8 January 2021

T 0333/20 - Underpayment and appeal fee refund

 Key points

  • Two of the frequent topics of the 2020 case law of the Boards coming together: the SME appeal fee rate and the appeal fee refund rules of amended Rule 103. 
  • Rule 103(3)(c) specifies that the appeal fee is refunded at 50% if the appeal is withdrawn “in all other cases, before the decision is issued”.  In the present decision, the Board concludes that the appeal fee is nevertheless refunded at 100% if the appeal is withdrawn and at the same time is deemed to not have been filed due to the underpayment of the appeal fee (Article 108 EPC and Art. 8 Rfees). 
  • The appellant paid the reduced amount of the appeal fee for SME's without being entitled to the reduction and withdraws the appeal after the filing of the Statement of ground, also requesting the refund.
EPO T 0333/20 - 

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerdeführerin hat ihre Beschwerde am 26. Mai 2020 rechtswirksam zurückgenommen und gleichzeitig einen Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr gestellt.

2. Die Rücknahme der Beschwerde beendet das Beschwerdeverfahren in der Sache selbst, jedoch nicht im Hinblick auf Anträge, deren Gegenstand sich durch die Rücknahme der Beschwerde nicht erledigt hat.

Von der Verfahrensbeendigung ist deshalb der von der Beschwerdeführerin zusammen mit der Beschwerderücknahme gestellte Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht erfasst (siehe auch z.B. die Entscheidungen T 41/82, ABl. EPA 1982, 256; T 89/84, ABl. EPA 1984, 562; J 12/86, ABl. EPA 1988, 83; T 773/91 und J 37/97).


3. Im vorliegenden Fall wurde am 6. Februar 2020 die Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr in Höhe von EUR 1 880 entrichtet.

4. Zu diesem Zeitpunkt galt der am 1. April 2018 in Kraft getretene Beschluss des Verwaltungsrats vom 13. Dezember 2017 zur Änderung der Artikel 2 und 14 der Gebührenordnung (ABl. EPA 2018, A4, Artikel 2 dieses Beschlusses). Gemäß Artikel 1 (4) dieses Beschlusses wurde der Artikel 2 (1) Nr. 11 GebO dahingehend geändert, dass die Beschwerdegebühr in Höhe von EUR 1 880 nur bei einer Beschwerde, die von einer natürlichen Person oder einer in Regel 6 (4) und (5) EPÜ genannten Einheit eingelegt wird, ausreichend ist und dass ansonsten eine Beschwerdegebühr in Höhe von EUR 2 255 zu entrichten ist. Dieser Beschluss ist vorliegend anwendbar, da der mit diesem Beschluss geänderte Artikel 2 (1) Nr. 11 GebO für Beschwerden gilt, die ab dem 1. April 2018 eingelegt wurden, und der am 1. April 2020 in Kraft getretene Beschluss des Verwaltungsrats vom 12. Dezember 2019 zur Änderung der Artikel 2 und 7 der Gebührenordnung (ABl. EPA 2020, A3) vorliegend nicht anzuwenden ist (siehe Artikel 4 und 5 Nr. 1 des letztgenannten Beschlusses).

5. In der Mitteilung des EPA vom 18. Dezember 2017 über die ermäßigte Beschwerdegebühr (Artikel 108 EPÜ) für eine Beschwerde, die von einer natürlichen Person oder einer in Regel 6 (4) EPÜ genannten Einheit eingelegt wird (ABl. EPA 2018, A5), wird verlangt, dass Beschwerdeführer, die die ermäßigte Beschwerdegebühr in Anspruch nehmen möchten, ausdrücklich erklären müssen, dass sie eine natürliche Person oder eine Einheit im Sinne von Regel 6 (4) EPÜ sind (Nr. 3 der Mitteilung des EPA). In Nr. 11 der Mitteilung des EPA wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerde unter Umständen als nicht eingelegt bzw. als unzulässig gilt, wenn die ermäßigte Gebühr unter Abgabe einer unrichtigen oder falschen Erklärung oder ohne eine Erklärung entrichtet wird.

6. Vorliegend wurde von der Beschwerdeführerin weder eine Erklärung noch ein Nachweis vorgelegt,dass es sich bei ihr bei Einlegung ihrer Beschwerde um eine Einheit i.S.v. Regel 6 (4) und (5) EPÜ gehandelt hat. Wenn es jedoch der Kammer nicht möglich ist festzustellen, ob die Beschwerdeführerin bei Einreichung der Beschwerde eine Einheit i.S.v. Regel 6 (4) und (5) EPÜ war und damit diese Voraussetzung für die ermäßigte Beschwerdegebühr erfüllt war, ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin nicht berechtigt war, die ermäßigte Beschwerdegebühr zu entrichten, und sie daher die Beschwerdegebühr in Höhe von EUR 2 255 hätte entrichten müssen.

7. In ihrem Schreiben vom 26. Mai 2020 hat die Beschwerdeführerin auch implizit bestätigt, dass sie nicht berechtigt war, die ermäßigte Beschwerdegebühr zu entrichten, denn in diesem Schreiben hat sie Folgendes erklärt:

"Die entrichtete Beschwerdegebühr hat sich nach erneuter Überprüfung und Rücksprache mit der Mandantin als zu niedrig erwiesen."

8. Da die Beschwerdeführerin eine Beschwerdegebühr in Höhe von EUR 2 255 hätte entrichten müssen, jedoch nur einen Betrag von EUR 1 880 als Beschwerdegebühr gezahlt hat, ist vorliegend nicht der volle Betrag der zu zahlenden Beschwerdegebühr entrichtet worden.

9. Gemäß Artikel 8 Satz 1 GebO gilt eine Zahlungsfrist grundsätzlich nur dann als eingehalten, wenn der volle Gebührenbetrag rechtzeitig entrichtet worden ist. Ist dies nicht der Fall, dann wird der gezahlte Betrag zurückerstattet (Artikel 8 Satz 2 GebO), es sei denn, es greift Satz 3 oder 4 des Artikels 8 GebO.

10. Die Voraussetzungen des Artikels 8 Satz 3 GebO sind vorliegend jedoch nicht erfüllt, da das EPA von der Möglichkeit, während der laufenden Zahlungsfrist der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Nachzahlung des fehlenden Betrags zu geben, keinen Gebrauch gemacht hat.

Auch die in Artikel 8 Satz 4 GebO vorgesehene Ausnahmeregelung greift vorliegend nicht. Danach kann es der Billigkeit entsprechen, dass ein aus einem geringfügigen Fehlbetrag sich ergebender Rechtsnachtteil nicht eintritt. Nach Ansicht der Kammer ist diese Ausnahmeregelung nicht für die Fälle bestimmt, in denen ein Beteiligter nur eine ermäßigte Gebühr, deren Höhe in den Vorschriften der Gebührenordnung ausdrücklich festgelegt ist, entrichtet hat (siehe auch T 905/90, ABl. EPA 1994, 306, Punkt 10 der Entscheidungsgründe). Aus dem vorliegend anzuwendenden Artikel 2 (1) Nr. 11 GebO geht klar und unmissverständlich hervor, dass die ermäßigte Beschwerdegebühr EUR 1 880 beträgt und dass ansonsten eine Beschwerdegebühr in Höhe von EUR 2 255 zu entrichten ist. Demzufolge kann es im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der Fehlbetrag im vorliegenden Fall als geringfügig angesehen werden kann. Zudem ist die in Artikel 3 (5) des o.g. anzuwendenden Beschlusses des Verwaltungsrats vom 13. Dezember 2017 vorgesehene Übergangsregelung im vorliegenden Fall nicht mehr anwendbar. Diese Übergangsregelung sieht vor, dass eine nur in der vor dem 1. April 2018 maßgebenden Höhe (EUR 1 880) gezahlte Beschwerdegebühr als wirksam entrichtet gilt, wenn diese Gebühr innerhalb von sechs Monaten ab dem 1. April 2018 fristgerecht entrichtet wurde und die Differenz innerhalb von zwei Monaten nach einer entsprechenden Aufforderung durch das EPA beglichen wird. Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerdegebühr jedoch nicht innerhalb von sechs Monaten ab dem 1. April 2018 fristgerecht entrichtet, sondern erst am 6. Februar 2020, so dass diese Übergangsregelung nicht greift.

11. Aus den oben genannten Gründen gilt unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr gemäß Artikel 8 Satz 1 GebO als nicht eingehalten und deshalb ist gemäß Artikel 8 Satz 2 GebO die entrichtete Beschwerdegebühr in Höhe von EUR 1 880 zurückzuerstatten. Folglich erübrigt sich [translation: Hence, there is no need to apply] nach Ansicht der Kammer eine Anwendung der am 1. April 2020 in Kraft getretenen Regel 103 (3) c) EPÜ (siehe Beschluss des Verwaltungsrats vom 12. Dezember 2019 zur Änderung der Regel 103 der Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen (ABl. EPA 2020, A5).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Das Beschwerdeverfahren ist beendet.

2. Die entrichtete Beschwerdegebühr in Höhe von EUR 1 880 ist zurückzuerstatten.

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