Key points
- The patentee does not adapt the description to the amended claims and invokes T1989/18.
- The Board follows established case law that the description must be adapted to the amended claims.
- The Board, in translation: "The requirement that the claims be supported by the description basically means that subject-matter may be claimed in the claims which has a basis in the description. This is to ensure that the claims contain only what is deemed to be disclosed, present and accessible to a person skilled in the art after reading the description (see T 409/91 [])"
- This seems similar to Art. 123(2).
- "The requirement that claims must be based on the description thus ensures that the claims reflect the actual contribution to the state of the art in a manner that can be carried out by a person skilled in the art over the whole area they cover (see T 659/93 []".
- This seems similar to Art. 83 EPC.
- "It follows that claims and description, as parts of a single document, must match. Although they may contain different information in accordance with their different function, as follows from the EPC, they must not contradict each other."
- "In the light of these principles, the case law of the Board of Appeal has become established that Article 84 EPC is the basis for adapting the description to amended claims in order to avoid inconsistencies which might render the scope of the claims unclear []. The adaptation of the description must be carried out as required by legal certainty. If contradictions arise due to limitations of the claims, these are to be corrected by adapting the description in such a way that all information is removed that no longer explains the limited subject matter of the patent and that is not necessary or useful for understanding the invention.
3.3 Stützung der Ansprüche durch die Beschreibung (Artikel 84 EPÜ)
3.3.1 Artikel 84, Satz 2, EPÜ fordert nicht nur die Klarheit und Knappheit der Ansprüche, sondern die Ansprüche müssen darüber hinaus durch die Beschreibung gestützt sein. Dieses Erfordernis ist vorliegend nicht erfüllt.
3.3.2 Die Beschreibung des Streitpatents wurde an die geänderten Ansprüche des Hilfsantrags 1 nicht angepasst und bildet daher die Grundlage für die Prüfung auf Stützung der Ansprüche durch die Beschreibung.
In Absatz [0010] des Streitpatents wird folgendes ausgeführt:
"... oder ein amorph-teilkristallines Blend als amorpher Kunststoff verwendet. Anstelle eines rein amorphen Kunststoffes, wie beispielsweise Polycarbonat, kann somit auch ein Mischkunststoff, d. h. ein amorph-teilkristallines Blend, wie beispielsweise ein Polycarbonat-Blend, bei welchem zumindest einer der enthaltenden Kunststoffe ein amorpher Kunststoff ist, verwendet werden." (Unterstreichung kammerseitig hinzugefügt)
Eine ähnliche Offenbarung enthält Absatz [0024] des Streitpatents.
3.3.3 Der geänderte Anspruch 1 betrifft eine eindeutige und klare Differenzierung zwischen der Hauptgruppe der amorphen Kunststoffe einerseits und der Hauptgruppe der teilkristallinen Kunststoffe andererseits. Der Fachmann versteht einen amorphen Kunststoff im Sinne des Anspruchs 1 folglich als Bezug nehmend auf einen reinen amorphen Kunststoff und einen teilkristallinen Kunststoff als Bezug nehmend auf einen reinen teilkristallinen Kunststoff.
Ein Blend, d.h. eine Mischung aus einem amorphen und einem teilkristallinen Kunststoff, ist somit bei fachmännisch verständiger Lesart nicht von einem amorphen Kunststoff im Sinne des Anspruchs 1 umfasst.
Die Beschreibung in Absatz [0010] und [0024] des Streitpatents steht hierzu im Widerspruch, denn es umfasst als Option einen amorphen Kunststoff, der als Blend ausgebildet ist, d.h. als Mischung eines amorphen und eines teilkristallinen Kunststoffs.
Die Patentinhaberin hat nicht bestritten, dass diese in der Beschreibung enthaltene alternative Definition des Begriffs "amorpher Kunststoff" nicht im Einklang mit dem geänderten Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 steht. Jedoch hat die Patentinhaberin es nicht für nötig gehalten, die Beschreibung an den geänderten Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 anzupassen.
3.3.4 Die Patentinhaberin hat sich insoweit jedoch auf die Entscheidung in der Beschwerdesache T 1989/18, insbesondere Punkt 5 der Gründe, berufen. Sie hat geltend gemacht, die Beschreibung könne nicht zur Unklarheit der Ansprüche führen, weil die Ansprüche aus sich heraus klar seien. Insbesondere sei vorliegend der Anspruch 1 im Hinblick auf die Differenzierung zwischen einem amorphen Kunststoff und einem teilkristallinen Kunststoff aus sich heraus klar. Der hierzu im Widerspruch stehende Teil der Beschreibung in Absatz [0010] und [0024] könne demnach nicht zur Unklarheit im Sinne von Artikel 84 EPÜ führen.
3.3.5 Die Kammer kann diesem Argument nicht folgen. Gemäß Artikel 84, Satz 2, EPÜ ist die Stützung der Ansprüche durch die Beschreibung, neben der Deutlichkeit und Knappheit der Ansprüche als solche, ein eigenständiges und grundlegendes Erfordernis der Ansprüche nach Artikel 84 EPÜ (s. T 1024/18, Punkt 3.1.7 der Gründe, siehe auch Teschemacher in Münchner Gemeinschaftskommentar, Artikel 84, Rn. 3 und 7).
Das Erfordernis der Stützung der Ansprüche durch die Beschreibung bedeutet grundsätzlich, dass ein Gegenstand in den Ansprüchen beansprucht werden darf, der eine Grundlage in der Beschreibung hat. Damit soll sichergestellt werden, dass die Ansprüche nur das enthalten, was einem Fachmann nach dem Lesen der Beschreibung als offenbart gilt und gegenwärtig und zugänglich ist (vgl. T 409/91, Punkte 3.3. bis 3.5 der Gründe).
Die Anforderung, dass Ansprüche auf der Beschreibung basieren müssen, gewährleistet somit, dass die Ansprüche den effektiven Beitrag zum Stand der Technik so wiedergeben, dass sie vom Fachmann im gesamten von ihnen abgedeckten Bereich ausgeführt werden können (siehe T 659/93, Punkt 3.4 der Gründe).
Daraus folgt, dass Ansprüche und Beschreibung, als Teile eines einheitlichen Dokuments, übereinstimmen müssen. Sie können zwar entsprechend ihrer unterschiedlichen Funktion, wie sich aus dem EPÜ ergibt, unterschiedliche Informationen enthalten, dürfen einander aber nicht widersprechen. In der Beschreibung ist die in den Patentansprüchen gekennzeichnete Erfindung deutlich und vollständig darzustellen (Artikel 83 in Zusammenhang mit Regel 42 (1)(c) EPÜ). In den Ansprüchen ist der Gegenstand des Schutzbegehrens anzugeben (Artikel 84, Satz 1, in Zusammenhang mit Regel 43 (1) EPÜ). Das Erfordernis der Stützung der Ansprüche durch die Beschreibung gilt - wie alle weiteren Erfordernisse des EPÜ - entsprechend für Ansprüche, die im Einspruchsverfahren geändert worden sind (Artikel 101 (3) (a) EPÜ).
In Anbetracht dieser Grundsätze hat sich die Rechtsprechung der Beschwerdekammer dahingehend gefestigt, dass Artikel 84 EPÜ die Grundlage für die Anpassungen der Beschreibung an geänderte Ansprüche darstellt, um Widersprüche, durch die der Schutzumfang der Ansprüche unklar werden könnte, zu vermeiden (vgl. u.a. T 1808/06, Punkt 2 der Gründe). Die Beschreibungsanpassung muss so erfolgen, wie es die Rechtssicherheit gebietet. Entstehen Widersprüche durch Beschränkungen der Ansprüche, so sind diese durch Anpassung der Beschreibung so zu bereinigen, dass alle Angaben beseitigt werden, die den eingeschränkten Patentgegenstand nicht mehr erläutern und die nicht zum Verständnis der Erfindung erforderlich oder nützlich sind (siehe beispielweise T 113/92, Punkt 2 der Gründe und T 636/97, Punkt 3 der Gründe).
Um das Erfordernis der Stützung durch die Beschreibung zu erfüllen, reicht es nicht aus, dass der beanspruchte Gegenstand der Beschreibung entnommen ist und dort folglich an einer Stelle beschrieben wird. Vielmehr muss die Beschreibung in ihrer Gesamtheit mit den Ansprüchen in Einklang stehen. Die Kammer folgt insofern vollumfänglich der Beschwerdekammer in T 1024/18, siehe insbesondere Punkt 3.1.7 bis 3.1.10 der Gründe (siehe hierzu auch T 2231/09, Punkte 3.1.1 bis 3.1.10 der Gründe).
Diese etablierte Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist auch in den Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt (März 2021) explizit aufgenommen worden. Damit sind - im Einklang mit der konsolidierten Rechtsprechung der Beschwerdekammern - die Fälle geklärt worden, in denen die Beschreibung an die Ansprüche angepasst werden muss, um Widersprüche zwischen Ansprüchen und Beschreibung zu vermeiden (siehe insbesondere Teil F-IV, 4.3 und die entsprechenden Erläuterungen in den Teilen B-XI, 3.7 und 3.8; C-II 3.1 und 3.2; C-III, 2 und C-V, 1.1).
Im vorliegenden Fall hat die Patentinhaberin behauptet, dass die Beschreibung nicht heranzuziehen sei, weil die Ansprüche aus sich heraus klar seien. Diese Auffassung berücksichtigt die zusätzliche Anforderung des Artikels 84 EPÜ nicht, nach der die Ansprüche durch die Beschreibung gestützt werden müssen. In der Tat ist die Frage, ob der Fachmann bei (un-)klaren Ansprüchen die Beschreibung zu Rate ziehen würde, von der Frage der Stützung der Ansprüche durch die Beschreibung zu trennen.
Gemäß geändertem Anspruch 1 stellt es ein zwingendes Merkmal dar, dass die Kennzeichnungsmatte aus einem im Gegensatz zu teilkristallinen Kunststoffen amorphen Kunststoff ausgebildet ist. Jedoch spiegelt sich dies nicht in der Beschreibung wider, weil dort die Option einen amorphen Kunststoff, der als Mischung eines amorphen und eines teilkristallinen Kunststoffs ausgebildet ist, umfasst ist (Absätze [0010] und [0024]). Folglich liegt eine Unstimmigkeit zwischen dem Anspruch 1 und Teilen der Beschreibung vor, weil beim Fachmann der Eindruck erweckt wird, dass die Beschreibung Wege zur Ausführung der Erfindung offenbart, die aber nicht unter den Wortlaut des Anspruchs fallen.
3.3.6 Die Patentinhaberin stützt ihr Argument weiterhin auf die Entscheidung in der Beschwerdesache T 978/16. Dort wurde von der Beschwerdekammer insbesondere die Frage erörtert, ob die Beschreibung unter Artikel 69 (1) EPÜ zur Auslegung der Ansprüche herangezogen werden kann.
Die Kammer kann vor diesem Hintergrund nicht erkennen, wie hierdurch das Argument der Patentinhaberin gestützt werden könnte, wonach die Beschreibung nicht zu Unklarheit der Ansprüche führen kann, wenn die Ansprüche aus sich heraus klar sind. Ganz im Gegenteil hat die Kammer in T 978/16 auf die Entscheidung in der Beschwerdesache T 1808/06 verwiesen, wo dargelegt wurde, dass für die Beseitigung von Unstimmigkeiten in der Beschreibung nur Artikel 84 EPÜ anwendbar ist (siehe T 978/16 unter Punkt 2.4 der Gründe). In diesem Zusammenhang hat die Kammer außerdem den Grundsatz bestätigt, nach dem die Anpassung der Beschreibung an die geänderten Ansprüche sorgfältig durchgeführt werden muss, um Widersprüche zu vermeiden und damit dem Erfordernis des Artikels 84 EPÜ zu genügen (siehe T 978/16, Punkt 3.1 der Gründe).
3.3.7 Im Lichte der obigen Erwägungen ist die Kammer zu dem Schluss gelangt, dass der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 nicht durch die Beschreibung gestützt ist und somit nicht alle Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ erfüllt.
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