Key points:
- In this examination appeal for a divisional application, the applicant wishes grant with the divisional with exactly the same claims as for the parent, however, with a different description.
- The Board refuses this, based on the prohibition on double patenting. The Board confirms that such prohibition exists, based on Article 125 EPC, citing T 2461/10 and the Travaux Préparatoires (M/PR/I, Punkt 665).
- The Board also decides that what is relevant, is the subject-matter of the claims, not so much the scope of protection.
EPO T 2563/11 -
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Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag - Verbot der Doppelpatentierung
2.1 Die unabhängigen Ansprüche 1 und 16 des Hauptantrags sind identisch mit den auf Basis der Stammanmeldung erteilten Ansprüchen 1 und 10 des Stammpatents.
2.2 Da die von den Anmelderinnen der Stammanmeldung in zulässiger Weise eingereichte Teilanmeldung gemäß Artikel 76 (1) EPÜ kraft Gesetzes den Zeitrang der Stammanmeldung erhält, und auch dieselben Staatenbenennungen vorliegen, stellt sich vorliegend die Frage der Doppelpatentierung.
Existenz des Verbots der Doppelpatentierung
2.3 Obwohl das EPÜ kein ausdrückliches Verbot der Doppelpatentierung im Verhältnis zweier oder mehrerer europäischer Anmeldungen mit gleichem Zeitrang desselben Anmelders für dieselben Vertragsstaaten enthält, ist es ständige Praxis des EPA, Anmeldungen in einem solchen Fall mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückzuweisen. Diese Praxis wurde auch von der Großen Beschwerdekammer in zwei gleichlautenden obiter dicta in den Entscheidungen G 1/05 (ABl. EPA 2008, 271) und G 1/06 (ABl. EPA 2008, 307), die sich mit mehreren Rechtsfragen in Bezug auf Teilanmeldungen befassten, bestätigt:
"13.4 Die Kammer erkennt an, dass der Grundsatz des Doppelschutzverbots darauf basiert, dass der Anmelder kein legitimes Interesse an einem Verfahren hat, das zur Erteilung eines zweiten Patents für denselben Gegenstand führt, für den er bereits ein Patent besitzt. Die Große Beschwerdekammer hat daher nichts gegen die ständige Praxis des EPA einzuwenden, Änderungen in Teilanmeldungen zu beanstanden und zurückzuweisen, wenn in der geänderten Teilanmeldung derselbe Gegenstand beansprucht wird wie in einer anhängigen Stammanmeldung oder einem erteilten Stammpatent."
Die Kammer bemerkt in diesem Zusammenhang, dass im obigen Auszug aus der im Amtsblatt veröffentlichten Übersetzung der Entscheidung G 1/05 der Ausdruck "Doppelschutzverbot" für den in der Verfahrenssprache aufscheinenden Ausdruck "prohibition of double patenting" verwendet wurde. Da der deutsche Begriff möglicherweise Unschärfen im Hinblick auf die Reichweite des Verbots beinhaltet, verwendet die Kammer vorliegend eine Bezeichnung, die eindeutiger einen Zusammenhang zur Erteilung herstellt ("Doppelpatentierungsverbot").
2.4 Betreffend die Verankerung des Verbots der Doppelpatentierung im EPÜ ist die Kammer der Ansicht, dass die Rechtfertigung dieses Verbots im Fehlen eines "legitimen Interesses" des Anmelders, also eines Rechtsschutzbedürfnisses zu sehen ist, das wiederum als allgemeine Verfahrensvoraussetzung in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern anerkannt ist und zu den in den Vertragsstaaten im Allgemeinen anerkannten Grundsätzen des Verfahrensrechts im Sinne von Artikel 125 EPÜ gehört. In dieser Hinsicht schließt sich die Kammer den Ausführungen der Entscheidung T 2461/10 an, worin insbesondere auch dargestellt wurde, dass dies im Einklang mit der Gesetzgebungsgeschichte des EPÜ steht (siehe T 2461/10, Punkt 7 ff. der Gründe m.w.N.). Von den dort genannten Auszügen sei insbesondere auf den Sitzungsbericht des Hauptausschusses I hingewiesen (Dok. M/PR/I, Punkt 665; http://webserv.epo.org/projects/babylon/tpepc73.nsf/0/E804624F09369216C1257BD7005D1FF9/$File/BerichteMUCDK.pdf; Travaux Préparatoires abrufbar unter http://www.epo.org/law-practice/legal-texts/epc/archive/epc-1973/traveaux_de.html).
"Im Zusammenhang mit Artikel 125 wird auf Wunsch der britischen Delegation festgestellt, daß sich die Mehrheit des Hauptausschusses über folgendes einig ist: Aus den allgemein anerkannten Grundsätzen des Verfahrensrechts der Vertragsstaaten ergibt sich, daß einer Person für dieselbe Erfindung, für welche Anmeldungen mit demselben Anmeldedatum vorliegen, nur ein einziges europäisches Patent erteilt werden kann."
2.5 In einem in der Entscheidung T 2461/10 genannten Dokumente der Travaux Préparatoires findet sich auch eine Erklärung, weshalb der Grundsatz des Verbots der Doppelpatentierung keinerlei ausdrückliche Verankerung im EPÜ erfahren hat. Hatte Artikel 137a (2) des Zweiten Vorentwurfs vom 22. Oktober 1971 (BR/134/71) noch ein Doppelpatentierungsverbot im Verhältnis von Stamm- und Teilanmeldung vorgesehen, so war von der britischen Delegation die Frage aufgeworfen worden, ob der dieser Regelung zugrunde liegende Gedanke nicht auf alle Fälle ausgedehnt werden sollte, in denen jemand mit mehreren europäischen Anmeldungen Schutz für dieselbe Erfindung beansprucht. Die Arbeitsgruppe wurde sich im Lauf der Diskussionen darüber einig, dass dem Anmelder, der dieselbe Erfindung mit Hilfe mehrerer, gleichzeitig eingereichter Anmeldungen schützen lassen wolle, nur ein einziges Patent erteilt werden dürfe. Sie war der Meinung, dass dies ein ungeschriebener, aber allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz sei, und dass es deshalb einer diesbezüglichen Bestimmung in Übereinkommen nicht bedürfe (siehe BR/144/71, Punkt 117). Um einem Umkehrschluss aus Artikel 137a (2) vorzubeugen, wurde schließlich beschlossen, im Kontext der Teil-/Stammanmeldung die Bestimmung betreffend das Doppelpatentierungsverbot zu streichen (siehe BR/144/71, Punkt 120).
2.6 Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführerinnen am Ende des Beschwerdeverfahrens die Existenz des Verbots der Doppelpatentierung als Kriterium nach dem EPÜ, auf das die Zurückweisung einer Anmeldung gestützt werden kann, nicht mehr bestritten.
Reichweite des Verbots der Doppelpatentierung
2.7 Die Beschwerdeführerinnen machten geltend, dass trotz des identischen Wortlauts der unabhängigen Ansprüche des Stammpatents und der Teilanmeldung aufgrund der Unterschiede der jeweiligen Beschreibungen ein jeweils unterschiedlicher Schutzbereich nach Artikel 69 EPÜ vorläge. Für die Kammer stellte sich vorliegend daher die Frage nach der Reichweite des Verbots der Doppelpatentierung.
2.8 Nach Ansicht der Kammer ist für die Beantwortung der Frage, ob gegen das Verbot der Doppelpatentierung verstoßen wird, darauf abzustellen, ob "derselbe Gegenstand" beansprucht wird.
2.9 Der beanspruchte Gegenstand wird durch die Kategorie sowie die technischen Merkmale des Patentanspruchs definiert. Dementsprechend bestimmt Artikel 84 EPÜ, dass die Patentansprüche den Gegenstand angeben müssen, für den Schutz begehrt wird. In Ergänzung verlangt Regel 43(1) EPÜ u.a., dass "der Gegenstand des Schutzbegehrens [...] in den Patentansprüchen durch Angabe der technischen Merkmale der Erfindung anzugeben" ist. Bei der Frage, ob der beanspruchte Gegenstand derselbe ist, ist folglich nicht auf die Beschreibung zurückzugreifen, insbesondere dann nicht, wenn die Patentansprüche aus sich heraus klar und verständlich sind (vgl. auch T 197/10, Leitsatz).
2.10 Hingegen wird der von einem europäischen Patent gewährte "Schutzbereich" zwar ebenfalls durch die Patentansprüche bestimmt, jedoch sind gemäß Artikel 69 (1) EPÜ die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen. Vor diesem Hintergrund ergibt sich zwangsläufig, dass der Schutzbereich des Patents durchaus breiter als der "beanspruchte Gegenstand" sein kann.
2.11 Dass nicht darauf abzustellen ist, welchen Schutzbereich die zu prüfende Anmeldung im Vergleich zum bereits erteilten Patent gewähren würde, sondern darauf, welcher Gegenstand jeweils beansprucht wird ("Schutzgegenstand"), steht im Einklang mit der oben zitierten Passage in Punkt 13.4 der Entscheidung G 1/05 sowie beispielsweise auch den Entscheidungen T 2461/10 (vgl. dort Punkt 16 ff. der Gründe) und T 879/12 (vgl. dort Punkte 7, 10, 14 der Gründe).
2.12 Die Große Beschwerdekammer hat sich in Punkt 13.4 auf die Praxis des Amtes bezogen. Die relevanten Passagen in der damaligen Fassung der Prüfungsrichtlinien (Ausgabe Juni 2005 abrufbar unter http://www.epo.org/law-practice/legal-texts/guidelines/archive_de.html) lauten:
"In dem seltenen Fall, in dem in zwei oder mehreren europäischen Patentanmeldungen des gleichen Anmelders derselbe Staat bzw. dieselben Staaten endgültig benannt werden, indem die Benennung durch Zahlung der vorgeschriebenen Benennungsgebühren bestätigt wird, und die Patentansprüche dieser Anmeldungen denselben Anmelde- oder Prioritätstag haben und dieselbe Erfindung betreffen (wobei die Patentansprüche in der in VI, 9.1.6 dargelegten Weise kollidieren), ist dem Anmelder jedoch mitzuteilen, dass er entweder eine oder mehrere Anmeldungen so ändern muss, dass sie nicht länger die gleiche Erfindung beanspruchen, oder unter diesen Anmeldungen eine auswählen muss, die im Hinblick auf die Patenterteilung bearbeitet werden soll." (C-IV, 6.4)
"In der Stammanmeldung und den Teilanmeldungen darf nicht der gleiche Gegenstand beansprucht werden (siehe IV, 6.4). Dies bedeutet nicht nur, dass sie keine Patentansprüche von im Wesentlichen gleichem Umfang enthalten dürfen, sondern auch, dass in einer Anmeldung nicht der Gegenstand beansprucht werden darf, auf den in der anderen Anmeldung - auch wenn dies mit anderen Worten geschieht - Patentansprüche gerichtet sind. Der Unterschied zwischen den Gegenständen der beiden Anmeldungen muss deutlich erkennbar sein. In der Regel kann jedoch in der einen Anmeldung deren eigener Gegenstand in Verbindung mit demjenigen der anderen Anmeldung beansprucht werden." (C-VI, 9.1.6)
Es finden sich in diesem Kontext also Bezüge zur beanspruchten Erfindung bzw. Gegenstand, nicht aber zum Schutzbereich des Patents.
2.13 Ferner lauten die in der Entscheidung T 2461/10 zitierten Passagen der Gesetzgebungsgeschichte allesamt sinngemäß, dass einem Anmelder, der "dieselbe Erfindung" mit Hilfe mehrerer Anmeldungen mit demselben wirksamen Datum schützen lassen möchte, nur ein einziges Patent erteilt werden dürfe. Auch insoweit ist festzuhalten, dass es sich dabei um die Erfindung handelt, wie sie in Form der Ansprüche jeweils beansprucht ist, d.h. also der beanspruchte Gegenstand. Denn ihn hat das EPA als Erteilungsbehörde für die Prüfung der Patentierungsvoraussetzungen zugrunde zu legen, und nicht etwa den durch das erteilte Patent gewährten Schutzbereich.
2.14 Somit ist nach Ansicht der Kammer für die Frage, ob ein möglicher Verstoß gegen das Verbot der Doppelpatentierung vorliegt, maßgeblich, ob es sich um denselben beanspruchten Gegenstand handelt.
Gegenstand des Anspruchs 1
2.15 Die Beschwerdeführerinnen argumentierten, dass der beanspruchte Gegenstand des Anspruchs 1 der Teilanmeldung, aufgrund der erheblichen Unterschiede zwischen den jeweiligen Beschreibungen, breiter als der des Stammpatents sei, obwohl diese Ansprüche einen identischen Wortlaut aufwiesen. Konkret werde dies im Hinblick auf das Merkmal der "umfangsseitigen Elektrodenflächen". Zur Auslegung dieses Merkmals sei der Begriff der Elektrode, wie er auf Seite 7 vorletzter Absatz der Beschreibung der Teilanmeldung definiert ist, entscheidend. Eine entsprechende Passage fehle aber in der Stammanmeldung.
2.16 Die besagte Passage auf Seite 7 der Teilanmeldung lautet:
"Eine Elektrode kann dabei definiert werden als eine Grenzfläche zwischen einem Leiter 1. Ordnung (Ladungstransport durch Elektronen in Metall) und einem Leiter 2. Ordnung (Ladungstransport durch Ionen in einem Elektrolyten). Für die Elektroden (Leiter 1. Ordnung in Kontakt mit Leiter 2. Ordnung) sollten vorzugsweise keine Materialien eingesetzt werden, die an der Oberfläche passivieren (isolierende Oxidschichten bilden), wie beispielsweise Aluminium. Arbeitselektrode und Gegenelektroden sind Redox-Elektroden, so dass vorzugsweise für diese Elektroden keine Materialien (Leiter 1. Ordnung) eingesetzt werden, die bei gegebener Polarisierung korrodieren (d.h. sich auflösen)."
2.17 Wie von den Beschwerdeführerinnen anhand der in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten Unterlagen dargelegt wurde, sind Leiter 1. Ordnung Elektronenleiter und Leiter 2. Ordnung Ionenleiter (Anlage 1, Blatt 1). Die Elektrode kann daher definiert werden als eine Grenzfläche zwischen einem Elektronenleiter (Leiter 1. Ordnung, z.B. Goldleiter) und einem Ionenleiter (Leiter 2. Ordnung). [...]
2.20 Es kann daher kein Zweifel bestehen, dass jeweils der identische Gegenstand beansprucht wird.
2.21 Was einen beträchtlichen Teil des Vorbringens der Beschwerdeführerinnen im schriftlichen Verfahren anbelangt, so stellt die Kammer fest, dass dort eingehend dargelegt wurde, dass und inwieweit die Unterschiede in den Beschreibungen zu Unterschieden in den Schutzbereichen der Patente führen würden. Der Schutzbereich des Patents bestimmt sich nach Artikel 69 (1) EPÜ. Da es nach Ansicht der Kammer bei der Beurteilung eines möglichen Verstoßes gegen das Verbot der Doppelpatentierung allerdings auf den jeweils beanspruchten Gegenstand ankommt (siehe oben Punkte 2.7 ff.), waren diese Ausführungen nicht weiter zu verfolgen.
2.22 Im Lichte dieser Ausführungen würde das Verfahren betreffend die Teilanmeldung daher zur Erteilung eines zweiten Patents für dieselben Gegenstände führen, für die den Beschwerdeführerinnen bzw., im Falle von Roche Diabetes Care GmbH, ihrer Rechtsvorgängerin bereits ein Patent im Rahmen der Stammanmeldung erteilt worden war.
2.23 Somit liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz des Verbots der Doppelpatentierung vor.
Weitergehendes Rechtsschutzbedürfnis seitens der Beschwerdeführerinnen
2.24 Die Beschwerdeführerinnen machten geltend, dass dennoch ein Rechtsschutzbedürfnis an der Erteilung eines Patents auf Basis der Anmeldeunterlagen in der Form des Hauptantrags bestünde, also trotz Beanspruchung derselben Gegenstände, für die den Beschwerdeführerinnen bereits ein europäisches Patent für denselben territorialen Geltungsbereich mit demselben wirksamen Datum erteilt worden ist.
2.25 Nach Ansicht der Kammer erscheint es nicht kategorisch ausgeschlossen, dass es eine Fallkonstellation geben kann, in welcher ein Rechtsschutzbedürfnis eines Anmelders an der Erteilung eines weiteren Patents mit demselben wirksamen Datum für denselben beanspruchten Gegenstand bejaht werden könnte. Dies stünde nach Ansicht der Kammer auch nicht im Widerspruch zu den oben zitierten obiter dicta der Großen Beschwerdekammer in den Entscheidungen G 1/05 und G 1/06, da es dort vornehmlich um die grundsätzliche Anerkennung des Verbots der Doppelpatentierung sowie um die Aussage ging, dass dieser Grundsatz nicht eingewandt werden könne, um die Einreichung identischer Teilanmeldungen zu verhindern (siehe oben Punkt 2.3).
2.26 In jedem Fall muss es sich dabei nach Ansicht der Kammer aber um ein "legitimes" Interesse des Anmelders (Rechtsschutzbedürfnis) handeln, also eines das von der Rechtsordnung als berechtigt anerkannt ist.
2.27 Die von den Beschwerdeführerinnen im vorliegenden Fall geltend gemachten Interessen begründen nach Ansicht der Kammer kein derartiges Rechtsschutzbedürfnis und es sind für die Kammer auch keine Interessen der Beschwerdeführerinnen ersichtlich, die ein solches begründen würden.
2.28 Insoweit die Beschwerdeführerinnen auf den Verlauf des Prüfungsverfahrens in Bezug auf die Stammanmeldung verweisen, stellt die Kammer fest, dass die Beschwerdeführerinnen in Antwort auf die Mitteilung nach Regel 71 (3) EPÜ durch Vornahme der erforderlichen Handlungen in Form der Gebührenzahlung und Einreichung der Übersetzungen der Ansprüche in die beiden anderen Amtssprachen der Erteilung eines Patents in der vorgeschlagenen Fassung unmittelbar zugestimmt haben. Sie hätten alternativ auch die Möglichkeit gehabt, die vorgeschlagenen Änderungen der Beschreibung nicht zu akzeptieren, so dass das Prüfungsverfahren betreffend die Stammanmeldung fortgesetzt hätte werden müssen. Darüber, ob und inwieweit die Prüfungsabteilung an den von ihr vorgeschlagenen Änderungen der Beschreibung weiterhin festgehalten hätte, kann nur spekuliert werden. Verbunden mit einem Antrag auf Beschleunigung hätte der Sorge einer Verfahrensverzögerung um mehrere Jahre für den Fall, dass die vorgeschlagenen Änderungen weiterhin nicht mit dem Willen der Beschwerdeführerinnen übereinstimmten, entgegengewirkt werden können. Ein Antrag auf Beschleunigung wurde hingegen weder im Verfahren der Stammanmeldung noch im Rahmen der vorliegenden Teilanmeldung gestellt.
2.29 Die Kammer erkennt an, dass die derzeit vorherrschenden langen Bearbeitungszeiten, insbesondere auch vor den Kammern, Nachteile für Anmelder, Einsprechende und auch die Öffentlichkeit bedeuten. Allerdings kann dem nicht dadurch begegnet werden, dass ohne Änderung der rechtlichen Grundlagen nun ein anderer rechtlicher Beurteilungsmaßstab seitens der Kammern angewandt wird. Konkret bedeutet dies nach Ansicht der Kammer, dass sich die Antwort auf die Frage, ob in einem konkreten Fall ein das Verbot der Doppelpatentierung überwiegendes Rechtsschutzbedürfnis anerkannt werden kann, nicht nach einer zum betreffenden Zeitpunkt gerade vorherrschenden Bearbeitungsdauer richten kann. Vorliegend bleibt allerdings insbesondere festzuhalten, dass die Beschwerdeführerinnen verschiedene Wahlmöglichkeiten der Verfahrensgestaltung hatten, und sich bewusst dafür entschieden haben, die Änderungsvorschläge der Prüfungsabteilung betreffend die Anpassung der Beschreibung zu akzeptieren, um dann später erneut denselben Gegenstand im Rahmen der Teilanmeldung zu verfolgen, allerdings mit breiterer Beschreibung.
2.30 Die von den Beschwerdeführerinnen angeführte Situation, in welcher ein Anmelder, um mögliche langwierige Diskussionen zu vermeiden, sich auf einen engeren Gegenstand einschränkt, und dann über eine Teilanmeldung einen breiteren Schutz zu erlangen sucht, ist nach Ansicht der Kammer nicht mit der vorliegenden Situation vergleichbar. Der maßgebliche Unterschied zu jener Situation liegt gerade darin, dass dort die jeweils beanspruchten Gegenstände nicht identisch sind und insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis an der Erteilung eines Patents für diesen nicht-identischen Gegenstand auf Seiten des Anmelders ohne weiteres bejaht werden kann.
2.31 Was die weiteren Aspekte betrifft, auf die sich die Beschwerdeführerinnen zur Begründung eines bestehenden Rechtsschutzbedürfnisses stützen, so betreffen diese den von einem erteilten europäischen Patent auf Basis von Artikel 69 EPÜ gewährten Schutzbereich sowie mögliche Rückzugspositionen in nationalen Nichtigkeits- oder Verletzungsverfahren.
2.32 Die Kammer räumt ein, dass die Rechtsposition der Beschwerdeführerinnen gegenüber vermeintlichen Patentverletzern oder in nationalen Verfahren als Inhaberinnen eines Patents mit einer umfangreicheren Beschreibung möglicherweise stärker ist als auf Basis eines Patents mit einer eingeschränkteren Beschreibung. Auch stimmt die Kammer mit den Beschwerdeführerinnen darin überein, dass die Prüfungsabteilungen bzw. das EPA grundsätzlich nicht dazu berufen sind, vor einer Patenterteilung Überprüfungen zum später gewährten Schutzbereich des Patents anzustellen.
2.33 Überlegungen, ob Änderungen in den Patentunterlagen einen Einfluss auf den Schutzbereich des Patents haben, finden innerhalb des vom EPÜ gesteckten Rechtsrahmens erst nach einer etwaigen Patenterteilung statt (vgl. Artikel 123 (3) EPÜ). Das Verbot der Doppelpatentierung ist hingegen ein Erfordernis, das bereits vor der Erteilung eines Patents zu berücksichtigen ist.
2.34 Auf Basis der Argumentation der Beschwerdeführerinnen müsste daher, vorbehaltlich der Erfüllung der sonstigen Patenterteilungserfordernisse, demselben Anmelder für denselben beanspruchten Gegenstand ein weiteres Patent mit demselben wirksamen Datum für denselben oder überlappenden territorialen Geltungsbereich immer schon dann erteilt werden, sobald Unterschiede in der Beschreibung oder den ebenfalls nach Artikel 69 (1) EPÜ zur Schutzbereichsbestimmung heranzuziehenden Zeichnungen bestünden. Denn in einer derartigen Situation könnte praktisch nie eine Auswirkung auf den gewährten Schutzbereich nach Artikel 69 (1) EPÜ ausgeschlossen werden und müsste demzufolge ein anmelderseitiges Rechtsschutzbedürfnis stets bejaht werden.
2.35 Damit würde einem Einwand auf Basis des Doppelpatentierungsverbots seitens des EPA letztlich nur dann Raum verbleiben, wenn im Vergleich zu einem demselben Anmelder bereits erteilten europäischen Patent (bzw. zu einer noch anhängigen parallelen Anmeldung) mit demselben wirksamen Datum nicht nur derselbe Gegenstand beansprucht wird, sondern auch jeweils die Beschreibung und die Zeichnungen identisch sind. Damit würde das Prinzip des Doppelpatentierungsverbots in den Verfahren vor dem EPA praktisch jegliche Bedeutung verlieren. Dass dieser Grundsatz vor dem EPA jedoch zu beachten ist, ergibt sich aus den Überlegungen, die zur Anerkennung der Existenz dieses Grundsatzes geführt haben, und die sich auch auf die Gesetzgebungsgeschichte stützen können (vgl. T 2461/10, Punkte 7 ff. der Gründe und oben Punkte 2.3 ff.).
2.36 Nach Ansicht der Kammer kann der Einwand des Doppelpatentierungsverbots in der vorliegenden Fallkonstellation, in der die Beschwerdeführerinnen, um eine Diskussion mit der Prüfungsabteilung über die Notwendigkeit der Anpassung der Beschreibung in dem betreffenden Verfahren zu vermeiden, denselben Gegenstand im Rahmen einer Teilanmeldung verfolgen, um die Diskussion dann gegebenenfalls dort zu führen, nicht mit den von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten Interessen überkommen werden.
2.37 Ein sonstiges Rechtsschutzbedürfnis war aus Sicht der Kammer nicht ersichtlich.
3. Antrag auf Vorlage bei der Großen Beschwerdekammer
3.1 Gemäß Artikel 112 (1) a) EPÜ befasst eine Kammer die Große Beschwerdekammer zur Sicherung der einheitlichen Rechtsanwendung oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, sofern die Kammer hierzu eine Entscheidung für erforderlich hält.
3.2 Die Beschwerdeführerinnen haben die Existenz des Verbots der Doppelpatentierung am Ende des Beschwerdeverfahrens nicht weiter in Frage gestellt und auch die Kammer hat im Hinblick auf die Gesetzgebungsgeschichte keinen Zweifel am Bestehen dieses Verbots. Somit war eine Vorlage gestützt auf den Tatbestand der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im Hinblick auf die Entscheidungen, die das Bestehen eines derartigen Verbot ablehnen (z.B. Entscheidung T 1423/07) oder es anderweitig herleiten (wie z.B. in T 307/03 aus Artikel 60 (1) EPÜ), nicht geboten.
3.3 Was die Bestimmung der Reichweite des Verbots der Doppelpatentierung betrifft, so kam die Kammer vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung, insbesondere der Entscheidung T 2461/10 und der Entscheidung G 1/05, auf Basis der obigen Erwägungen (vgl. oben Punkte 2.7 ff.) zu der Schlussfolgerung, dass hierfür der beanspruchte Gegenstand maßgeblich ist. Überlegungen zum Schutzbereich des Patents nach Artikel 69 (1) EPÜ sind insoweit nicht relevant. Inwieweit darüber hinaus, d.h. insbesondere bei wortlautidentischen unabhängigen Ansprüchen im Vergleich zu einem demselben Anmelder bzw. seinem Rechtsvorgänger bereits früher erteilten Patent mit gleichem Zeitrang, Raum für die Bejahung eines Rechtsschutzbedürfnisses im Allgemeinen besteht, muss im vorliegenden Fall nicht entschieden werden. Jedenfalls können die von den Beschwerdeführerinnen im vorliegenden Fall geltend gemachten Interessen nach Ansicht der Kammer (vgl. oben Punkte 2.24 ff.) kein derartiges Rechtsschutzbedürfnis begründen, und es waren für die Kammer auch keine Interessen der Beschwerdeführerinnen ersichtlich, die ein solches begründet hätten.
3.4 Im Übrigen bedingt die Tatsache allein, dass bestimmte zu klärende Rechtsfragen möglicherweise noch nicht ausdrücklich in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern entschieden worden sind, keine Vorlage an die Große Beschwerdekammer, denn zu den Aufgaben und Befugnissen einer Kammer gehört neben der Anwendung des Rechts gerade auch dessen Auslegung. Eine grundsätzliche Bedeutung dahingehend, dass sich die vorliegend zu entscheidenden Rechtsfragen möglicherweise in einer Vielzahl von weiteren Fällen stellen, sieht die Kammer nicht. Auch sieht sich die Kammer auf Basis der bisher ergangenen Rechtsprechung in der Lage, die entscheidungsrelevanten Fragen selbst ohne Zweifel zu beantworten.
3.5 Die Kammer hält eine Vorlage an die Große Beschwerdekammer daher nicht für erforderlich.
4. Hilfsantrag - Zulassung und Verbot der Doppelpatentierung
4.1 Im Hilfsantrag wurde der Anspruch 1 des Hauptantrags wie folgt geändert: das Merkmal "entlang eines profilförmig ausgeführten Isolationselements (32)" wurde durch "entlang eines Isolationselements (32), vorzugsweise eines profilförmig ausgeführten Isolationselements (32)" ersetzt und die Merkmale des abhängigen Anspruchs 3, der keine Entsprechung im Stammpatent hat, wurden hinzugefügt. Des Weiteren wurden Ansprüche 2 und 16 bis 21 des Hauptantrags gestrichen.
4.2 Somit sind in diesem Anspruchsatz keine mit dem Stammpatent identischen unabhängigen Ansprüche mehr enthalten. Selbst wenn man für die Bestimmung des beanspruchten Gegenstands die jeweiligen möglichen Kombinationen mit abhängigen Ansprüchen heranzieht, ist keiner der im Anspruchssatz des Hilfsantrags beanspruchten Gegenstände mit einem bereits im Stammpatent beanspruchten Gegenstand identisch. Insoweit Wortidentität in Bezug auf den Vorrichtungsanspruch 9 und Verwendungsanspruch 13 mit den erteilten Ansprüchen 6 bzw. 9 des Stammpatents besteht, ist festzuhalten, dass es sich aufgrund des Rückbezugs auf die vorhergehenden Ansprüche nicht um jeweils denselben beanspruchten Gegenstand handeln kann.
4.3 Wie oben ausgeführt, kommt es bei der Frage des Eingreifens des Doppelpatentierungsverbots auf den jeweilig beanspruchten Gegenstand an, und zwar darauf, ob es sich um denselben Gegenstand handelt.
4.4 Dass es vorliegend im Verhältnis der Teilanmeldung zum erteilten Stammpatent zu Überlappungen betreffend der beanspruchten Gegenstände bzw. - nach möglicher Erteilung der Teilanmeldung - der nach Artikel 69 (1) EPÜ zu bestimmenden Schutzbereiche kommt, steht nach Ansicht der Kammer dem Verbot der Doppelpatentierung nicht entgegen. Insoweit folgt die Kammer der überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung (vgl. T 587/98, ABl. EPA 2000, 497, Punkt 3.7 der Gründe; T 1391/07, Punkt 2.5 ff. der Gründe; T 877/06, Punkt 5.3 der Gründe; T 1491/06, Punkt 3.2 ff. der Gründe; T 2402/10, Punkt 8 der Gründe; T 2461/10, Punkt 21 ff. der Gründe ; T 1155/11, Punkt 23 der Gründe; andere Ansicht in T 307/03, Punkt 5.2 ff. der Gründe).
4.5 Demzufolge verstößt der Hilfsantrag nicht gegen das Doppelpatentierungsverbot.
4.6 Zudem ist es sofort erkennbar, dass die Änderungen die Erfordernisse der Artikel 123 (2) und 76 (1) EPÜ erfüllen.
4.7 Der Hilfsantrag wurde daher zum Verfahren zugelassen (Artikel 13 (1) VOBK).
5. Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung
Die Kammer hält es für zweckmäßig, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung gemäß Artikel 111 (1) EPÜ zurückzuverweisen. Einwände seitens der Beschwerdeführerinnen wurden nicht erhoben.
6. Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr
6.1 Die Beschwerdeführerinnen haben sich zur Begründung ihres Antrags auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr in voller Höhe gemäß Regel 103 (1) a) EPÜ auf das Vorliegen von wesentlichen Verfahrensfehlern berufen.
6.2 Nach Regel 103 (1) a) EPÜ wird die Beschwerdegebühr in voller Höhe zurückgezahlt, wenn der Beschwerde stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht.
6.3 Das vorliegende Verfahren endet mit der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Dies ist allerdings darauf zurückzuführen, dass die Beschwerdeführerinnen aufgrund der eingereichten Änderungen im Hilfsantrag den Einwand der verbotenen Doppelpatentierung ausgeräumt haben und dieser Antrag von der Kammer zum Verfahren zugelassen und die Sache zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen wird. Gegenstand der vorliegenden Beschwerde war die Frage, ob die Prüfungsabteilung die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der ihr vorliegenden Anmeldungsunterlagen zu Recht wegen des Verbots der Doppelpatentierung abgelehnt hat. Insoweit blieb die Beschwerde ohne Erfolg.
6.4 Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr entspricht nach Ansicht der Kammer daher nicht dem Gesichtspunkt der Billigkeit. Aus Sicht der Kammer ist es nicht erforderlich, die behaupteten wesentlichen Verfahrensfehler näher zu erörtern, zumal die Beschwerdeführerinnen keine unmittelbare Zurückverweisung gemäß Artikel 11 VOBK, d.h. ohne Entscheidung in der Sache, beantragt hatten und sich auch die Kammer auf Basis des Vorbringens der Beschwerdeführerinnen nicht von Amts wegen zu einer unmittelbaren Zurückverweisung veranlasst sah.
6.5 Die Kammer kommt daher zum Ergebnis, dass der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Regel 103 (1) a) EPÜ zurückzuweisen ist.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Der Antrag auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer wird zurückgewiesen.
2. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
3. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.
4. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.