18 September 2015

T 0454/12 - Unclear feature and novelty

EPO T0454/12

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Key points

  • The patentee submitted the argument that feature (h) was so broad, that it had to be interpreted narrower in order to make technical sense. The Board does not accept this argument. 
  • The Board:
    " Allein die Breite eines einzelnen beanspruchten Merkmals ist kein Anlass, nach einer engeren Auslegung dafür zu suchen, weil gemäß Artikel 84 EPÜ 1973 erster Satz, die Patentansprüche den Gegenstand angeben, für den Schutz begehrt wird. Sofern ein engerer Schutzbereich beabsichtig wird, muss sich dieser nach Artikel 84 EPÜ 1973 erster Satz im Anspruchswortlaut wiederfinden. "



Sachverhalt und Anträge
[...]
VI. Anspruch 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag) lautet wie folgt, wobei die Merkmalsgliederung a bis h von der Kammer hinzugefügt worden ist:
"Sicherheitselement (40) zur Absicherung von Wertgegenständen,


a) mit einer zumindest bereichsweise vorliegenden ersten optisch aktiven Schicht (42)
b) aus cholesterischem flüssigkristallinem Material und
c) einer zumindest bereichsweise vorliegenden zweiten optisch aktiven Schicht (44),
d) wobei die erste und die zweite Schicht (42, 44) in einem Überlappungsbereich (48) übereinander angeordnet sind,
dadurch gekennzeichnet, dass
e) die erste optisch aktive Schicht (42) Licht in einem ersten Wellenlängenbereich mit einer ersten zirkularen Polarisationsrichtung selektiv reflektiert,
f) die zweite optisch aktive Schicht (44) entweder selbst oder im Überlappungsbereich (48) in Zusammenwirkung mit der ersten optisch aktiven Schicht (42) Licht in einem zweiten Wellenlängen­bereich mit einer zweiten zirkularen Polarisationsrichtung selektiv reflektiert,
g) dass die erste optisch aktive Schicht (42) in eine erste Betrachtungsrichtung nur Licht aus dem nicht sichtbaren Teil des Spektrums reflektiert und in eine zweite Betrachtungsrichtung sichtbares Licht einer ersten Farbe reflektiert und
h) dass die erste (42) und/oder die zweite (44) optisch aktive Schicht in Form von Zeichen und/oder Mustern vorliegt."  [...]

Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
1.1 Auslegung des Merkmals h des Anspruchs 1
Es wurde seitens der Beschwerdeführerin II (Patentinhaberin) argumentiert, dass das Merkmal h des Anspruchs 1 so breit gefasst sei, dass es "keinerlei Bedeutung" habe, weil jedes Sicherheits­merkmal darunter falle und sein Umriss als Zeichen oder Muster bewertet werden könne. (Note: featurel h:  ("dass die erste (42) und/oder die zweite (44) optisch aktive Schicht in Form von Zeichen und/oder Mustern vorliegt" ((characters and / or patterns)))
Daraus wurde die Notwendigkeit einer engeren, technisch sinnvollen Auslegung auf Basis der Beschreibung abgeleitet, nämlich, dass das Merkmal h so zu verstehen sei, dass die Zeichen und/oder Muster innerhalb des Umrisses des Sicherheitselements gebildet sein müssen, dass also der Umriss der gesamten Fläche des Sicherheitselements nicht als Zeichen oder Muster bildend angesehen werden dürfe.
Die Kammer kann diesem Argument aus folgenden Gründen nicht folgen. Das Merkmal h ergibt einen technischen Sinn, nämlich, dass die erste und/oder die zweite optisch aktive Schicht in Form von Zeichen und/oder Mustern vorliegen müsse. Es hat somit eine technische Bedeutung. Deshalb hat der Fachmann keinen zwingenden Anlass, nach einer anderen Auslegung zu suchen, wie es beispielsweise bei einem Merkmal, welches keinen technischen Sinn ergäbe, der Fall wäre. Allein die Breite eines einzelnen beanspruchten Merkmals ist kein Anlass, nach einer engeren Auslegung dafür zu suchen, weil gemäß Artikel 84 EPÜ 1973 erster Satz, die Patentansprüche den Gegenstand angeben, für den Schutz begehrt wird. Sofern ein engerer Schutzbereich beabsichtig wird, muss sich dieser nach Artikel 84 EPÜ 1973 erster Satz im Anspruchswortlaut wiederfinden.
Das ist im vorliegenden Merkmal h nicht der Fall, weil sein Wortlaut weder eine Einschränkung enthält, dass die Zeichen und/oder Muster zwingend innerhalb der Form des Sicherheitselements vorliegen müssen, also dass der Umriss des Sicherheitselements außer Acht zu lassen sei.
1.2 Fehlende Neuheit (Artikel 54 EPÜ 1973)
1.2.1 Das Beispiel 3.15 (Spalte 21, Zeilen 10 bis 17) der Druckschrift E1 offenbart das Herstellen eines Sicherheitsmerkmals durch übereinander Anordnen zweier flüssig­kristalliner Materialen mit unterschiedlichen Farben und Orientierungen, deren helische Strukturen somit zwangsläufig entgegengesetzte zirkulare Polarisations­richtungen bewirken (vgl. Merkmale a bis f des Anspruchs 1). Für die hierbei zu verwendenden Materialien wird auf Beispiel 2.9 (Spalte 18, Zeilen 21 bis 38) verwiesen, welches wiederum auf Beispiele 2.1 bis 2.6 (Spalte 16, Zeile 38 bis Spalte 17, Zeile 38) verweist, wobei laut Beispielen 2.3 und 2.5 das flüssigkristalline Material in eine erste Betrachtungs­richtung nur Licht aus dem nicht sichtbaren Teil des Spektrums reflektiert (IR in Beispiel 2.3 und UV in Beispiel 2.5) und in eine zweite Betrachtungs­richtung sichtbares Licht einer ersten Farbe reflektiert (vgl. Merkmal g des erteilten Anspruchs 1). Für das Herstellungs­verfahren wird auf Beispiel 3.9 (Spalte 20, Zeilen 19 bis 29) verwiesen, welches wiederum auf Beispiel 3.8 (Spalte 20, Zeilen 3 bis 19) verweist. Beispiel 3.8 verweist auf Druckschrift E5B und auf das darin beschriebene Transferverfahren mittels Heißkleber. In der Druckschrift E5B wird das Transferprinzip in Spalte 7, Zeile 49 bis Spalte 8, Zeile 52 dahingehend beschrieben, dass "die Kontur 113 des transferierten Sicherheitselements stets der Kontur des Prägestempels entspricht" (Spalte 8, Zeilen 43 bis 50). Dieser beliebige äußere Umriss kann in Form von Zeichen und/oder Mustern vorliegen (Spalte 7, Zeilen 49 bis 56; vgl. Merkmal h).
1.2.2 Die in den Beispielen 3.8 und 3.9 erwähnte Ganzflächen­beschichtung ("whole area coating") bezieht sich auf die Herstellung des Transferbands, welches vollflächig beschichtet wird, von dem aber nachfolgend mit dem Prägestempel nur der dem Prägestempel entsprechende Bereich so zu sagen "bereichsweise" transferiert wird, so dass letztendlich die erste und die zweite optisch aktive Schicht in Form von Zeichen ("ein Firmenlogo, ein alpha­numerisches Zeichen, eine Zifferung, Guillochen­muster usw.", Druckschrift E5B, Spalte 7, Zeilen 51 bis 55) und/oder Mustern vorliegen.
1.2.3 Es wurde seitens der Beschwerdeführerin II wie folgt vorgetragen: "Bei der oben beschriebenen Übertragung der Schichtenfolge auf das Substrat nehmen die vollflächig vorliegenden Flüssigkristallschichten zwangsläufig die gesamte Fläche des übertragenen Transferelements ein. Sie weisen daher kein Muster nach Anspruchsmerkmal (h) innerhalb des Transferelements auf, sondern liegen vollflächig vor". Die Kammer sieht aber das Merkmal h als vorweggenommen an, weil bei der Druckschrift E5B der übertragene Bereich der Schichten in Form von "ein[em] Firmenlogo, ein[em] alpha­numerische[n] Zeichen, eine[r] Zifferung, [einem] Guillochen­muster usw." [] vorliegt und wie bereits erläutert (siehe Punkt 1.11.1 oben) dem Anspruch 1 nicht die Anforderung zu entnehmen ist, dass die Zeichen und/oder Muster nur innerhalb des Sicherheitselements vorzuliegen haben.
1.2.4 Somit ist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu (Artikel 54 EPÜ 1973).

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