13 November 2021

T 2558/18 - The Board invokes Art. 164(2) EPC

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  • The post title refers to the following part of the decision: “Der Vorrang von Artikel 111 EPÜ in der obigen Auslegung gegenüber Regel 71 (6) EPÜ in Bezug auf Änderungen ergibt sich aus dem EPÜ. Artikel 164 (2) EPÜ bestimmt ausdrücklich: Bei mangelnder Übereinstimmung zwischen Vorschriften des Übereinkommens und Vorschriften der Ausführungsordnung gehen die Vorschriften des Übereinkommens vor. Daraus folgt auch, dass Regel 100 (1) EPÜ, nach dessen Wortlaut Regel 71 (6) EPÜ betreffend Änderungen anwendbar wäre, im Einklang mit Artikel 111 EPÜ einschränkend - und diese Anwendbarkeit ausschließend - auszulegen ist. ”



T 2558/18 -


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Entscheidungsgründe

1. Mit der angefochtenen Entscheidung vom 4. Juni 2018 hat die Prüfungsabteilung den am 23. Februar 2018 eingereichten Anspruchssatz gemäß Regel 137 (3) EPÜ nicht zum Verfahren zugelassen, weil die Änderung in Anspruch 1 Artikel 111 (2) EPÜ widerspreche. Die deutliche Entscheidungsformel der Entscheidung der Beschwerdekammer in der Sache T 1891/12 vom 10. Juli 2017 habe zur Folge, dass die Unterlagen, d.h. Beschreibung, Ansprüche und Zeichnungen, res iudicata seien und nicht mehr angetastet werden könnten. Da der Hauptantrag nicht zum Verfahren zuzulassen sei und keine weiteren Anträge vorlägen, fehle ein im Verfahren befindlicher Anspruchssatz. Die Anmeldung erfülle daher nicht die Erfordernisse des Art. 78 (1) c) EPÜ. Deshalb könne ein Patent gemäß Artikel 97 (1) EPÜ nicht erteilt werden.


Diese Entscheidung wäre aufzuheben, wenn die Prüfungsabteilung zu Unrecht angenommen hätte, dass eine Zulassung des Hauptantrags und einzigen Antrags zum Verfahren im Hinblick auf die Entscheidungsformel in der Sache T 1891/12 nicht möglich sei. Das hängt von den Rechtswirkungen ab, welche die Entscheidung in dieser Sache entfaltet.

Bei der Prüfung der Beschwerde berücksichtigt die Beschwerdekammer die Stellungnahme der Beschwerdeführerin, die nach der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2021 eingegangen ist, an deren Ende die Debatte geschlossen wurde. Denn sie gibt die von den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ausgehende Position der Beschwerdeführerin wieder und ist daher für eine umfassende Diskussion des Falles in der vorliegenden Entscheidung hilfreich. Allein zum Zweck der Zulassung der Stellungnahme und der weiteren Bemerkungen Dritter vom 22. Juni 2021 hat die Kammer die Debatte wiedereröffnet.

Hauptantrag

2. Die Entscheidung der Beschwerdekammer im Fall T 1891/12

Im Lauf der mündlichen Verhandlung vor der Kammer in derselben Besetzung am 10. Juli 2017 reichte die Beschwerdeführerin geänderte Patentansprüche 1 - 12 sowie eine geänderte Beschreibung gemäß Hauptantrag ein und nahm alle anderen Anträge zurück. Die Kammer hat diesen zuletzt einzigen Antrag zum Verfahren zugelassen. Eine Rechtsgrundlage für die Prüfung der Beschwerde, insbesondere dieses Antrages, und die Anordnung der Zurückverweisung zur Erteilung hat sie in der mit Gründen versehenen schriftlichen Entscheidung nicht ausdrücklich genannt. Sie ist insbesondere nicht auf Artikel 111 EPÜ eingegangen.

Der Entscheidung wohnt aber inne, dass die Beschwerde im Sinne dieser Vorschrift begründet war, da der einzige geprüfte Antrag nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war, so dass der erstinstanzlichen Entscheidung die Grundlage entzogen war. Das folgt aus der Systematik von Artikel 111 (1) EPÜ, der lautet:

Nach der Prüfung, ob die Beschwerde begründet ist, entscheidet die Beschwerdekammer über die Beschwerde. Die Beschwerdekammer wird entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, oder verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück.

Diese Bestimmungen sehen demnach ein zweistufiges Tätigwerden der Beschwerdekammer vor (vgl. T 1090/12, Nr. 4):

Zunächst erfolgt die Prüfung der Begründetheit der Beschwerde, welche im Sinne dieser Vorschrift (bereits) dann gegeben ist, wenn die angefochtene Entscheidung nicht aufrecht erhalten werden kann (im zitierten Fall wegen unzutreffender Beurteilung des Erfordernisses der Klarheit), und sei es nur, dass der oder die dieser zugrunde liegende(n) Antrag (Anträge) im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufrecht erhalten werden, die Beschwerde - wie üblicherweise - aber nicht ohne weitere Prüfung zurückgewiesen werden kann.

In einem zweiten Schritt übt die Kammer sodann ihr Ermessen aus, nach dem Wortlaut von Artikel 111 Absatz 1 Satz 2 EPÜ

- entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs der ersten Instanz tätig zu werden,

- oder die Angelegenheit an dieses Organ der ersten Instanz zurückzuverweisen.

Im vorliegenden Fall hat die Kammer Anspruch 1 des einzigen zur Entscheidung stehenden Antrags, der in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgelegt worden war, im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ, Artikel 84, 54 und 56 EPÜ 1973 geprüft und das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Vorschriften bejaht.

In der Entscheidungsformel hat die Kammer die Erteilung eines Patentes mit vollständigen Unterlagen, d.h. genau bezeichneten Ansprüchen, Beschreibungsseiten und Zeichnungen, angeordnet und die Angelegenheit zur Erteilung an die erste Instanz zurückverwiesen.

Die zu prüfende Frage ist, welche Rechtswirkungen durch die Zurückverweisung zur Erteilung mit genau bestimmten Unterlagen ausgelöst wurden, insbesondere in welcher Weise die Kammer insoweit Artikel 111 EPÜ angewendet hat. Die Antwort ist jedenfalls in Ermangelung diesbezüglicher Hinweise in der Entscheidung aus objektiver Sicht zu geben. Davon geht offenkundig auch die Beschwerdeführerin aus (s.u., Nr. 3.1). Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch, ob die Entscheidung der Kammer für die Prüfungsabteilung absolute Bindungswirkung entfaltet hat, die - wie sich zeigen wird - auch als materielle Rechtskraft bezeichnet werden kann.

3. Die Rechtswirkungen der Entscheidung im Fall T 1891/12

3.1 Die Auffassung der Beschwerdeführerin zur Anwendung von Artikel 111 EPÜ und zur Rechtskraft (res iudicata)

Die Beschwerdeführerin geht davon aus, dass die Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung "zur weiteren Entscheidung" gemäß Artikel 111 (1), Satz 2, EPÜ erfolgt sei, da erst diese den das Erteilungsverfahren beendenden Erteilungsbeschluss habe fällen können und sollen (siehe oben, Sachverhalt Nr. XII a.E.).

Die Beschwerdeführerin ist weiterhin der Auffassung, dass bestimmte Rechtswirkungen, die von Entscheidungen der Beschwerdekammern ausgehen, im europäischen Patentrecht einem Grundsatz der Rechtskraft zugeordnet werden; sie verwendet hierfür auch den - aus Sicht der erkennenden Kammer identischen - Begriff der res iudicata. Sie meinte zunächst, dessen Anwendung im vorliegenden Fall sei angesichts der gesetzlichen Regelung in Artikel 111 (2) EPÜ nicht erforderlich (Beschwerdebegründung, oben, Nr. VIII. a), zweiter Absatz). In der Antwort auf den Ladungsbescheid führt sie dann aber aus:

Als Res Judicata ist daher nur die Tatsache zu betrachten, dass die damals [in Entscheidung T 1891/12] zur Erteilung vorgesehenen Unterlagen die Erfordernissen des EPÜ erfüllen. (Seite 4, zweitletzter Absatz).

In ihrer späteren Stellungnahme im Nachgang zur mündlichen Verhandlung heißt es:

Selbst wenn die Beschwerdekammer jedoch in der Entscheidung vom 10.07.2017 im Rahmen der Zuständigkeit der Prüfungsabteilung tätig wurde, kann die auf dieser Tätigkeit beruhende Entscheidung nur insoweit res judicata bilden, als zum entsprechenden Zeitpunkt eine abschließende Entscheidung zulässig war. Denn res judicata kann nur das werden, was zum entsprechenden Zeitpunkt auch tatsächlich entscheidungsreif war. (S. 4 oben, Nr. 3, Stellungnahme vom 7. Juni 2021, eigene Hervorhebung)

Danach erläutert die Beschwerdeführerin (ebenda, S. 4-5, Nr. 4):

Wird die Beschwerdekammer aber im Rahmen der Zuständigkeit der Prüfungsabteilung tätig, gelten die Vorschriften für das Verfahren vor der Prüfungsabteilung gemäß Regel 100 (1) EPÜ auch für die Beschwerdekammer.

Im vorliegenden Fall sind dies die Regeln 71 (3) und 71 (6) EPÜ, welche vorgeben, dass vor einem Beschluss über die Erteilung des europäischen Patentes dem Anmelder die Fassung, in der das europäische Patent erteilt werden soll, mitgeteilt werden muss, wobei der Anmelder innerhalb einer Frist von 4 Monaten auf eine solche Mitteilung begründete Änderungen und Berichtigungen beantragen kann.

Würde eine Beschwerdekammer daher tatsächlich abschließend über die Erteilung eines Patentes entscheiden wollen, müsste sie eine entsprechende Mitteilung gemäß Regel 71 (3) EPÜ selbst absetzten [sic], um die Voraussetzungen für eine solche Entscheidung herzustellen.

Überlässt die Beschwerdekammer dies jedoch der Prüfungsabteilung, kann sie auch nicht abschließend über die Erteilung entscheiden, da die Voraussetzungen für eine solche Entscheidung noch nicht vorliegen.

Damit kann aber auch die Fassung, welche die Beschwerdekammer zur Erteilung vorgesehen hat, auch nicht zur res judicata werden. Denn ansonsten würden allein dadurch, dass die Beschwerdekammer tätig wird, die Rechte des Anmelders gemäß Regel 71 (6) EPÜ unterlaufen.

Die Kammer ergänzt nachstehend den Wortlaut der beiden Bestimmungen.

Regel 71 (3) EPÜ lautet:

Bevor die Prüfungsabteilung die Erteilung des europäischen Patents beschließt, teilt sie dem Anmelder die Fassung, in der sie das europäische Patent zu erteilen beabsichtigt, und die zugehörigen bibliografischen Daten mit. In dieser Mitteilung fordert die Prüfungsabteilung den Anmelder auf, innerhalb einer Frist von vier Monaten die Erteilungs- und Veröffentlichungsgebühr zu entrichten sowie eine Übersetzung der Patentansprüche in den beiden Amtssprachen des Europäischen Patentamts einzureichen, die nicht die Verfahrenssprache sind.

Regel 71 (6) EPÜ lautet:

Wenn der Anmelder innerhalb der Frist nach Absatz 3 begründete Änderungen oder Berichtigungen in der ihm mitgeteilten Fassung beantragt oder an der letzten von ihm vorgelegten Fassung festhält, so erlässt die Prüfungsabteilung im Falle ihrer Zustimmung eine neue Mitteilung nach Absatz 3; andernfalls nimmt sie das Prüfungsverfahren wieder auf.

3.2 Bindende Wirkung/Rechtskraft von Entscheidungen der Beschwerdekammern bei Zurückverweisung zur Erteilung/Aufrechterhaltung eines Patents nach der Rechtsprechung

Der Begriff der Rechtskraft oder der res iudicata ist im EPÜ nicht ausdrücklich genannt. Die Kammern sind in mehreren Entscheidungen davon ausgegangen (T 934/91, bestätigt in T 113/92; T 843/91 vom 5. August 1993, bestätigt in T 609/94, J 8/98, und T 694/01), dass Entscheidungen der Beschwerdekammern endgültig sind. Das habe inhaltlich jedenfalls zur Folge, dass eine Entscheidung einer Kammer über die Fassung eines Patentes die erste Instanz binde, so dass diese Fassung im Verfahren vor dem EPA nicht mehr geändert werden könne. In diesem Zusammenhang wird auch der Begriff res iudicata verwendet (siehe die Zitate aus den Entscheidungen unten).

- T 934/91 vom 4. August 1992 und bestätigende Entscheidung

Nach T 934/91, bestätigt in T 113/92, sind abschließende Entscheidungen der Kammern "rechtskräftig (res iudicata) und endgültig". Der Umfang des Grundsatzes der res iudicata sei so zu verstehen, wie im US-amerikanischen Standard-Rechtswörterbuch von Black für den Common-law-Rechtskreis definiert, d.h. als endgültige Festlegung der Rechte in einer bestimmten Angelegenheit. Siehe die nachstehenden Auszüge aus den beiden Entscheidungen.

T 934/91 vom 4. August 1992 (ABl. EPA 1994, 184)

Leitsatz 2 lt. amtlicher deutscher Übersetzung:

Ihre Entscheidungen [der Beschwerdekammern] sind res judicata und rechtskräftig (vgl. Nrn. 3 und 4 der Entscheidungsgründe).

Zutreffend könnte man übersetzen: "... sind res iudicata (rechtskräftig) und endgültig".

3. ... Res judicata ist ein alter, in seiner Bedeutung unstrittiger Rechtsbegriff: Er bezeichnet "eine Sache, über die ein zuständiges Gericht rechtskräftig entschieden hat, womit die Rechte der Parteien und der mit ihnen in einer Rechtsbeziehung stehenden Personen in dieser Sache endgültig festgelegt sind" (vgl. Black's Law Dictionary, 5. Ausgabe).

Ein Hinweis auf die (mutmaßlich US-amerikanische) Rechtsprechung, auf welcher diese Definition offenbar beruht, wurde nicht gegeben.

T 113/92 vom 17. Dezember 1992 (eigene Hervorhebungen)

1. ... Indes muß der Versuch der Beschwerdeführerinnen scheitern, auf dem Umweg über die Beschwerde gegen eine Entscheidung der Vorinstanz über die von der Kammer aufgegebene und von der Vorinstanz ausgeführte Beschreibungsanpassung eine Abänderung oder Aufhebung der von der Kammer bereits getroffenen Sachentscheidung zu erwirken. Im vorangegangenen Beschwerdeverfahren T 317/88 hat die Kammer am 13. Juni 1991 eine abschließende Sachentscheidung getroffen und angeordnet, das Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 8 gemäß Hauptantrag sowie einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten. Inhalt und Fassung der Patentansprüche sind somit res iudicata und nicht Gegenstand des anhängigen Beschwerdeverfahrens T 113/92 (siehe hierzu die ausführlichen Darlegungen in der zur Veröffentlichung im ABl. EPA vorgesehenen Entscheidung T 934/91 vom 4. August 1992).

T 934/91 und T 113/92 gehen demnach offenbar davon aus, dass die Entscheidung über die Ansprüche auf Grundlage von Artikel 111 (1) Satz 1, Variante 1, EPÜ 1973 ergangen ist. Artikel 111 stimmt in den Fassungen des EPÜ 1973 und 2000 wörtlich überein.

- T 843/91 vom 5. August 1993 und bestätigende Entscheidungen

In T 843/91 vom 5. August 1993 (ABl. EPA 1994, 832), Nr. 3.4.1, wurde Artikel 106 (1) EPÜ 1973 (identisch mit Artikel 106 (1) EPÜ 2000) als alleinige Bestimmung des EPÜ für die Begründung der Endgültigkeit einer Entscheidung in Bezug auf die Patentierbarkeit des Gegenstands von Ansprüchen genannt. Die Kammer sei insofern im Rahmen der Zuständigkeit der ersten Instanz tätig geworden. Die Entscheidung sei demnach auf Variante 1 von Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ 1973 gestützt worden. Die Kammer hat auch betont, dass lediglich im Hinblick auf die Anpassung der Beschreibung eine Zurückverweisung mit Variante 2 als Rechtsgrundlage erfolgte. Eine Zurückverweisung zur Durchführung administrativer Maßnahmen nach der Ausführungsordnung bleibt unerwähnt. Die relevante Passage aus der Entscheidung lautet (in amtlicher deutscher Übersetzung; eigene Hervorhebungen):

Demgemäß muß die Entscheidungsformel [u.a.: Aufrechterhaltung des Patents gemäß Hauptantrag] nach Ansicht der Kammer im Zusammenhang mit den Entscheidungsgründen als Ganzes gelesen und so verstanden werden, daß die Kammer in bezug auf die Patentierbarkeit des Gegenstands der vorstehend genannten Ansprüche und ihre Formulierung im Rahmen der Zuständigkeit des Organs, das die angefochtene Entscheidung erlassen hatte, selbst eine Entscheidung getroffen hat, die rechtskräftig ist [im Original: "which decision is final"] (Art. 106 (1) EPÜ; siehe auch Nr. 6.1 der Zwischenentscheidung vom 17. März 1993 in dieser Sache sowie die nachstehend unter Nr. 4 dargelegten Überlegungen der Kammer zum Antrag 2 des Beschwerdeführers). Nur im restlichen Teil der Entscheidungsformel, der für die der Kammer vorliegende Kernfrage der Patentierbarkeit nicht von unmittelbarer Bedeutung war und die richtige Anpassung der Beschreibung betraf, hat die Kammer tatsächlich von der zweiten in Artikel 111 (1) EPÜ vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Sache an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen. Diese Auslegung einer so angelegten Entscheidungsformel steht zweifelsohne auch in Einklang mit anderen Entscheidungen der Beschwerdekammern (z. B. T 757/91 vom 10. März 1992, Nr. 2.2 der Entscheidungsgründe und T 113/92 vom 17. Dezember 1992, Nr. 1 der Entscheidungsgründe).

Artikel 106 (1) EPÜ 1973 wurde damit für die inhaltliche (materielle) Bindungswirkung der Entscheidung herangezogen, obwohl diese Bestimmung darüber nichts besagt. Aus dieser Bestimmung, welche die anfechtbaren Entscheidungen nennt, geht lediglich hervor, dass - mangels Nennung der Beschwerdekammerentscheidungen - diese nicht anfechtbar sind. Den gesamten Umfang der Rechtswirkungen der Unanfechtbarkeit bestimmt Artikel 106 (1) Satz 1 EPÜ 1973 nicht. Satz 2 bestimmt lediglich eine Rechtswirkung, nämlich dass die Beschwerde aufschiebende Wirkung hat. Hieraus lassen sich ihre Rechtswirkungen in inhaltlicher Hinsicht aber nicht folgern.

Mehrere - nachstehend auszugsweise (mit eigenen Hervorhebungen) wiedergegebene - Entscheidungen haben T 843/91 ausdrücklich bestätigt, ohne eigene Ausführungen zu Grundlage und Umfang der inhaltlichen Bindung zu machen: T 609/94, J 8/98 und T 694/01.

T 609/94

2.2. According to Article 111(2) EPC it is assumed that the Board took one or several partial decisions and, for the rest, remitted the case for further prosecution and decision to the first instance. The opposition procedure is resumed for the remaining part to be decided - in the present case above all the question of inventive step had to be investigated. In doing so, it is a matter of course that the patentee, also at this stage of the procedure, should have the opportunity to modify the claims (following decision T 0027/94, unpublished). Thereby the modified claims may not be in conflict with the ratio decidendi of the earlier decision of the Board of Appeal.

2.3. It is a different situation if the Board dismissed the decision under appeal and remitted the case to the first instance with the order to maintain a patent with claims whose wording had been defined by the Board. In such a case (as in decision T 0843/91 cited by Respondent II), the first instance is not entitled to admit amended claims, since they are part of the res iudicata of the decision of the Board.

J 8/98 (ABl. EPA 1999, 687; Auszug aus der amtlichen deutschen Übersetzung)

2.1 ... Die Entscheidung einer Kammer, mit der die Fassung festgelegt wird, in der das Patent erteilt oder aufrechterhalten werden soll, bewirkt, daß diese Fassung zur res judicata wird und im Verfahren vor dem EPA nicht mehr geändert werden kann (T 843/91, ABl. EPA 1994, 818).

T 694/01 (ABl. EPA 2003, 250)

2.8 ...A decision remitting a case to the opposition division with the order to maintain a patent on the basis of amended claims is binding in the sense that neither the wording nor the patentability of these claims may be further challenged in subsequent proceedings before the EPO. A finding of fact upon which this decision rests, i.e. a finding which is conditio sine qua non for the decison, is equally binding. Such a finding of fact is therefore not open to reconsideration pursuant to Article 111(2) EPC (T 843/91; EPO OJ 1994, 832).

Da es wünschenswert ist, dass die Rechtsprechung der Beschwerdekammern und die der nationalen Gerichte einheitlich sind, werden nachstehend die Entscheidungsgründe des Urteils des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17. April 2012 (X ZR 55/09 - Tintenpatrone III; abrufbar über die Website des BGH www.bundesgerichtshof.de) auszugsweise (mit eigenen Hervorhebungen) wiedergegeben. In diesem Urteil nimmt der BGH eine inhaltliche Bindung einer Entscheidung der Beschwerdekammer über die Aufrechterhaltung eines Patents in genau festgelegtem Umfang an. Allerdings handelt es sich nach seiner Auffassung (siehe Nr. 18) bei der Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur entsprechenden Aufrechterhaltung um eine solche nach Artikel 111 (1), zweite Variante, EPÜ, d.h. zur weiteren Entscheidung durch die Einspruchsabteilung.

[15] a) Die Entscheidung, mit der die Beschwerdekammer die Einspruchsabteilung anweist, das Patent in genau festgelegtem Umfang aufrechtzuerhalten, ist zwar ... eine echte Sachentscheidung, mit der die Beschwerdekammer materiell und formell rechtskräftig und mit Bindungswirkung für die Einspruchsabteilung über die Patentfähigkeit des Gegenstands der aufrecht zu erhaltenden Patentansprüche entscheidet (Benkard/Günzel, EPÜ, 2002, Art. 111 EPÜ Rn. 49 ff.; Schulte/Moufang, PatG mit EPÜ, 8. Aufl., 2008, Art. 111 EPÜ Rn. 35; Singer/Stauder/Joos, EPÜ, 5. Aufl., 2010, Art. 111 EPÜ Rn. 9). ...

[16] b) Mit einer Entscheidung, in der die Beschwerdekammer die Einspruchsabteilung anweist, das Patent mit einem bestimmten Inhalt aufrechtzuerhalten, wird jedoch in den formellen Bestand des Patents (Anmerkung zur besseren Verständlichkeit: (noch)) nicht eingegriffen. ...

[18] Die Technische Beschwerdekammer kann nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 EPÜ entweder im Rahmen der Befugnisse der Einspruchsabteilung in der Sache selbst entscheiden oder die Sache zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverweisen. Wählt sie wie im Streitfall letzteres Verfahren, werden mit der Beschwerdeentscheidung noch nicht die Aufrechterhaltung des Patentes in dem geänderten Umfang und sein Widerruf im Übrigen bewirkt.

Vielmehr weist die Beschwerdekammer die Sache an die Einspruchsabteilung zurück, damit zunächst durch den Patentinhaber nach einer Aufforderung gemäß Regel 82 Abs. 2 Ausführungsordnung zum Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (AO) die dort genannten formellen Voraussetzungen innerhalb einer Frist von drei Monaten erfüllt werden können. Bei diesen formellen Voraussetzungen handelt es sich um die Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr (Druckkostengebühr) sowie die Übersetzungen der geänderten Patentansprüche in die beiden Amtssprachen des Europäischen Patentamts, die nicht Verfahrenssprache sind. Werden die nach Regel 82 Abs. 2 AO erforderlichen Handlungen nicht rechtzeitig vorgenommen, so können sie innerhalb von zwei Monaten nach der Mitteilung über die Fristversäumung vorgenommen werden, sofern innerhalb dieser Frist eine Zuschlagsgebühr entrichtet wird (Regel 82 Abs. 3 Satz 1 AO).

[19] Erst wenn diese formellen Voraussetzungen entweder erfüllt sind oder nicht mehr erfüllt werden können und die Einspruchsabteilung entweder das Patent widerruft (Art. 101 Abs. 3 Buchst. b EPÜ, Regel 82 Abs. 3 Satz 2 AO) oder aber die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung beschließt (Art. 101 Abs. 3 Buchst. a EPÜ), verändert das Patent seine rechtliche Gestalt und verliert seine Wirkung entweder vollständig oder insoweit, als sein Gegenstand über die beschränkte Fassung hinausgeht.

3.3 Die Entscheidungsmöglichkeiten gemäß Artikel 111 (1) Satz 2 und 111 (2) EPÜ

Zur Klärung des Umfangs einer möglichen inhaltlichen Bindungswirkung der Entscheidung der Kammer im vorliegenden Fall wird zunächst untersucht, welche Entscheidungsmöglichkeiten Artikel 111 (1) Satz 2 und 111 (2) EPÜ im Falle der Begründetheit einer Beschwerde nach Artikel 111 (1) Satz 1 EPÜ (siehe oben, Nr. 1) allgemein bietet. Im folgenden Abschnitt 3.4 wird dann geprüft, wie die Kammer Art. 111 (1) Satz 2 EPÜ - objektiv betrachtet - angewendet hat, d.h. ob sie sich bei ihrer Entscheidung auf dessen Variante 1, Variante 2 oder beide Varianten gestützt hat.

Der Inhalt von Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ ist durch Zusammenschau der drei Sprachfassungen zu bestimmen. Diese lauten (mit eigenen Hervorhebungen):

DE (deutsche Sprachfassung)

Die Beschwerdekammer wird entweder

- im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat [Variante 1], oder

- verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück [Variante 2].

EN (englische Sprachfassung)

The Board of Appeal may either

- exercise any power within the competence of the department which was responsible for the decision appealed or

- remit the case to that department for further prosecution.

FR (französische Sprachfassung)

Elle [la chambre de recours] peut soit

- exercer les compétences de l'instance qui a rendu la décision attaquée, soit

- renvoyer l'affaire à ladite instance pour suite à donner.

Bei der Untersuchung der Bedeutung von Variante 2 dieser drei Sprachversionen, wenn man diese Versionen zusammen betrachtet, ist zunächst festzuhalten, dass

- die deutsche Sprachfassung ihrem Wortlaut nach auf eine "weitere" Entscheidung abzielt; die Kammer bemerkt dazu, dass, um zu einer Entscheidung (hauptsächlich Erteilungsbeschluss nach Artikel 97 (1) i.V.m. Regel 71a (1) EPÜ oder Zurückweisung nach Artikel 97 (2) EPÜ) zu gelangen, zunächst eine weitere Prüfung notwendig ist;

- die englische Sprachfassung mit dem Begriff "further prosecution" eine weitere Prüfung anordnet;

- die französische Sprachfassung es dabei belässt, dass Folgemaßnahmen zu treffen sind: "pour suite à donner".

Die Beschwerdeführerin meint (letzter Absatz von Nr 1, Seite 2 der Stellungnahme), mit Variante 2 sei schlicht eine Zurückverweisung zur weiteren Bearbeitung, unabhängig von der Art der Bearbeitung, gemeint, d.h. keine spezifische Zurückverweisung zur inhaltlichen Bearbeitung. Nach Auffassung der Kammer ließe sich dieses Ergebnis aber alleine auf die französische Fassung stützen. Nach der obigen Zusammenschau aller drei Sprachfassungen wäre Artikel 111 (1), Satz 2, Variante 2, EPÜ vielmehr wie folgt zu verstehen:

Die Beschwerdekammer wird entweder

- im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat [Variante 1], oder

- verweist die Angelegenheit zur weiteren [deleted: Entscheidung] Prüfung und ggf. weiteren Entscheidung auf der Grundlage des Prüfungsergebnisses an dieses Organ zurück [Variante 2].

Nachdem im vorliegenden Fall die Kammer sowohl selbst in der Sache entschieden hat, was Variante 1 zuzuordnen ist, als auch an die erste Instanz zurückverwiesen hat, was dem Wortlaut nach nur nach Variante 2 möglich ist, stellt sich die Frage, ob eine Zurückverweisung auf Variante 1 alleine oder aber auf beide Varianten gestützt werden kann. Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf den letzteren Fall (beide Varianten) von einer "Mischform" gesprochen, welche nicht vom Wortlaut von Art. 111 (1) Satz 2 EPÜ gedeckt sei. Denn dort seien die beiden Möglichkeiten alternativ (entweder - oder), d.h. einander gegenseitig ausschließend, genannt.

Die Kammer bemerkt hierzu, dass sich die Anwendung einer Mischform im Hinblick auf die Zurückverweisung zur Anpassung der Beschreibung gemäß Variante 2, nach vollständiger eigener Prüfung in der Sache nach Variante 1, bereits aus zwei der oben (unter Nr. 3.2) zitierten Entscheidungen ergibt (T 113/92, T 843/91).

Darüber hinaus werden in der Praxis der Beschwerdekammern nach dem Prüfungsergebnis, dass die Entscheidung aufzuheben ist, die Beschwerde also im Sinne von Artikel 111 (1) EPÜ "begründet" ist, teilweise auch manche sich ergebende inhaltliche Prüfungspunkte im Rahmen eines Antrags geklärt, also ein Teil der Prüfung selbst durchgeführt, insbesondere auf Neuheit, und dann zurückverwiesen zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit. Selbst eine Prüfung der erfinderischen Tätigkeit auf der Grundlage von bestimmtem, etwa bereits im Verfahren befindlichen Stand der Technik, Zurückverweisung aber zur Ermöglichung einer weiteren Recherche, erfolgt in der Praxis. Siehe z.B. jüngst T 2296/14 (insbesondere Nr. 7.1 und 7.2).

Nach Auffassung der erkennenden Kammer ist diese Praxis von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Es dient der Verfahrensökonomie, wenn von einer Kammer als sachgerecht zu klärend angesehene Fragen von dieser Kammer verbindlich (was aus Artikel 111 (2) EPÜ folgt) beantwortet werden, um eine erneute Beschwerde insoweit auszuschließen. Dieses Ziel der Verfahrensökonomie liegt auch Artikel 11 VOBK 2020 zugrunde, wonach Zurückverweisungen nur ausnahmsweise erfolgen sollen. Nach den Erläuterungen hierzu ist sein "Ziel ... die Wahrscheinlichkeit eines Ping-Pong-Effekts zwischen den Beschwerdekammern und der ersten Instanz sowie die damit einhergehende unangemessene Verzögerung des Gesamtverfahrens vor dem Europäischen Patentamt zu verringern." (siehe die Erläuterungen zu Artikel 11 VOBK im Amtsblatt EPA 2020, Zusatzpublikation 2, Seite 26).

Diese Praxis lässt sich auf Artikel 111 (1), Satz 2, EPÜ insgesamt, d.h. Variante 1 und 2 zusammengenommen, stützen. Denn der Wortlaut dieser Bestimmungen schließt es für die Kammer nicht aus, die Entscheidung über die Beschwerde in eine eigene Prüfung und die Zurückverweisung nach der jeweiligen Thematik aufzuspalten, also wie oben ausgeführt, z.B. in Neuheit und erfinderische Tätigkeit.

Was für die Prüfung der einzelnen Voraussetzungen der Gewährbarkeit eines Antrages gilt, gilt auch für die Prüfung mehrerer Anträge: Die vollständige Prüfung einzelner Anträge und die Zurückverweisung zur Prüfung in Bezug auf einen Hilfsantrag werden von den Kammern ebenfalls praktiziert. Siehe die folgenden Beispiele aus ihrer Entscheidungspraxis:

T 79/89 (ABl. EPA 1992, 283; Auszug aus der amtlichen deutschen Übersetzung)

3. Rechtswirkung der früheren Entscheidung der Beschwerdekammer

Im vorliegenden Fall hat die Kammer den Hauptantrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen und die Sache an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage des Hilfsantrags zurückverwiesen. Unter diesen Umständen kommt Artikel 111 (2) EPÜ zur Anwendung; danach ist das erstinstanzliche Organ "durch die rechtliche Beurteilung der Beschwerdekammer, die der Entscheidung zugrunde gelegt ist, gebunden, soweit der Tatbestand derselbe ist". Die Beschwerdekammer war in ihrer früheren Entscheidung zu der Beurteilung gelangt, daß der Gegenstand des Hauptantrags nicht gewährbar sei, daß aber die Erteilung eines Patents entsprechend dem Hilfsantrag - vorbehaltlich der Prüfung seiner Patentierbarkeit durch die Prüfungsabteilung - möglich erscheine.

T 1630/08

2.3.1 In the appeal T 1206/01 the board decided to remit the case to the first instance "for further prosecution on the basis of the second auxiliary request submitted at the oral proceedings on 23 September 2004."

T 383/11

1.2 ... In point 12 of the reasons for the decision, entitled "Remittal to the first instance for further prosecution", the Board decided to remit the case to the department of first instance for further prosecution, noting in particular that the amendments made according to claim 1 of the third auxiliary request and the attempt to introduce into the proceedings a new document... had created an entirely new situation that had not been considered in the contested [first] decision. It is evident from this reasoning that for the Board the purpose of the remittal was to allow further prosecution on the basis of the new situation that had been instrumental in bringing it about. In other words, the third auxiliary request was to be the basis for the further prosecution, taking due account of the Board's judgement on the issues of Articles 123(2) and 83 EPC.

Art. 111 (1) Satz 2 EPÜ kann demnach in Ergänzung zur obigen Umformulierung so gelesen werden, dass er lautet:

Die Beschwerdekammer wird entweder

- im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat [Variante 1], oder, soweit dies nicht geschieht,

- verweist die Angelegenheit zur weiteren [deleted: Entscheidung] Prüfung und ggf. weiteren Entscheidung auf der Grundlage des Prüfungsergebnisses an dieses Organ zurück [Variante 2].

Nach Alledem ist eine Mischung, d.h. eine Anwendung beider Varianten von Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ, nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Ob im vorliegenden Fall eine Mischung gegeben ist oder ob die Zurückverweisung allein auf Variante 1 gestützt werden kann, wird im folgenden Abschnitt untersucht.

3.4 Zurückverweisung zur Erteilung mit genau bezeichneten Unterlagen: aufgrund einer "Mischung" von Varianten 1 und 2 oder aufgrund von Variante 1 alleine?

3.4.1 Die anwendbare(n) Variante(n)

Die Kammer hat in der Entscheidung T 1891/12 auf Artikel 111 EPÜ nicht Bezug genommen und dementsprechend nicht ausgeführt, ob sie Variante 1 oder 2, oder beide nacheinander (eigene Entscheidung, dann Zurückverweisung zu deren Umsetzung) angewendet hat. Die Beschwerdeführerin vertrat in der mündlichen Verhandlung - wie bereits ausgeführt - den Standpunkt, eine Mischform, d.h. eine Anwendung beider Varianten, sei vom Wortlaut von Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ nicht gedeckt. Wie jedoch oben dargelegt, werden von den Kammern unterschiedliche Mischformen der Varianten 1 und 2 angewendet, im Hinblick auf die Anpassung der Beschreibung, betreffend einzelne Patentierungsvoraussetzungen in Bezug auf einen bestimmten Antrag sowie hinsichtlich der Prüfung mehrerer Anträge, ohne dass diese Mischformen zu beanstanden wären.

Vorliegend hat die Kammer selbst vollumfänglich in der Sache entschieden, aber dann auch zurückverwiesen, und zwar lediglich zur Erteilung, d.h zur Umsetzung der vollumfänglichen Entscheidung. Ersteres lässt sich eindeutig Variante 1, Letzteres der Variante 2 im Hinblick auf die Zurückverweisung zuordnen, nicht jedoch den Zweck der Zurückverweisung, d.h. nach der zutreffenden Lesart "zur weiteren Prüfung und ggf. weiteren Entscheidung auf der Grundlage des Prüfungsergebnisses".

Laut Beschwerdeführerin hingegen ist wegen der Zurückverweisung nur Variante 2 anwendbar; ein Tätigwerden der Kammer nach Variante 1 "im Rahmen der Zuständigkeit" der Prüfungsabteilung hätte die Durchführung der erforderlichen administrativen Maßnahmen, insbesondere den Erlass einer Mitteilung nach Regel 71 (3) EPÜ, durch die Kammer selbst und nicht durch die Prüfungsabteilung vorausgesetzt.

Dem ist nicht zu folgen.

Gegen die Anwendung von Variante 2 durch die Kammer in der fraglichen Entscheidung spricht zunächst, dass die Kammer die Angelegenheit vollumfänglich selber geprüft hat, also im Zuständigkeitsbereich der Prüfungsabteilung tätig gewesen ist. Ebenso geschah es im Fall T 843/91 oben, wo ausdrücklich gesagt wurde, dass das auf der Grundlage von Variante 1 geschehen sei.

Vor allem aber spricht gegen eine Annahme der Anwendung von Variante 2, dass in ihrem Rahmen eine - wie oben (unter Nr. 3.2) gezeigt - weitere Prüfung durchzuführen und ggf. weitere Entscheidung auf der Grundlage des Prüfungsergebnisses zu treffen ist. Ausschließlich dieser Variante ist auch Absatz 2 seinem Wortlaut nach zugeordnet. In der englischen Sprachfassung ist die erste Instanz an die ratio decidendi gebunden ("bound by the ratio decidendi"), also den "die Entscheidung tragende[n] Grund" (siehe T 934/91, Nr. 2 in der amtlichen deutschen Übersetzung). Eine Bindung an die so verstandene ratio decidendi kommt in Fällen mit vollständiger Entscheidungsformel wie dem vorliegenden nicht in Betracht. Denn eine derartige Bindung an den tragenden Grund der Entscheidung der Kammer ist nur dann von Belang, wenn der Prüfungsabteilung noch Spielraum zur weiteren Prüfung i.S.v. Art. 111 (1), Satz 2, Variante 2 i.V.m. Absatz 2 verbleibt.

Keine andere Beurteilung folgt aus der deutschen oder französischen Sprachfassung:

- durch die rechtliche Beurteilung der Beschwerdekammer, die der Entscheidung zugrunde gelegt ist, gebunden

- liée par les motifs et le dispositif de la décision

Auch diese Sprachfassungen belegen, dass Variante 2 nicht den Fall einer vollständigen Umsetzung der Entscheidungsformel durch das Organ der ersten Instanz meint. Die deutsche und englische Fassung stellen nur, die französische auch, auf den Grund oder die Gründe für die Entscheidung ab. Das gibt nur einen Sinn, wenn die erste Instanz noch etwas zu prüfen und - nach dieser Prüfung auf deren Grundlage - zu entscheiden hat.

Eine weitere Prüfung und ggf. Entscheidung nach Variante 2 wäre trotz der Anordnung der Kammer der Erteilung mit vollständigen Unterlagen nur dann möglich, wenn sich der Sachverhalt, über den die Kammer entschieden hat, nach Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung im weiteren Verfahren vor ihr noch einmal ändern könnte. Das wäre dann der Fall, wenn - wovon die Beschwerdeführerin ausgeht - nach Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung der Anmelder gemäß Regel 71 (6) EPÜ noch Änderungen einreichen (oder an der letzten von ihm vorgelegten Fassung festhalten) könnte, wie dies der Wortlaut der Bestimmung besagt. Der Anwendung insoweit von Regel 71 (6) EPÜ steht aber die Rechtskraft der Entscheidung der Beschwerdekammer entgegen, die es bei einem Erteilungsvorschlag durch die Prüfungsabteilung nicht gibt. Betreffend die ebenfalls vorgesehenen Anträge auf Berichtigung bleibt Regel 71 (6) EPÜ anwendbar, da Berichtigungen begrifflich den Inhalt der Fassung des Patents nicht ändern können.

Die Rechtskraft steht der Einreichung von Änderungen nach Regel 71 (6) EPÜ aufgrund der folgenden Erwägungen entgegen: Nachdem die ratio decidendi einer Entscheidung nach Variante 2 i.V.m. Artikel 111 (2) EPÜ zur weiteren Prüfung und ggf. Entscheidung auf der Grundlage des Prüfungsergebnisses Bindungswirkung entfaltet, soweit der Sachverhalt identisch ist, muss daraus gefolgert werden, dass eine Entscheidung nach Variante 1 mit vollumfänglicher Prüfung, dergestalt dass der Prüfungsabteilung nichts zu prüfen übrig bleibt, in vollem Umfang Bindungswirkung entfaltet. Sie erwächst also in vollem Umfang inhaltlich in Rechtskraft, was auch als "materielle" Rechtskraft bezeichnet werden kann. Das ist eine Ausprägung des Grundsatzes der Rechtskraft im EPÜ, die aus Artikel 111 (2) EPÜ für Variante 1 gefolgert werden kann, auch wenn Artikel 111 (2) EPÜ auf diese Variante seinem Wortlaut nach nicht anwendbar ist. Wenn "Teilentscheidungen" (d.h. rechtliche Beurteilungen der Kammer) nach Variante 2 (bei unverändertem Tatbestand) Bindungswirkung entfalten, d.h. rechtskräftig werden, so müssen vollständige Entscheidungen nach Variante 1 vollständig rechtskräftig werden. Weitergehende, allgemeine Ausführungen zum Umfang des Begriffs der materiellen Rechtskraft sind im Rahmen der vorliegenden Entscheidung nicht erforderlich.

Die Tatsache, dass das Patent erst später, nach Durchführung der in Regel 71 EPÜ im Einzelnen genannten administrativen Maßnahmen, ggf. erteilt werden kann (siehe dazu unten, Nr. 3.5), ist für die Frage der Rechtskraft der Entscheidung der Kammer, die mit deren Ergehen eingetreten ist, irrelevant. Die Entscheidung der Kammer und die mögliche spätere Entscheidung über die Patentanmeldung (gemäß Artikel 97 EPÜ Erteilungsbeschluss oder Zurückweisung) sind voneinander getrennt zu sehen. Siehe hierzu die entsprechenden Erwägungen in der oben (unter Nr. 3.2 a.E.) auszugsweise zitierten Entscheidung des BGH (unter Nr. 18-19) zum Fall der Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur Aufrechterhaltung eines Patent in geändertem Umfang.

Der Vorrang von Artikel 111 EPÜ in der obigen Auslegung gegenüber Regel 71 (6) EPÜ in Bezug auf Änderungen ergibt sich aus dem EPÜ. Artikel 164 (2) EPÜ bestimmt ausdrücklich:

Bei mangelnder Übereinstimmung zwischen Vorschriften des Übereinkommens und Vorschriften der Ausführungsordnung gehen die Vorschriften des Übereinkommens vor.

Daraus folgt auch, dass Regel 100 (1) EPÜ, nach dessen Wortlaut Regel 71 (6) EPÜ betreffend Änderungen anwendbar wäre, im Einklang mit Artikel 111 EPÜ einschränkend - und diese Anwendbarkeit ausschließend - auszulegen ist. Nach dieser Bestimmung gilt (die entsprechende Regel 66 (1) EPÜ 1973 unterscheidet sich hiervon in der Hervorhebung bzw. Streichung):

Die Vorschriften für das Verfahren vor dem Organ [deleted: der Stelle], das die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung erlassen hat, sind im Beschwerdeverfahren [deleted: entsprechend] anzuwenden, sofern nichts anderes bestimmt ist.

Diese Bestimmung ist so zu verstehen, dass auch "sofern nichts anderes bestimmt ist", d.h. in Rechtsvorschriften ausdrücklich angeordnet wird, nur diejenigen Vorschriften der Ausführungsordnung Anwendung im Beschwerdeverfahren finden können, welche höherrangigem Recht nicht widersprechen. Das gilt ungeachtet dessen, dass in Regel 100 (1) EPÜ, anders als in Regel 66 (1) EPÜ 1973 die Einschränkung, wonach die Vorschriften "entsprechend", in der englischen Fassung "mutatis mutandis", anwendbar sind, nicht mehr vorhanden ist. Diese Einschränkung fand in der französischen Sprachfassung der Regel des EPÜ 1973 keine Entsprechung.

In der Begründung der Änderung (siehe ABl. EPA, Sonderausgabe Nr. 1 ABl. EPA 2003, 159, 194 (unten)) heißt es zu Regeln 100 - 102 lediglich: "Die Regeln 100 bis 102 werden gestrafft und in ihrem Wortlaut an den Stil des EPÜ 2000 angepaßt." In der englischen Fassung entspricht dem Begriff "gestrafft" "streamlined", in der französischen "simplifié". Eine weitere Begründung betreffend Regel 100 wurde nicht gegeben.

Diese Begründung ist für Regel 100 unergiebig. Sie könnte dahingehend verstanden werden, dass die Streichung der Wörter "entsprechend" bzw. "mutatis mutandis" lediglich redaktioneller Natur war, da diese ohnehin schon im EPÜ 1973 keine inhaltliche Bedeutung hatten und deswegen überflüssig waren. Oder umgekehrt, dass es ohnehin selbstverständlich ist, dass die Vorschriften nur entsprechend Anwendung finden und deshalb kein ausdrücklicher Hinweis in der Rechtsvorschrift erforderlich ist.

Auf diese Frage kommt es im Hinblick auf das oben dargestellte Rangverhältnis zwischen dem EPÜ und seiner Ausführungsordnung aber ohnehin nicht an. Daher ist auch die Stützung der Nichtanwendung der seinerzeit relevanten Rechtsvorschrift der Regel 51 (4) EPÜ 1973 in der Fassung vor 1. Juli 2002 auf Regel 66 (1) EPÜ, wonach diese "nur entsprechend anzuwenden" sei in J 8/98 (Nr. 2.2), zumindest unvollständig, da sie ohnehin aus dem Rangverhältnis EPÜ - Ausführungsordnung folgt.

Aus entsprechenden Erwägungen kann wegen des Rangverhältnisses der betreffenden Vorschriften auch der Umstand, dass die administrativen Aufgaben betreffend die Patenterteilung nach Zurückverweisung zu diesem Zweck dem Formalprüfer übertragen sind:

Im Rahmen der Zuständigkeit der Prüfungsabteilungen des EPA werden auch Bedienstete, die keine technisch vorgebildeten oder rechtskundigen Prüfer sind (Formalsachbearbeiter), mit der Wahrnehmung folgender Geschäfte der Prüfungsabteilungen betraut:

9. Prüfung und Mitteilungen nach Regel 71 (3), (6) bis (9) EPÜ; Erlass der Entscheidung, durch die das europäische Patent erteilt wird (Regel 71 (11) EPÜ).

(siehe Artikel 1 Nr. 9 des Beschlusses der Präsidentin des Europäischen Patentamts vom 12. Juli 2007 über die Wahrnehmung einzelner den Prüfungs- oder Einspruchsabteilungen obliegender Geschäfte durch Bedienstete, die keine Prüfer sind, Sonderausgabe Nr. 3/2007 ABl. EPA, F.2, S. 106, 107)

keinen Einfluss auf die Beurteilung der Bindungswirkung der Entscheidung der Beschwerdekammer haben.

Nach Alledem ist einem Kernargument der Beschwerdeführerin der Boden entzogen, wonach die Berechtigung der Kammer, abschließend zu entscheiden, festgestellt werden müsse und es an dieser wegen des Zusammenspiels von Regel 71 (3) und (6) EPÜ fehle, d.h. wegen der Möglichkeit von Änderungen oder Berichtigungen der ihm mitgeteilten Patentfassung nach Regel 71 (6) EPÜ die Voraussetzungen für eine endgültige Entscheidung noch nicht vorlägen. Die oben (unter Nr. XII) wiedergegebene Position der Beschwerdeführerin, wonach das dem Anmelder durch Regel 71 (6) EPÜ eingeräumte Recht nicht allein dadurch, dass zuvor die Beschwerdekammer mit der Anmeldung befasst gewesen sei, aufgehoben werden könne, ist - mangels Bestehens dieses Rechts in Fällen wie dem vorliegenden - gegenstandslos.

Nur der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass die vorstehenden Erwägungen unabhängig davon sind, ob die Prüfungsabteilung oder - was in der Praxis nicht vorkommt - die Beschwerdekammer eine Mitteilung nach Regel 71 (3) EPÜ absetzt und die weiteren Verfahrensschritte bis zur möglichen Erteilung selbst durchführt. Nach Meinung der Beschwerdeführerin wäre nur im Fall der Durchführung all dieser Maßnahmen durch die Beschwerdekammer Variante 1 von Regel 111 (1), Satz 2, EPÜ zuzuordnen, d.h. würde die Beschwerdekammer im Rahmen der Zuständigkeit der Prüfungsabteilung tätig. Würde sie derart tätig, würde sich dann aber auch konsequenterweise die Frage nach der Anwendbarkeit von Regel 71 (6) EPÜ hinsichtlich von Änderungen stellen. Diese wäre aber zu verneinen, weil die Beschwerdekammer dann an ihre eigene Entscheidung gebunden wäre.

3.4.2 Rechtsgrundlage für die Zurückverweisung

Gleiches gilt für ein weiteres Kernargument, nämlich die Anwendbarkeit von Variante 2, welche alleine die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Prüfungsabteilung ausdrücklich beinhalte.

Denn die Rechtsgrundlage, auf welche die Zurückverweisung gestützt werden kann, ist Variante 1, auch wenn dort die Zurückverweisung nicht erwähnt ist. Man muss nämlich aus Variante 2 (neben der vorstehenden Folgerung betreffend die vollständige Bindungswirkung einer vollständigen Entscheidung) die (weitere) Folgerung ziehen, dass dann, wenn eine Zurückverweisung zur weiteren Prüfung (und ggf. weiteren Entscheidung auf der Grundlage des Prüfungsergebnisses) erfolgen kann, das erst recht gilt, wenn eine Zurückverweisung lediglich zur Durchführung administrativer Maßnahmen zur Umsetzung einer vollumfänglichen Entscheidung nach Variante 1 ausgesprochen wird, die ggf. in einen Erteilungsbeschluss nach Artikel 97 (1) i.V.m. Regel 71a (1) EPÜ mündet. Der Erteilungsbeschluss beendet unabhängig davon, ob Variante 1 oder 2 von Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ gegeben ist, im Falle der Gewährbarkeit einer Patentfassung stets das Prüfungsverfahren. Nach Alledem ist eine Zurückverweisung zur Umsetzung einer vollumfänglichen Entscheidung nach Variante 1 keine Zurückverweisung im Sinne von Variante 2, die zusätzlich zu Variante 1 Anwendung finden würde, sondern eine Zurückverweisung ausschließlich nach Variante 1.

Dieses Ergebnis stimmt mit den Erläuterungen zu Artikel 11 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) 2020 überein. Da auch diese Bestimmung dem EPÜ gegenüber nachrangig ist, kann sie dieses Ergebnis allerdings nur bestätigen. Artikel 11 lautet:

Eine Kammer verweist die Angelegenheit nur dann zur weiteren Entscheidung an das Organ zurück, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wenn besondere Gründe dafür sprechen.

In den Erläuterungen hierzu heißt es:

Der vorgeschlagene neue Artikel 11 ist nur anzuwenden, wenn eine Zurückverweisung "zur weiteren Entscheidung" erfolgt. Nicht erfasst sind insbesondere Fälle, in denen die Kammer die Angelegenheit mit der Anordnung zurückverweist, ein Patent zu erteilen oder ein Patent in geänderter Fassung aufrechtzuerhalten, sei es mit oder ohne Anpassung der Beschreibung.

Aus diesen Erläuterungen alleine könnte - ohne die obige Auslegung von Artikel 111 EPÜ - nicht gefolgert werden, dass eine Zurückverweisung mit umfassender Entscheidungsformel nicht unmittelbar unter die Variante 2 zugeordnete Bestimmung von Artikel 111 (2) EPÜ fällt. Die Frage ist aber im Hinblick auf die obige Auslegung von Artikel 111 EPÜ gegenstandslos, da die Erläuterungen hiermit übereinstimmen, soweit die Zurückverweisung zur Erteilung mit vollständigen Unterlagen, also nicht zur Erteilung und Anpassung der Beschreibung, erfolgt.

Nur der Vollständigkeit halber sei zu dem hier nicht gegebenen Fall einer Zurückverweisung zur Erteilung mit einem von der Kammer festgelegten Anspruchssatz, aber zur noch erforderlichen Anpassung der Beschreibung, Folgendes bemerkt: Die Passage in den Erläuterungen: "sei es mit oder ohne Anpassung der Beschreibung" ist zumindest irreführend. Denn liegt die Anpassung der Beschreibung in der Verantwortung der ersten Instanz, so trifft sie diesbezüglich eine Entscheidung. Eine Zurückverweisung erfolgt demnach insoweit nach Variante 2 - und für die Ansprüche nach Variante 1. Das wird von der oben (unter Nr. 3.2) zitierten Entscheidung im Fall T 843/91 (siehe das dortige Zitat) bestätigt.

3.5 Konsequenzen

Eine Zurückverweisung mit der Anordnung an die Prüfungsabteilung zur Erteilung eines Patents in einer konkreten Fassung, d.h. mit genau bezeichneten Unterlagen - wie im Fall der Entscheidung T 1891/12 -, ergeht aufgrund von Variante 1 von Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ. Damit wird die Prüfungsabteilung angewiesen, eine Mitteilung nach Regel 71 (3) EPÜ abzusetzen. Darin teilt die Prüfungsabteilung dem Anmelder mit, dass sie ein Patent in der in der Entscheidungsformel der Entscheidung der Beschwerdekammer genannten Fassung zu erteilen beabsichtigt (zusammen mit den zugehörigen bibliografischen Daten). Des Weiteren fordert sie darin den Anmelder auf, innerhalb einer Frist von vier Monaten die Erteilungs- und Veröffentlichungsgebühr zu entrichten sowie eine Übersetzung der Patentansprüche in den beiden Amtssprachen des Europäischen Patentamts einzureichen, die nicht die Verfahrenssprache sind (so im Einzelnen Regel 71 (3) EPÜ). Abhängig von der Reaktion des Anmelders hierauf bestimmen sich die Rechtsfolgen entweder nach Regel 71 Absatz 5 oder Absatz 7 EPÜ.

Regel 71 (5) EPÜ besagt:

Wenn der Anmelder innerhalb der Frist nach Absatz 3 die Gebühren nach Absatz 3 (und gegebenenfalls Absatz 4) entrichtet und die Übersetzungen nach Absatz 3 einreicht, gilt dies als Einverständnis mit der ihm nach Absatz 3 mitgeteilten Fassung und als Beleg für die Verifizierung der bibliografischen Daten.

Damit korrespondiert Regel 71a EPÜ, die mit "Abschluss des Erteilungsverfahrens" überschrieben ist und in ihrem Absatz 1 bestimmt:

Die Entscheidung über die Erteilung des europäischen Patents ergeht, wenn alle Gebühren entrichtet sind, eine Übersetzung der Patentansprüche in den beiden Amtssprachen des Europäischen Patentamts eingereicht ist, die nicht die Verfahrenssprache sind, und Einverständnis mit der für die Erteilung vorgesehenen Fassung besteht. In der Entscheidung ist die ihr zugrunde liegende Fassung der europäischen Patentanmeldung anzugeben.

Eine Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung zur Erteilung mit genau bezeichneten Unterlagen nach Variante 1 widerspricht nach dem Vorgesagten nicht Artikel 111 EPÜ, weil nach Absetzung der Mitteilung nach Regel 71 (3) EPÜ - bei Erfüllung der dort genannten Voraussetzungen - eine nur in Variante 2 genannte "weitere Entscheidung" der Prüfungsabteilung, nämlich der Erteilungsbeschluss nach Regel 71a (1) EPÜ steht. Denn diese Entscheidung ist inhaltlich keine eigene Entscheidung der Prüfungsabteilung, sondern setzt lediglich die Entscheidung der Beschwerdekammer (im Grundsatz) identisch um.

Die Alternative zu Regel 71 (5) EPÜ ist (abgesehen von begründeten Anträgen auf Berichtigungen, nicht Änderungen, nach Regel 71 (6) EPÜ) die Regel 71 (7) EPÜ:

Werden die Erteilungs- und Veröffentlichungsgebühr oder die Anspruchsgebühren nicht rechtzeitig entrichtet oder die Übersetzungen nicht rechtzeitig eingereicht, so gilt die europäische Patentanmeldung als zurückgenommen.

Die Patentanmeldung gilt nach Auffassung der Kammer auch dann gemäß Regel 71 (7) EPÜ als zurückgenommen, wenn der Anmelder - ohne die in Regel 71 (3) EPÜ geforderten Handlungen vorzunehmen - innerhalb der Frist von Regel 71 (3) EPÜ gemäß Regel 71 (6) EPÜ dessen nicht anwendbarem Wortlaut entsprechend begründete Änderungen beantragt (oder an der letzten von ihm vorgelegten Fassung festhält). Denn ein solcher Antrag ist mangels diesbezüglicher Anwendbarkeit von Regel 71 (6) EPÜ als unzulässig einzustufen. Eine Zulassung zum Verfahren würde der - im Hinblick auf den in Artikel 111 (2) EPÜ verankerten Grundsatz - bindenden Entscheidungsformel widersprechen. Da eine Zulassung nicht möglich ist, hat die Prüfungsabteilung auch keine Entscheidung nach Regel 137 (3) EPÜ zu treffen, wonach "Weitere Änderungen ... nur mit Zustimmung der Prüfungsabteilung vorgenommen werden [können]". Da eine Zustimmung von vornherein ausgeschlossen ist, hat die Prüfungsabteilung keine Möglichkeit, das ihr von dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen auszuüben, auch nicht in dem Sinne, dass sie wegen einer angenommenen "Ermessensreduzierung auf Null", also einer allein möglichen und zulässigen Ausübung des Ermessens (so zum Begriff T 700/15, Nr. 48), die Zulassung von Änderungen (oder der zuletzt vorgelegten Fassung) verweigert. Eine derartige Ermessensreduzierung käme nur dann in Betracht, wenn von mehreren denkbaren Entscheidungen nur die Ablehnung der Zulassung zum Verfahren in Frage käme. Wegen der Rechtskraft der Entscheidung der Beschwerdekammer kommt aber gar keine auf eigene Erwägungen der Prüfungsabteilung gestützte Entscheidung über die Zulassung zum Verfahren in Frage.

In der angefochtenen Entscheidung hat die Prüfungsabteilung demgegenüber die Zulassung nach Regel 137 (3) geprüft und dabei zutreffend angenommen, dass die in der Entscheidungsformel genau bezeichneten Unterlagen nicht mehr angetastet werden könnten. Daher hat sie den geänderten Anspruchssatz nicht zugelassen. Sie ist also von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen und nicht von der dieser vorgelagerten Unzulässigkeit der Änderungen und dementsprechend auch nicht von der Rücknahmefiktion der Regel 71 (7) EPÜ.

Nach Kenntnis der Kammer ist ihre obige Rechtsauffassung bisher nicht ausdrücklich in der Rechtsprechung der Kammern zum Ausdruck gebracht worden. Daher kann man der Beschwerdeführerin die berechtigte Erwartung zubilligen, dass die Rücknahmefiktion bei Einreichung von Änderungen innerhalb der Frist von Regel 71 (3) EPÜ nicht greift und die beantragten Änderungen auf ihre Zulassung hin geprüft werden.

Im Ergebnis ist die Anmeldung daher weiterhin existent und entsprechend der angefochtenen Entscheidung der Antrag als nicht nach Regel 137 (3) EPÜ zum Verfahren zugelassen anzusehen.

3.6 Befassung der Großen Beschwerdekammer mit einer Frage

Die Frage, welche rechtliche Bedeutung eine Entscheidung einer Beschwerdekammer, mit welcher das Patent zur Erteilung in einer bestimmten Fassung an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen wird, zukommt, erscheint der Beschwerdeführerin von grundlegender Bedeutung. Sie regte daher in der mündlichen Verhandlung an, dass die Kammer diese Frage, sofern sie es für sachdienlich erachten sollte, der Großen Beschwerdekammer vorlege. In der Stellungnahme im Nachgang zur mündlichen Verhandlung (Punkt 9, Seite 9) meinte sie, eine Vorlagefrage könnte beispielsweise wie folgt lauten:

Hat eine Entscheidung einer Beschwerdekammer, mit welcher eine Patentanmeldung an die Prüfungsabteilung zur Erteilung in einer spezifisch festgelegten Fassung zurückverwiesen wird, die Folge, dass diese Fassung im Verfahren vor dem EPA auch auf Antrag des Anmelders nicht mehr geändert werden kann [Frage 1], oder ist die Prüfungsabteilung nach einer solchen Zurückverweisung berechtigt, über vom Anmelder nach Regel 71 (6) EPÜ eingereichte begründete Änderungen oder Berichtigungen zu entscheiden [Frage 2]?

Aus Sicht der erkennenden Beschwerdekammer ist eine Befassung der Großen Beschwerdekammer mit dieser Frage nicht im Sinne von Artikel 112 (1) a) EPÜ erforderlich - und damit auch nicht "sachdienlich". Denn die Antworten auf die hier so bezeichneten Fragen 1 und 2 ergeben sich - wie oben ausführlich dargelegt - eindeutig aus dem EPÜ (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 9. Auflage 2019, V.B.2.3.7), insbesondere dessen Artikel 111. Der Anregung der Beschwerdeführerin, die Frage vorzulegen, falls die Kammer dies als sachdienlich befände, wird damit keine Folge geleistet. Die Antworten lauten zusammengefasst:

Frage 1: Ja, eine Entscheidung einer Beschwerdekammer, mit welcher eine Patentanmeldung an die Prüfungsabteilung zur Erteilung in einer spezifisch festgelegten Fassung zurückverwiesen wird, hat die Folge, dass diese Fassung im Verfahren vor dem EPA auch auf Antrag des Anmelders nicht mehr geändert werden kann. Das folgt - wie oben erörtert - aus dem Rechtsgedanken des Artikel 111 (2) EPÜ. Nach dieser Vorschrift kommt einer Entscheidung über Einzelfragen - bei gleichem Sachverhalt - bindende Wirkung zu. Daraus folgt, dass eine Erteilungsentscheidung mit genau bestimmten Unterlagen in vollem Umfang bindet. Die Befugnis der Kammer zur Zurückverweisung zur Erteilung ergibt sich bei einer derartigen Entscheidung ebenfalls aus dem Rechtsgedanken von Artikel 111 (2) EPÜ. Wenn nach dieser Bestimmung eine Zurückverweisung zur weiteren Prüfung möglich ist, dann muss eine Zurückverweisung erst recht zur bloßen Erteilung nach Durchführung der erforderlichen administrativen Maßnahmen möglich sein.

Frage 2: Ist die Prüfungsabteilung nach einer solchen Zurückverweisung berechtigt, über vom Anmelder nach Regel 71 (6) EPÜ eingereichte begründete Änderungen oder Berichtigungen zu entscheiden. Die Antwort lautet: nein. Das folgt aus der Bejahung von Frage 1.

3.7 Notwendigkeit der Einreichung einer Teilanmeldung ("Interessenlage" der Beschwerdeführerin)

Der Hinweis auf die Interessenlage der Beschwerdeführerin ist für das vorliegende Verfahren irrelevant. Das gilt für die von ihr in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer als empfunden mitgeteilte Notwendigkeit, bei Zurückweisung des vorliegenden Hauptantrags eine Teilanmeldung mit erheblichen Kostenfolgen einreichen zu müssen. Denn Stammanmeldung und Teilanmeldung stellen eigenständige Anmeldungen dar, die rechtlich lediglich über Artikel 76 EPÜ miteinander verknüpft sind. Wirtschaftliche Verknüpfungen der geltend gemachten Art sind rechtlich irrelevant.

Zu den in der Beschwerdebegründung (unter Nr. 6) geltend gemachten Nachteilen der Anmelderin und auch der Öffentlichkeit im Falle der Erteilung eines Patents mit einem im Hinblick auf Klarheit und Bestandskraft zumindest potentiell problematischem Wortlaut ist lediglich auszuführen: Das sind die ggf. hinzunehmenden Konsequenzen einer rechtskräftigen Entscheidung der Beschwerdekammer.

4. Ergebnis betreffend den Hauptantrag

Nach Alledem wurde aufgrund von Variante 1 eine Entscheidung mit Bezeichnung aller Unterlagen für die Erteilung eines Patents getroffen und die Angelegenheit zu deren Umsetzung zurückverwiesen. Die Entscheidung ist inhaltlich bindend (erwächst in materielle Rechtskraft), was aus dem in Artikel 111 (2) EPÜ verankerten Rechtsgrundsatz zu folgern ist. Sie bindet demnach die Prüfungsabteilung, die keine abweichende Entscheidung treffen kann (abgesehen von Berichtigungen (Fehlerkorrektur) nach Regel 71 (6) EPÜ, die vorliegend nicht geltend gemacht wurde). Aus Artikel 111 (2) EPÜ ist ebenfalls zu folgern, dass die Kammer die Angelegenheit, die sie nach Variante 1 selbst entschieden hat, allein zur Erteilung aufgrund der bindenden Entscheidungsformel zurückverwiesen hat.

Damit war die Prüfungsabteilung daran gehindert, ein Patent mit anderen Unterlagen als den in der Entscheidungsformel bezeichneten zu erteilen. Die Erteilung hing davon ab, dass die Beschwerdeführerin die formalen Voraussetzungen erfüllte. Zu diesen gehören die Entrichtung der Erteilungs- und Veröffentlichungsgebühr sowie die Einreichung einer Übersetzung der Patentansprüche (Regel 71 (3) Satz 2 EPÜ). Dem ist die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen und hat vielmehr einen geänderten Antrag nach Regel 71 (6) eingereicht.

Die Prüfungsabteilung hat den geänderten Antrag im Ergebnis zu Recht nicht zum Verfahren zugelassen, da sie der Auffassung war, dass sie wegen der bindenden Entscheidungsformel über kein Ermessen gemäß Regel 137 (3) EPÜ für die Durchführung des in Regel 71 (6) EPÜ vorgeschriebenen Verfahrens, d.h. dem Erlass einer neuen Mitteilung nach Regel 71 (3) oder der Wiederaufnahme des Prüfungsverfahrens, verfügte (also von einer "Ermessensreduzierung auf Null" ausging). Da jedoch Regel 71 (6) EPÜ vorliegend nicht anwendbar ist, hätte sie den Antrag - mangels Durchführung der in Regel 71 (3) EPÜ genannten Handlungen - von vornherein als unzulässig zurückweisen müssen. Die Rechtsfolge von Regel 71 (7) EPÜ, d.h. die Fiktion der Rücknahme, trat nach Auffassung der Kammer wegen des der Beschwerdeführerin zuzubilligenden Vertrauens auf die Möglichkeit einer Überprüfung einer Ablehnung der Zulassung nach Regel 71 (6) EPÜ nicht ein.

Als Konsequenz der vorstehenden Beurteilung gehen die Ausführungen zur Frage der Patentierbarkeit des Gegenstands der neuen Ansprüche unter Nr. 5 der Beschwerdebegründung ins Leere.

Hilfsantrag: Fassung des Druckexemplars

[Zitat aus Ladungsbescheid]

5. [6.] Der Hilfsantrag hat die Erteilung eines Patents in der Fassung des Druckexemplars, d.h. der Erteilungsunterlagen, die der Beschwerdeführerin mit der Mitteilung gemäß Regel 71 (3) EPÜ vom 03.11.2017 übermittelt wurden, zum Gegenstand. Die Beschwerdeführerin meint, mit ihrer Zustimmung zu der Fassung, in der die Prüfungsabteilung das Patent zu erteilen "beabsichtige", sei dem Zurückweisungsbeschluss die Grundlage entzogen. Er sei aufzuheben und die Anmeldung zur Erteilung in der Fassung des Druckexemplars "zurückzu[ver]weisen".

Die Kammer bemerkt hierzu, dass sie nach Artikel 12 (4) VOBK 2007 über die Befugnis verfügt, u.A. Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren - hier also auf die Mitteilung der Prüfungsabteilung gemäß Regel 71 (3) EPÜ vom 3. November 2017 hin hätten vorgebracht werden können (vgl. zu früherem Recht die Entscheidung im Fall T 79/89 vom 9. Juli 1990, ABI. EPA 1992, 283, Nr. 5).

[Ende des Zitats aus dem Ladungsbescheid.]

Die Kammer macht von dieser Befugnis im vorliegenden Fall keinen Gebrauch und berücksichtigt den Hilfsantrag. Die Beschwerdeführerin hat auf rechtliche Gesichtspunkte aufmerksam gemacht, die in der bisherigen Rechtsprechung nicht oder nicht umfassend behandelt worden sind.

Sie war daher berechtigt, mit ihrem Vorgehen die Behandlung der und Entscheidung über diese Rechtsfragen herbeizuführen. Vom Eingreifen der Rücknahmefiktion nach Regel 71 (7) EPÜ musste sie nicht ausgehen (siehe oben, Nr. 3.5 a.E.).

Da der vorliegende Hilfsantrag mit dem einzigen Antrag, welcher der stattgebenden Entscheidung der Kammer im Fall T 1891/12 vom 10. Juli 2017 zugrunde lag, identisch ist, und die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben kann, ist vorliegend eine Entscheidung mit der Entscheidungsformel, die mit derjenigen der letztgenannten Entscheidung identisch ist, zu treffen. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Angelegenheit zur Erteilung eines Patents gemäß der Entscheidungsformel der Entscheidung T 1891/12 vom 10. Juli 2017 an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Rückzahlungsantrag

6. Dieser Antrag gemäß Regel 103 (1) a) EPÜ ist bereits mangels Erfolg der Beschwerde im Hauptantrag, dessentwegen alleine Beschwerde eingelegt worden war, zurückzuweisen. Im Übrigen folgt dieses Ergebnis auch aus nachfolgenden Erwägungen der Kammer im Ladungsbescheid:

5. Schließlich ist der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen schweren Verfahrensfehlers offensichtlich unbegründet. Denn der Ermessensnichtgebrauch durch die Prüfungsabteilung, in welchem die Beschwerdeführerin einen schweren Verfahrensfehler erblickt, war - wie bereits ausgeführt - mangels eigenen Ermessensspielraums [im Ergebnis] sachgerecht. Die Prüfungsabteilung hat zutreffend erkannt, dass die Entscheidungsformel zur Folge hat, dass die Unterlagen, d.h. Beschreibung, Ansprüche, Zeichnungen, res iudicata sind und nicht mehr angetastet werden können. ...

Die Tatsache, dass die Prüfungsabteilung von einer Ermessensreduzierung auf Null im Rahmen einer Zulassungsentscheidung nach Regel 137 (3) EPÜ ausgegangen ist, und nicht von einer Unzulässigkeit der begründeten Änderungen, ist im vorliegenden Fall - wie ausgeführt (oben, Nr. 3.5 a.E.) - unschädlich. Nach Kenntnis der Kammer ist ihre Rechtsauffassung bisher nicht ausdrücklich in der Rechtsprechung der Kammern zum Ausdruck gebracht worden. Die Frage, ob es sich vorliegend bei der Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null überhaupt um einen eigenständigen Verfahrensfehler handeln könnte oder nicht vielmehr ggf. ein materieller Fehler vorliegen würde (siehe oben, Nr. XIII), kann im Übrigen offen bleiben.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Ansprüche:

Nr. 1 - 12 gemäß Hauptantrag (von 14:40 Uhr), eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2017,

Beschreibung:

Seiten 1 - 11 der Reinschrift, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2017,

Zeichnungen:

Blatt 1/7 bis 7/7 in der ursprünglichen Fassung.

3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

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