28 April 2020

T 1609/15 - We tried to settle with the opponent

Key points
  • Patentee disputes the alleged public prior use for the first time during the oral proceedings before the Board. The Board does not admit the argument.
  • The Board does not accept the submitted justification for the late filing of the arguments, that patentee had tried to settle with the opponent until the oral proceedings.
  • The Board: “das entsprechende Verhalten bzw. Strategie der Beschwerdegegnerin der gebotenen Verfahrensökonomie widerspricht”.
  • I wonder if denying factual assertions of the other party counts as a 'fact' under T1914/12.
  • As a separate procedural issue: both opponents appealed, the patentee did not appeal. Opponent 2 withdraws the appeal. The Board states that therefore Opponent 2 is therefore ‘am Beschwerdeverfahren nicht mehr beteiligt’. I wonder if the opponent isn't party as of right under Article 107, second sentence ("Any other parties to the proceedings shall be parties to the appeal proceedings as of right."). 




EPO T 1609/15 - link


Sachverhalt und Anträge
I. Die Einsprechende 2 hat gegen die Entscheidung, mit der ihr Einspruch gegen das europäische Patent Nr. EP 2 114 815 zurückgewiesen wurde, form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Eine gleichfalls von der Einsprechenden 1 (Krones AG) wirksam eingelegte Beschwerde wurde von dieser mit Schriftsatz vom 28. November 2019 zurückgenommen, mit der Folge, dass diese Einsprechende damit am Beschwerdeverfahren nicht mehr beteiligt ist.

Entscheidungsgründe

2. Zulassung der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Änderungen des Vorbringens der Beschwerdegegnerin

In der mündlichen Verhandlung argumentierte die Beschwerdegegnerin [patentee], dass die offenkundige Vorbenutzung "Altmühltaler Mineralbrunnen" insgesamt zu bestreiten sei, weil diese auf widersprüchlichen Aussagen von unglaubwürdigen Zeugen basiere und dass nicht bewiesen worden sei, dass die Anlage der Vorbenutzung "Altmühltaler Mineralbrunnen" im Betrieb das beanspruchte Verfahren ausführte.


Ferner bestreitet die Beschwerdegegnerin, dass die Anlage der Vorbenutzung "Altmühltaler Mineralbrunnen" eine streitpatentgemäße Getränkeabfüllkammer aufweise. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass eine Einhausung bzw. Abfüllkammer in der obigen Anlage vorhanden sei, stütze sich auf Fotos, die die Anlage falsch darstellten.

Die Beschwerdegegnerin argumentiert ferner, dass die Abfüllkammer den Kern der Erfindung darstelle, wie es der Fachmann aus der Patentschrift, insbesondere aus der Figur 1 und aus den Absätzen [0019] und [0022] entnehme.

Wie von der Beschwerdegegnerin ausdrücklich eingeräumt, wurden die obigen Einwände zum ersten Mal während der mündlichen Verhandlung vorgebracht.

Die Zulassung ins Verfahren der obigen Einwände steht daher im Ermessen der Kammer gemäß Artikel 13 VOBK.

Die Kammer sieht keine besonderen Gründe, warum die obigen Einwände erst in der mündlichen Verhandlung erhoben wurden.

Das Argument der Beschwerdegegnerin, dass sie bis zur mündlichen Verhandlung der Auffassung gewesen wäre, eine Einigung mit der Beschwerdeführerin (Einsprechende 2) erzielen zu können, ist nicht zielführend, da das entsprechende Verhalten bzw. Strategie der Beschwerdegegnerin der gebotenen Verfahrensökonomie widerspricht (siehe Artikel 12 (2) und 13 (1) VOBK).

Es ist ferner zu beachten, dass, sollten die Einwände der Beschwerdegegnerin entgegen den Vorgaben der Artikel 13 (3) und 15 (6) VOBK ins Verfahren zugelassen werden, der Beschwerdesache die ansonsten eigentlich bestehende Entscheidungsreife wieder entzogen wäre und die mündliche Verhandlung stattdessen vertagt werden müsste, um das Thema der bis zur Änderung des Vorbringens der Beschwerdegegnerin unstreitigen offenkundigen Vorbenutzung bzw. der Zeugeneinvernahme zu behandeln.

Die Kammer entscheidet daher unter Berücksichtigung des Verfahrensstandes in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13 (1) und (3) VOBK, das neue Vorbringen der Beschwerdegegnerin ins Verfahren nicht zuzulassen.

[...]

Das unterscheidende Merkmal des Gegenstandes des Anspruchs 1 wird daher als das Ergebnis einer Auswahl zwischen zwei gleichwertigen und naheliegenden Alternativen angesehen (siehe auch die Rechtsprechung der Beschwerdekammern, supra, I.D.9.19.10).

3.5 Die Beschwerdegegnerin hat bezüglich dieser Argumentationslinie zu keinem Zeitpunkt im Beschwerdeverfahren Gegenargumente vorgebracht, und zwar weder im schriftlichen Verfahren noch in der mündlichen Verhandlung (siehe auch Punkt 11.14, erster Absatz, der Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK). Die Kammer sieht daher nach nochmaliger Würdigung des Sach- und Rechtslage keinen Grund, von ihrer vorläufigen Meinung abzuweichen.

3.6 Es sei darauf hingewiesen, dass die erst in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Argumentationslinie bezüglich der erfinderischen Tätigkeit, die auf das Merkmal der Getränkeabfüllkammer als Kern der Erfindung abstellt, nicht berücksichtigt werden muss, weil die entsprechenden Argumente in Bezug auf das Vorhandensein einer Getränkeabfüllkammer in der Vorbenutzung "Altmühltaler Mineralbrunnen" ins Verfahren nicht zugelassen worden sind (siehe Punkt 2 oben).

3.7 Die Kammer ist daher der Meinung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne vom Artikel 56 EPÜ beruht und die Beschwerdeführerin in überzeugender Weise die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung betreffend den Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ dargetan hat.

4. Da keine weiteren zulässigen Anträge seitens der Beschwerdegegnerin vorliegen, kommt die Kammer zum Ergebnis, dass das Streitpatent insgesamt zu widerrufen ist.

Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.


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