13 November 2019

T 2086/16 - Disregarding applicant's arguments

Key points

  • In this examination appeal, the ED had refused the application because claim 1 uses the term "Kamillenextrakts" which would be unclear. The Board finds that the term is clear. The Board then turns to the refund of the appeal fee.
  • The applicant had submitted dictionary definitions. "Dies stellt die zentrale Argumentation der Beschwerdeführerin dar, die die Kammer auch als überzeugend ansah."
  • The Examining Division however had not engaged with these arguments. " Mit diesen Argumenten hat sich die Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung in keinster Weise auseinandergesetzt". This is a substantial procedural violation and the appeal fee is refunded.
  • The Board recalls that "Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist dem [Article 113(1) EPC]  nur Rechnung getragen, wenn eingegangene Äußerungen auch zur Kenntnis genommen und berücksichtigt werden. Daher müssen Entscheidungen des Amtes eine Auseinandersetzung mit den grundlegenden Argumenten der Parteien erkennen lassen"




EPO T 2086/16 -  link


1.6 In Anbetracht der obigen Ausführungen kommt die Kammer daher zu dem Ergebnis, dass das anspruchsgemäße Merkmal des Kamillenextrakts klar ist und stellt dementsprechend fest, dass die Ansprüche 1 bis 10 den Erfordernissen des Artikel 84 EPÜ genügen.

2. Zurückverweisung

Da die Prüfungsabteilung sich nur mit der Frage der Klarheit der Ansprüche befasst hat, nicht aber mit den übrigen Erfordernissen des EPÜ inklusive der erfinderischen Tätigkeit, verweist die Kammer in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 111 (1) EPÜ die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurück.

3. Rückzahlung der Beschwerdegebühr

3.1 Gemäß Regel 103 (1) a) EPÜ wird die Beschwerdegebühr zurückerstattet, wenn die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht. Ein wesentlicher Verfahrensfehler liegt in der Versagung rechtlichen Gehörs. Artikel 113 (1) EPÜ bestimmt insoweit, dass Entscheidungen des Amtes nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist dem nur Rechnung getragen, wenn eingegangene Äußerungen auch zur Kenntnis genommen und berücksichtigt werden. Daher müssen Entscheidungen des Amtes eine Auseinandersetzung mit den grundlegenden Argumenten der Parteien erkennen lassen (J 0007/82, T 0740/93, T 0177/98, T 0763/04, T 0740/94, T 2352/13).




3.2 Die Prüfungsabteilung hat ihren Einwand der mangelnden Klarheit erstmals in ihrem Erstbescheid vom 23. Januar 2015 erhoben. Diesen Einwand erhielt sie im Wesentlichen mit denselben Argumenten in ihrem weiteren Bescheid vom 10. November 2015 aufrecht. Die Beschwerdeführerin verwies in ihrer Antwort hierauf auf die allgemeine Definition des Begriffs "Extrakt" nach dem Europäischen Arzneibuch und nach Römpps Chemie Lexikon. Sie argumentierte, dass diese Definition dem auf dem Gebiet der Kosmetik tätigen Fachmann geläufig sei. Ferner sei beiden Definitionen gemein, dass sie weder das Extraktionsmittel noch die Art und Konzentration etwaiger Inhaltsstoffe angäben. Dies stellt die zentrale Argumentation der Beschwerdeführerin dar, die die Kammer auch als überzeugend ansah.

3.3 Mit diesen Argumenten hat sich die Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung in keinster Weise auseinandergesetzt. In Abschnitt 5 des 1. Teils "Sachverhalt und Anträge" der angefochtenen Entscheidung führte die Prüfungsabteilung aus, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Antwort auf den Bescheid vom 10. November 2015 lediglich ihre bereits zuvor vorgetragenen Argumente wiederholt habe. Ferner gab die Prüfungsabteilung in Abschnitt 8 und 9 ihrer Entscheidung an, dass sie der Beschwerdeführerin wiederholt ihre Sicht bezüglich Artikel 84 EPÜ im Zusammenhang mit dem Begriff "Kamillenextrakt" mitgeteilt habe, diese jedoch keine substantiellen Bemühungen unternommen habe, einen Vorschlag zu unterbreiten, welcher zur Klarstellung dieses Merkmals diene. Dies zeigt, dass die Prüfungsabteilung die weiteren Argumente der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis genommen hat.

3.4 Aus den vorstehenden Gründen kommt die Kammer deshalb zu dem Schluss, dass die Prüfungsabteilung das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Bescheidserwiderung vom 5. Dezember 2015 zur Klarheit des Begriffs "Kamillenextrakt" nicht zur Kenntnis genommen hat, geschweige denn sich damit auseinandergesetzt hat. Damit hat sie der Beschwerdeführerin das rechtliche Gehör versagt, so dass im vorliegenden Fall ein wesentlicher Verfahrensmangel zu bejahen ist. Entsprechend ordnet die Kammer der Billigkeit wegen die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß Regel 103 (1) a) an.

Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.
3. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.

No comments:

Post a Comment

Do not use hyperlinks in comment text or user name. Comments are welcome, even though they are strictly moderated (no politics). Moderation can take some time.