28 February 2017

T 0461/12 - Opponent not given time for search

Key points

  • The Board finds that the OD had committed a substantial procedural violation by admitting into the procedure a request with an added feature based on a figure of the patent. The feature was not emphasized in any way in the patent, so that the opponent could not have expected the amendment. Moreover, the opponent was not given time for a further search. Therefore, the opponent was denied the opportunity to react to the amendment. This forms a substantial procedural violation. 
EPO T 0461/12 - link



Rückzahlung der Beschwerdegebühr - Regel 103 EPÜ
24. Gemäß Regel 103 (1) a) EPÜ wird die Beschwerdegebühr unter anderem dann zurückgezahlt, wenn der Beschwerde stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht.
25. Der Antrag der Beschwerdeführerin [opponent] auf Aufhebung der Entscheidung und Widerruf des Patents hat aus den oben dargelegten Gründen Erfolg, so dass zu prüfen ist, ob auch die zweite Bedingung für die Rückzahlung, nämlich das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels, erfüllt ist.
26. In Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung hatte die Beschwerdegegnerin [proprietor] unter anderem das in der Beschreibung offenbarte Mantel-Merkmal in Anspruch 1 aufgenommen, um seinen Gegenstand vom im Verfahren befindlichen Stand der Technik abzugrenzen. Zu dieser Änderung hat die Beschwerdeführerin vor der mündlichen Verhandlung schriftlich Stellung genommen (Schreiben vom 19. Oktober 2011, Übergang der Seiten 2 und 3).


Unter Hinweis auf Spalte 3, Zeilen 21 bis 25 und Figur 1 des Streitpatents legt sie dar, was laut Streitpatent unter dem Ausdruck "Mantel des Gehäuses" zu verstehen sei. In diesem Zusammenhang untersucht sie die Anordnung des Rohres 4 relativ zum Gehäuse und trägt vor, dass das Rohr 4 im Gehäuse 5 so angeordnet sei, "dass es entlang seines gesamten Umfangs von einem nicht näher bezeichneten, zwischen den Stirnseiten liegenden Mantel des Gehäuses radial beabstandet ist" (Unterstreichung im Original) und dass somit im Sinne des Streitpatents der Mantel nicht das ganze Gehäuse umfasse sondern nur denjenigen, radial außen liegenden Teil, der sich längs des Abgas führenden Rohres erstrecke. Diese Passage des Schreibens enthält keine Bezugnahme auf die Hülse. Im darauf folgenden Absatz argumentiert die Beschwerdeführerin, dass das aufgenommene Merkmal aus dem Stand der Technik bekannt sei. Sie erwähnt zwar in diesem Zusammenhang die Elemente im Stand der Technik, die das entsprechende Gehäuse bilden, unter anderem auch seine Seitenwände. Ein Hinweis, dass Stirnseiten-Merkmal für die Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit von Bedeutung sein könnte, ergibt sich aus diesem Vortrag nicht.
27. In der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung wurde die zusätzliche Aufnahme des Stirnseiten-Merkmals für zulässig erachtet.
28. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Einspruchsabteilung ihr Ermessen bezüglich der Zulassung dieses Antrags falsch ausgeübt hat, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen wurde. Denn die Kammer findet, dass die Einspruchsabteilung dem Einwand der Beschwerdeführerin gegen die Zulassung des entsprechenden Antrags, wonach sie von dieser Änderung überrascht wurde und keine Gelegenheit gehabt habe, dieses nur in Figur 1 gezeigte Merkmal zu recherchieren, nicht ausreichend Beachtung geschenkt und dadurch das rechtliche Gehör (Artikel 113(1) EPÜ) der Beschwerdeführerin beschnitten hat.
29. In ihrer Begründung, die Änderungen in das Verfahren zuzulassen, hat die Einspruchsabteilung zwar knapp dargelegt, warum die Beschwerdeführerin nicht überrascht sein durfte. Diese Begründung hält aber einer Überprüfung nicht stand.
Der Begründung in der Mitte der Seite 5 der Entscheidung ist nicht zu entnehmen, auf Grundlage welcher Argumente der Beschwerdeführerin die Einspruchsabteilung zu der Auffassung gelangte, dass die Beschwerdeführerin das Stirnseiten-Merkmal selbst in die Diskussion eingeführt hätte. Die Kammer kann jedenfalls allein der Erwähnung der Stirnseiten des Gehäuses im Zusammenhang mit der Auslegung des zuvor eingefügten Mantel-Merkmals oder auf Grund seiner Hervorhebung durch Unterstreichung in dem relevanten Abschnitt des Schreibens der Beschwerdeführerin (siehe oben Punkt 26) nicht entnehmen, dass dem Stirnseiten-Merkmal nach Auffassung der Beschwerdeführerin eine besondere Bedeutung zukommen sollte.
Darüber hinaus wurde, wie aus dem Vorhergehenden folgt, das Merkmal und seine mögliche Bedeutung für den im Patent offenbarten Gegenstand in keiner Weise in der Beschreibung oder den Ansprüchen erwähnt. Auch im Zusammenhang mit dem Mantel-Merkmal, dessen vermeintliche Wirkungen und Vorteile ebenfalls nicht beschrieben wurden, ist deshalb nicht erkennbar, dass dem Stirnseiten-Merkmal eine besondere Bedeutung zukommen könnte. Die entsprechende Änderung in der mündlichen Verhandlung war für die Beschwerdeführerin darum nicht vorhersehbar.
30. Zeit für weitere Recherchen, die implizit in ihrer Kritik an der Zulassung der Änderung in der mündlichen Verhandlung eingefordert wurde, wurde ihr von der Einspruchsabteilung nicht gewährt. Der Beschwerdeführerin wurde damit verwehrt, auf die Änderungen mit angemessenen Mitteln reagieren zu können. Dies stellt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar (Artikel 113 (1) EPÜ), worin die Kammer einen wesentlichen Verfahrensmangel erkennt, der die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigt.

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