnung der Heizeinrichtung zu richten. Gegenüber den Ansprüchen der Hilfsanträge B2 und B3 stellt diese Vorgehensweise somit eine Änderung des Vorbringens im Sinne des Artikels 13 (1) VOBK dar.
Auch die von der Beschwerdeführerin angeführten Entscheidungen T 1621/09, T 607/10 und T 55/11 können diesen Umstand nicht entkräften. Vielmehr stützen diese Entscheidungen die Ansicht der Kammer, dass auch im vorliegenden Fall der Wechsel des Ausgangspunktes in der Argumentation der erfinderischen Tätigkeit eine Änderung des Vorbringens darstellt. In den zitierten Entscheidungen kamen die Kammern ebenfalls zum Ergebnis, dass ein solcher Wechsel eine Änderung des Vorbringens darstellt (andere Folie derselben Präsentation als Ausgangspunkt: T 1621/09, Rz. 13; Vertauschen des nächstliegenden Stands der Technik und des Kombinationsdokuments: T 607/10, Rz. 4.1.4; andere Wahl des nächstliegenden Stands der Technik: T 55/11, Rz. 2.4).
Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin keine bloße Entwicklung bereits vorhandener Argumente darstellt, sondern darauf abzielt, neue Einwände erstmals in der mündlichen Verhandlung einzuführen. Diese Vorgehens­weise stellt somit entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin eine Änderung des Vorbringens im Sinne des Artikels 13 (1) VOBK dar. Die Kammer hat daher ein Ermessen, dieses geänderte Vorbringen nicht zuzulassen.
6.4 Bei der Ausübung ihres Ermessens berücksichtigt die Kammer insbesondere den Verfahrensstand, die Komplexität des neuen Vorbringens und die gebotene Verfahrensökonomie.
6.5 Das neue Vorbringen erfolgte zum spätestmöglichen Zeitpunkt im Verfahren, ohne dass sich der zugrundeliegende Sachverhalt im Beschwerdeverfahren geändert hätte. Die einschränkenden Merkmale der Hilfsanträge B2 und B3 waren bereits Gegenstand der Hilfsanträge im Einspruchsverfahren.
6.6 Die Frage der Komplexität des Vorbringens kann dahingestellt bleiben, da es prima facie in der Sache keinen Erfolg haben kann und eine Zulassung somit auch dem Grundsatz der Verfahrensökonomie widerspräche.
Es ist unbestritten, dass E1 keine Heizeinrichtung zeigt und diese auch nicht nahelegt.
Ebenfalls unbestritten offenbart E12, dass durch oftmaliges Pumpen des Hydraulikmediums dessen Temperatur erhöht werden kann. Mit anderen Worten wird gemäß E12 die Pumpe dazu genutzt, das Hydraulikmedium zu heizen. In diesem Sinn kann die Pumpe (10) auch als "Heizeinrichtung" aufgefasst werden. Eine Anordnung dieser Pumpe oder einer anderen Heizeinrichtung am oder im Reservoir kann jedoch aus E12 nicht abgeleitet werden. Das Argument der Beschwerdeführerin, dass die Pumpe in E12 ebenfalls "am Reservoir" angeordnet sei, weil sie mit diesem verbunden ist, kann die Kammer nicht überzeugen. Vielmehr ist den schematischen Darstellungen in E12 keine Information über die räumliche Anordnung der Pumpe entnehmbar.
Auch eine weitere Kombination mit E3 kann die Kammer nicht überzeugen. Der darin gezeigte Wärmetauscher (68, Figur 2) stellt keine Heizeinrichtung im eigentlichen Sinn dar. Es hängt von weiteren Faktoren ab, ob an dieser Stelle Wärme in das Hydraulikmedium eingetragen (und dieses damit geheizt) oder ausgeleitet (und damit gekühlt) wird. Auch verfolgt E3 den Zweck, ein Überhitzen des Hydraulikmediums zu vermeiden. Der Fachmann müsste beim Lesen von E3 also zuerst interpretieren, dass in bestimmten Betriebszuständen durch die Kühlung des einen Hydraulikkreises in dem Wärmetauscher eine Art "Heizeinrichtung" für den anderen Hydraulikkreis verwirklicht sein könnte. Dies stellt für den Fachmann allerdings keinen eindeutigen und unmittelbaren Anreiz dar, eine solche nur durch weitergehende Interpretation erkennbare Heizeinrichtung in E1 anzuwenden.
Darüberhinaus ist die Anwendung eines Wärmetauschers zwischen zwei Heizkreisen, wie sie in E3 offenbart ist, in E1 nicht ohne Änderungen möglich, da E1 nur einen einzigen Hydraulikkreis offenbart. Auch die Berücksichtigung von E12 kann hier nicht weiterhelfen. Eine Kombination von E1, E12 und E3 führt somit prima facie nicht zum beanspruchten Gegenstand.
6.7 Das geänderte Vorbringen der Beschwerdeführerin wurde somit von der Kammer nicht zugelassen, weil es prima facie der Aufrechterhaltung nicht entgegensteht.
6.8 Da von der Kammer weder E14 noch die Einwände basierend auf einer Kombination von E1 und E12 bzw. E1, E12 und E3 in das Verfahren zugelassen wurden, liegen zur Frage der erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich des Hilfsantrags B3 keine zulässigen Einwände vor. Somit war die erfinderische Tätigkeit des in Anspruch 1 des Hilfsantrags B3 definierten Gegenstands nicht in Frage zu stellen.

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