26 November 2019

T 0011/15 - Admissibility CGK docs before OD

Key points

  • The OD had decided to not admit late-filed documents E8-E12. The Board approves of this, or at least does not overrule this decision of the OD.
  • The Board: "Das Argument der Einsprechenden, wonach laut T 106/97 und T 1076/00 Belege für das allgemeine Fachwissen nicht verspätet seien, sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da im vorliegenden Fall das Fachwissen nicht in Frage gestellt worden sei. Diese Dokumente seien also nicht in Reaktion auf einen Einwand der Einspruchsabteilung eingereicht worden " 
  • The Board, in particular, considers whether or not E8-E12 were filed (with the Rule 116 submissions) in response to some specific issue raised by the OD in the summons. The Board find that the documents were not actually a response to such an issue raised by the OD and were hence late-filed. 
  • In the following, the Board appears to indicate that the opponent can not file a common general knowledge document with by the Rule 116 date to make some point that should have been made with the Notice of Opposition.
  • " Die Kammer stimmt mit der Auffassung der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung überein, dass im vorliegenden Fall das Fachwissen, wonach die Messgröße pH-Wert einen Bezug zu einem Wasser-Analysegerät habe und auf ein Wasser-Analysegerät hinweise, von der Einspruchsabteilung im Ladungsbescheid nicht bestritten wurde. Die Dokumente E8 - E12 wurden von der Einsprechenden eingereicht, um zu belegen, dass Wasser-Analysegeräte üblicherweise u.a. pH-, Temperatur- und Trübungssensoren umfassten (vgl Schreiben der Einsprechenden vom 28. Februar 2014, Seite 7, 2. und 3. Absatz). Die Dokumente E8 - E12 bestätigen somit bezüglich des pH-Wertes lediglich die vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung im Ladungsbescheid, dass ein pH-Wert auf ein Wasser-Analysegerät hinweist. Die zusätzliche Aussage, dass Wasser-Analysegeräte üblicherweise u.a. auch Temperatur- und Trübungssensoren umfassen, wurde erstmals im Schreiben der Einsprechenden vom 28. Februar 2014 vorgebracht und konnte daher von der Einspruchsabteilung im Ladungsbescheid nicht in Frage gestellt werden. Diese zusätzliche Aussage mit den entsprechenden Dokumenten hätte die Einsprechende daher schon mit Einspruchsschrift einreichen können und müssen, denn das Dokument E2 bezieht sich nicht nur auf pH-Sensoren, sondern auch auf andere Sensoren und vor allem auf Temperatursensoren." 
  • "Die Dokumente E8 - E12 und E14 wurden somit verspätet eingereicht und die Einspruchsabteilung hatte ein Ermessen nach Artikel 114 (2) EPÜ, diese Dokumente in das Einspruchsverfahren nicht zuzulassen." 




T 0011/15 -  link

Entscheidungsgründe
1. Zulassung der Dokumente E8 - E12 und E14, sowie E15 und E16 (Artikel 12 (4) VOBK)
1.1 Die Einspruchsabteilung hat die Dokumente E8 - E12 und E14 nicht in das Verfahren zugelassen, weil sie verspätet eingereicht worden seien und die darin offenbarten Lehren nicht prima facie für den Gegenstand des Streitpatents relevant seien. Die Dokumente E8 - E12 beschrieben allgemein Wasseranalysegeräte, bzw. den Aufbau eines pH-Sensors. Das Dokument E14 beschreibe einen Durchflussmesser, der einen Medienwechsel erkenne. Das Argument der Einsprechenden, wonach laut T 106/97 und T 1076/00 Belege für das allgemeine Fachwissen nicht verspätet seien, sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da im vorliegenden Fall das Fachwissen nicht in Frage gestellt worden sei. Diese Dokumente seien also nicht in Reaktion auf einen Einwand der Einspruchsabteilung eingereicht worden (vgl. Entscheidungsgründe, Punkt 10).


1.2 Die Beschwerdeführerin war der Meinung, dass die Dokumente nicht verspätet eingereicht worden seien, da sie in Reaktion auf die in der Ladung geäußerte vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung eingereicht worden seien (vgl. Beschwerdebegründung, 2.1.1 und 2.1.2).
Die Beschwerdeführerin beantragte weiter, die Dokumente E15 und E16 zuzulassen, die erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurden. Diese Dokumente sollten belegen, dass die Aussage der Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung und in der angefochtenen Entscheidung nicht korrekt sei, wonach ein qualitativer Vergleich, bei dem sich lediglich ergebe, dass ein Parameterwert größer sei als ein Referenzwert, keine Ermittlung einer quantitativen Abweichung erfordere (vgl. Beschwerdebegründung, 3.2.2, zweiter Absatz). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte die Beschwerdeführerin, dass sie diese Dokumente nicht im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren habe einreichen können, weil erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung die Auffassung vertreten worden sei, dass ein Schwellwertvergleich keine Erfassung einer Differenz zwischen den verglichenen Werten einschließe. Die Dokumente E15 und E16 seien ein Beleg für das Verständnis des Fachmanns, dass ein Schwellwertvergleich eine Differenzbildung beinhalte.
1.3 Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Dokumente E8 - E12 und E14 - E16 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen (vgl. Beschwerdeerwiderung, Randziffern 2 und 3). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte die Beschwerdegegnerin, dass die Dokumente E15 und E16 nicht im Zusammenhang mit einem Wasseranalyse-Geräts stünden und in jedem Fall bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten eingereicht werden können.
1.4 Artikel 12 (4) VOBK gibt den Beschwerdekammern die Befugnis, Tatsachen, Beweismittel oder Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren nicht zugelassen worden sind. Die Kammer kann nicht feststellen, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen nicht nach Maßgabe der richtigen Kriterien oder in unangemessener Weise ausgeübt hat:
1.4.1 In der Einspruchsschrift hat die Beschwerdeführerin aus geführt, dass Dokument E2 einen Messumformer für die Prozessindustrie beschreibe, der einen Sensor zur Überwachung von Prozessvariablen, insbesondere auch des pH-Werts, umfasse und es sich somit um ein Wasser-Analysegerät handele (vgl. Abschnitt 4.3, erster Absatz).
Im Ladungsbescheid vom 22. November 2013 hat die Einspruchsabteilung bestätigt, dass das Dokument E2 auf Seite 1, Zeile 20 eine Messgröße pH-Wert erwähne, die einen Bezug zu einem Wasser-Analysegerät habe. Die weitere Beschreibung der Erfindung in E2 scheine aber keinen Zusammenhang mit einem Wasser-Analysegerät zu offenbaren (vgl. Abschnitt 8.4.1).
Die Kammer stimmt mit der Auffassung der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung überein, dass im vorliegenden Fall das Fachwissen, wonach die Messgröße pH-Wert einen Bezug zu einem Wasser-Analysegerät habe und auf ein Wasser-Analysegerät hinweise, von der Einspruchsabteilung im Ladungsbescheid nicht bestritten wurde. Die Dokumente E8 - E12 wurden von der Einsprechenden eingereicht, um zu belegen, dass Wasser-Analysegeräte üblicherweise u.a. pH-, Temperatur- und Trübungssensoren umfassten (vgl Schreiben der Einsprechenden vom 28. Februar 2014, Seite 7, 2. und 3. Absatz). Die Dokumente E8 - E12 bestätigen somit bezüglich des pH-Wertes lediglich die vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung im Ladungsbescheid, dass ein pH-Wert auf ein Wasser-Analysegerät hinweist. Die zusätzliche Aussage, dass Wasser-Analysegeräte üblicherweise u.a. auch Temperatur- und Trübungssensoren umfassen, wurde erstmals im Schreiben der Einsprechenden vom 28. Februar 2014 vorgebracht und konnte daher von der Einspruchsabteilung im Ladungsbescheid nicht in Frage gestellt werden. Diese zusätzliche Aussage mit den entsprechenden Dokumenten hätte die Einsprechende daher schon mit Einspruchsschrift einreichen können und müssen, denn das Dokument E2 bezieht sich nicht nur auf pH-Sensoren, sondern auch auf andere Sensoren und vor allem auf Temperatursensoren.
1.4.2 Die Patentinhaberin hat in ihrer Eingabe vom 2. Mai 2013, Abschnitt 73 bereits in Frage gestellt, dass der Fachmann die Dokumente E3 und E4 kombinieren würde. In ihrem Ladungsbescheid vom 22. November 2013 hat die Einspruchsabteilung keine andere Auffassung vertreten.
Das Dokument E14 wurde von der Einsprechenden eingereicht, um technische Berührungspunkte zwischen magnetisch-induktiven Durchflussmessern und der Wasser-Analysemesstechnik zu illustrieren und als Beleg für das allgemeine Fachwissen zu dienen (vgl. Schreiben vom 28. Februar 2014, Abschnitt III, letzter Absatz). Mit diesem allgemeinen Fachwissen würde der Fachmann ausgehend von Dokument E3 eine Anwendbarkeit der des Dokuments E4 entnehmbaren Lehre zur Diagnose eines pH-Messgeräts in Erwägung ziehen (vgl. Schreiben vom 28. Februar 2014, Abschnitt IV.7)
Die Kammer ist der Ansicht, dass die Einsprechende das Dokument E14 bereits in Reaktion auf die Eingabe der Patentinhaberin hätte einreichen können und nicht erst nach dem Ladungsbescheid der Einspruchsabteilung, denn die Einspruchsabteilung hat in ihrem Landungsbescheid diesbezüglich keine andere Auffassung vertreten.
1.4.3 Die Dokumente E8 - E12 und E14 wurden somit verspätet eingereicht und die Einspruchsabteilung hatte ein Ermessen nach Artikel 114 (2) EPÜ, diese Dokumente in das Einspruchsverfahren nicht zuzulassen.
1.4.4 Bei der Ausübung ihres Ermessens hat die Einspruchsabteilung berücksichtigt, dass die in den Dokumenten E8 - E12 und E14 offenbarten Lehren nach ihrer Auffassung prima facie für den Gegenstand des Streitpatents nicht relevant waren (vgl. Entscheidungsgründe, Punkt 10).
1.4.5 Im Rahmen der von der Rechtsprechung aufgestellten eingeschränkten Kriterien zur Überprüfung von Ermessenscheidungen der ersten Instanz (siehe Entscheidung G 7/93, ABl. EPA 1994, 775 und weitere zitierte Entscheidungen in Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 8. Auflage 2016, IV.E.3.6) gibt es daher für die Kammer keine Anhaltspunkte, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Es gibt somit keinen Grund für die Kammer die Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben.
Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen richtig ausgeübt hat. Die Kammer sieht auch keinen Grund, sich beim Ausüben ihres eigenen Ermessens gemäß Artikel 12 (4) VOBK über die fehlerfreie Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung hinwegzusetzen und die Dokumente E8 - E12 und E14 im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen. Die Kammer teilt zudem die Auffassung der Einspruchsabteilung, dass die Dokumente E8 - E12 und E14 prima facie für den Gegenstand des Streitpatents nicht relevant sind.
Aus den oben genannten Gründen lässt die Kammer die Dokumente E8 - E12 und E14 in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 12 (4) VOBK nicht in das Beschwerdeverfahren zu.
1.5 Die Dokumente E15 und E16 wurden erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht. Da diese Dokumente in Reaktion auf eine Auffassung eingereicht wurden, die erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgebracht wurde, hatte die Beschwerdeführerin so gut wie keine Gelegenheit, diese Dokumente noch im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren einzureichen. Die Kammer berücksichtigt daher die Dokumente E15 und E16 im Beschwerdeverfahren gemäß Artikel 12 (4) VOBK.
2. Zulassung der Dokumente E17 und E18 (Artikel 13 (1) VOBK)
2.1 Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 29. Mai 2019 erstmals die Dokumente E17 und E18 eingereicht. Diese Dokumente belegten ihrer Ansicht nach das allgemeine Fachwissen, dass der in Dokument E1 verwendete pH-Sensor auch für die Bestimmung des pH-Wertes von Wasser eingesetzt werden könne (vgl. Schreiben vom 29. Mai 2019, Abschnitt II.3). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte die Beschwerdeführerin, dass diese Dokumente in Reaktion auf die in der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK dargelegte strittige Auslegung der Dokumente E1 und E2 seitens der Kammer eingereicht worden seien, wonach der dort offenbarte pH-Sensor nicht als Wasseranalyse-Gerät angesehen werde. Daher seien diese Dokumente in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
2.2 Die Beschwerdegegnerin vertrat die Auffassung, dass die Frage, ob ein pH-Sensor als Wasseranalyse-Gerät angesehen werden könne, bereits im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren eine Rolle gespielt habe und die Beschwerdeführerin diese Dokumente daher bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätte einreichen können. Daher seien diese Dokumente nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
2.3 Die Kammer ist der Meinung, dass die Beschwerdeführerin die Dokumente E17 und E18 bereits im erstinstanzlichen Verfahren und zumindest mit ihrer Beschwerdebegründung oder in Reaktion auf die Beschwerdeerwiderung hätte einreichen können, da diese Dokumente kein anderes relevantes Fachwissen belegen sollen als das bereits im erstinstanzlichen Verfahren diskutierte. Nach Ansicht der Kammer sollte ein Beteiligter in einem inter partes Verfahren auf das Vorbringen der gegnerischen Beteiligten unmittelbar reagieren und nicht die vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung oder der Kammer abwarten. Im vorliegenden Fall enthielt die Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK zu der Frage, ob ein pH-Sensor als Wasseranalyse-Gerät angesehen werden kann, keine Aspekte, die nicht schon im erstinstanzlichen Verfahren oder von den Beteiligten im Beschwerdeverfahren vorgebracht worden sind. Damit enthielt diese Mitteilung zu dieser Frage nichts, was das Einreichen der Dokumente E17 und E18 als eine Reaktion auf eine neue Fragestellung rechtfertigen könnte. Deshalb lässt die Kammer im Hinblick auf den Stand des Beschwerdeverfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie die erst nach der Mitteilung der Kammer eingereichten Dokumente E17 und E18 in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13 (1) VOBK nicht in das Beschwerdeverfahren zu.

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