15 February 2019

T 0940/14 - Unsubstantiated requests not admitted

Key points

  • In this opposition appeal, the patentee as respondent had filed some Auxiliary Requests with its Statement of reply; however without indicating how the amendments provided for inventive step. 
  • The Board does not admit the requests under Art. 12(4) RBPA.
  • The Board apperantly finds the claim amendments in the AR's to be prima facie trivial, and indicates that precisely therefore the AR's should have been substantiated.
  • " Je scheinbar trivialer das geänderte Merkmal eines Anspruchs ist oder je weniger offensichtlich der Grund der Änderung ist, desto mehr Gewicht kommt dem Erfordernis einer substantiierten Begründung bei dessen Einreichen zu. Das trägt auch dazu bei, wenig zielführende Änderungen der Ansprüche zu vermeiden." 
  • The Board also does not accept the Patentee's argument that it had substantiated the AR's by defending why the claims as granted were inventive.
  • The Patentee's argument: "  Der Sachvortrag zu der Frage warum der Gegenstand der Hilfsanträge 1 bis 8 die Anforderungen der Patentierbarkeit erfülle, ergebe sich nämlich bereits aus dem vollständigen Vortrag zur Patentierbarkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 des Patents, welches in der ersten Instanz unverändert aufrechterhalten worden sei." 
  • The Board does not accept this argument, because as soon as AR's are submitted, additional arguments are as a rule necessary according to the  Board. Otherwise, an efficient preparation for the oral proceedings is prevented.


EPO T 0940/14 -  link

2. Hilfsanträge 1 bis 8 - Zulassung
2.1 In Ausübung ihrer Befugnis gemäß Artikel 12 (4) VOBK lässt die Kammer die Hilfsanträge 1 bis 8 nicht in das Verfahren zu, weil diese Anträge die Erfordernisse nach Artikel 12 (2) VOBK nicht erfüllen. Siehe hierzu auch "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 8. Auflage 2016, Kapitel IV.E.4.2.4, insbesondere die Entscheidungen T 217/10, Punkt 5 der Entscheidungsgründe, und T 1890/09, Punkt 4 der Entscheidungsgründe.
2.2 Mit ihrer Beschwerdeerwiderung reichte die Patentinhaberin die Hilfsanträge 1 bis 8, lediglich begleitet durch die Angabe der Grundlage für die Änderungen in der ursprünglichen Anmeldung, ein. Jedwede Begründung, wieso die getätigten Änderungen die von den Einsprechenden in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Einwände fehlender erfinderischer Tätigkeit ausräumen würden, fehlte.
[...]
2.5 Bei der Ausübung ihrer Befugnis, die Hilfsanträge 1 bis 8 gemäß Artikel 12 (4) VOBK nicht zuzulassen, berücksichtigte die Kammer die folgenden Aspekte:
2.5.1 Die in den Ansprüchen der Hilfsanträge 1 bis 8 durchgeführten Änderungen sind nicht selbsterklärend im Sinne einer automatischen oder offensichtlichen Erkennung der Gründe, inwiefern die Änderungen den zur Debatte stehenden Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit (siehe Punkt 2.4 oben) ausräumen sollten.


2.5.2 Der Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit des Operationsmikroskops gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags im Hinblick auf E1 wurde von den Einsprechenden bereits mit der Einspruchsbegründung vorgetragen. Mithin ist der zur Debatte stehende Einwand seit Beginn des Einspruchsverfahrens unverändert und nicht überraschend.
2.5.3 Die Einsprechenden haben mit der Beschwerdebegründung nicht nur dargelegt, wieso der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ihrer Meinung nach keine erfinderische Tätigkeit aufweise, sondern auch die Merkmale mehrerer Unteransprüche des erteilten Patents gemäß Hauptantrag begründet angegriffen, insbesondere Unteranspruch 9 dessen Gegenstand in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 aufgenommen wurde.
2.5.4 Je scheinbar trivialer das geänderte Merkmal eines Anspruchs ist oder je weniger offensichtlich der Grund der Änderung ist, desto mehr Gewicht kommt dem Erfordernis einer substantiierten Begründung bei dessen Einreichen zu. Das trägt auch dazu bei, wenig zielführende Änderungen der Ansprüche zu vermeiden.
2.5.5 Das Erfordernis des Artikels 12 (2) VOBK wirkt auf das rechtzeitige Vorhandensein aller Argumente und Gegenargumente der Beteiligten hinsichtlich der Streitpunkte hin, und zwar spätestens zum Zeitpunkt des Erstellens einer Mitteilung durch die Kammer. Dies ermöglicht es der Kammer, ihre vorläufige Meinung zu allen für die Entscheidung wesentlichen Aspekten den Beteiligten, z.B. in Vorbereitung auf eine mündliche Verhandlung, frühzeitig und in Kenntnis der Argumente aller Beteiligter mitzuteilen. Bei Ausbleiben der entsprechenden Begründung durch die Patentinhaberin hinsichtlich der eingereichten Änderungen in den Hilfsanträgen - wie im vorliegenden Fall - hätten sich die Kammer und die Einsprechenden zu einem späten Zeitpunkt, d.h. nach dem Erstellen des Ladungsbescheids, zum ersten Mal mit den Argumenten der Patentinhaberin zur erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich der geänderten Ansprüche auseinandersetzen müssen. Eine solche Vorgehensweise entspricht jedoch nicht der gewünschten Verfahrensökonomie. Das Kriterium der Fairness gegenüber den Einsprechenden hätte es ebenfalls verlangt, dass die Patentinhaberin auf die in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Einwände der Einsprechenden hinsichtlich der Unteransprüche nicht erst in der mündlichen Verhandlung reagiert.
2.5.6 Auch zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. als Antwort auf den Hinweis der Kammer in ihrem Ladungsbescheid, dass die Zulassung der Hilfsanträge 1 bis 8 im Hinblick auf eine fehlende Substantiierung fraglich sei, hat die Patentinhaberin keine Begründung für die Änderungen in den Hilfsanträgen 1 bis 8 nachgereicht. Darüber hinaus wäre die Zulassung einer derartigen, spät eingereichten Begründung dann anhand von Artikel 13 (1) VOBK bzw. Artikel 13 (3) VOBK zu überprüfen gewesen.
2.5.7 Das Erfordernis eines vollständigen Sachvortrags mit der Beschwerdeerwiderung gemäß Artikel 12 (2) VOBK ist bei Änderungen basierend auf Merkmalen aus den erteilten Unteransprüchen nicht grundlegend anders zu bewerten als bei Änderungen, deren Grundlage in der Beschreibung des Patents zu suchen ist. Wie die Einsprechenden während der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, brächte eine automatische Zulassung von auf erteilten Unteransprüchen basierenden Änderungen das Risiko eines Aufblähens des Beschwerdeverfahrens durch das Einreichen von Hilfsanträgen mit sich, deren Änderungen auf wenig erfolgversprechenden Unteransprüchen basierten. Auf der Beschreibung basierende Änderungen verlangen jedoch gegebenenfalls eine zusätzliche Begründung im Vergleich zu einer Begründung hinsichtlich Änderungen, die auf erteilten Unteransprüchen beruhen.

2.6 Gegenargumente der Patentinhaberin
2.6.1 Die Patentinhaberin war der Meinung, dass ihre Beschwerdeerwiderung den vollständigen Sachvortrag zur Beschwerdebegründung der Einsprechenden enthalte und somit das Erfordernis gemäß Artikel 12 (2) VOBK erfülle, und zwar auch in Bezug auf die Hilfsanträge 1 bis 8. Der Sachvortrag zu der Frage warum der Gegenstand der Hilfsanträge 1 bis 8 die Anforderungen der Patentierbarkeit erfülle, ergebe sich nämlich bereits aus dem vollständigen Vortrag zur Patentierbarkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 des Patents, welches in der ersten Instanz unverändert aufrechterhalten worden sei.
Weiterhin bemerkte die Patentinhaberin, dass die Hilfsanträge 1 bis 8 in einem sehr frühen Verfahrensstadium des Beschwerdeverfahrens eingereicht worden seien.
Insbesondere sei Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 eine Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 9. Die Komplexität des Hilfsantrags 1 sei sehr gering. Eine Debatte über den Hilfsantrag 1 verzögere nicht das Verfahren. Dem in der Beschwerdebegründung der Einsprechenden erhobenen Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit hinsichtlich des Unteranspruchs 9 des erteilten Patents fehle es an einem Beleg für die angebliche Notwendigkeit einer Kollimationsoptik. Daher sei der Sachvortrag in der Beschwerdebegründung der Einsprechenden hinsichtlich des Antrags auf kompletten Widerruf des Patents, inklusive aller erteilten Unteransprüche und daher auch des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1, nicht vollständig gewesen.
Bezüglich des Hilfsantrags 2 erklärte die Patentinhaberin den technischen Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 und dem Gegenstand des Operationsmikroskops von E1.
Auf Nachfrage des Vorsitzenden während der mündlichen Verhandlung erklärte die Patentinhaberin, dass sie keine weiteren Argumente bezüglich der Hilfsanträge 3 bis 8 vortragen möchte.
2.6.2 Die vorliegenden Argumente der Patentinhaberin überzeugen die Kammer nicht.
Die Ansicht der Patentinhaberin, dass bei einer unveränderten Aufrechterhaltung des erteilten Patents durch die Einspruchsabteilung die Beschwerdeerwiderung der Patentinhaberin sich auf Argumente hinsichtlich der Patentfähigkeit des Anspruchs 1 des erteilten Patents beschränken darf, steht nur im Falle einer Verteidigung des Patents in unveränderter Form im Einklang mit Artikel 12 (2) VOBK. Sobald jedoch die Patentinhaberin einen Hilfsantrag einreicht, mit dem Ziel das Patent auch in einer geänderten Fassung zu verteidigen, sind für einen vollständigen Sachvortrag gemäß Artikel 12 (2) VOBK notwendigerweise zusätzliche Argumente hinsichtlich der Patentfähigkeit des Anspruchs 1 eines solchen Hilfsantrags einzureichen, sofern sich diese nicht ausnahmsweise auf offensichtliche Weise aus dem vorangegangenem Vortrag oder der Sache selbst erschließen (siehe oben Punkt 2.3). Fehlen wie im vorliegenden Fall diese Argumente der Patentinhaberin beim Einreichen ihrer Hilfsanträge, verhindert dies z.B. eine effiziente Vorbereitung der Kammer und der Einsprechenden auf die mündliche Verhandlung.
Im Vergleich zu diesem grundsätzlichen Erfordernis des vollständigen Sachvortrags gemäß Artikel 12 (2) VOBK fallen in dem vorliegendem Fall die weiteren von der Patentinhaberin vorgetragenen Argumente hinsichtlich des frühzeitigen Einreichens der Hilfsanträge und ihrer geringen Komplexität, des vermeintlich unvollständigen Sachvortrags der Einsprechenden zu den Unteransprüchen oder der vermeintlichen erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich der in den Hilfsanträgen 1 bis 8 beanspruchten Gegenstände nicht ins Gewicht und bedürfen daher keiner weiteren Erörterung.
3. Aus den oben dargelegten Gründen kommt die Kammer zum Schluss, dass keiner der Anträge der Pateninhaberin gewährbar ist und deshalb das Patent widerrufen werden muss.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.


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