10 October 2016

T 1311/11 - A12(4) RPBA in examination

Key points

  • In this examination, case, a claims request had been withdrawn during the OPs before the Examining Division. The ED hence took no decision on it. The request was resubmitted with the Statement of grounds. The Board does not admit it under Article 12(4) RPBA. The Auxiliary request claims one of the variants recited in the main request. Because lack of novelty of the main request had been discussed during the OPs before the ED, the auxiliary request could have been filed during the first instance proceedings and is neither admitted under Article 12(4) RPBA.


T 1311/11 - link


Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulassung des Hauptantrags (Artikel 12(4) VOBK)
2.1 Artikel 12(4) VOBK erwähnt die Befugnis der Beschwerdekammer, Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können. Im vorliegenden Fall ist der jetzige Hauptantrag im erstinstanzlichen Verfahren als Hilfsantrag eingereicht und in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden, nachdem die Prüfungsabteilung im Verlauf der mündlichen Verhandlung Einwände dagegen erhoben hatte. Deshalb muss die Kammer entscheiden, ob sie den jetzigen Hauptantrag zulässt.
2.2 Wegen der Rücknahme dieses Antrags in der mündlichen Verhandlung liegt keine Entscheidungsbegründung der Prüfungsabteilung vor, die die Beschwerdekammer überprüfen könnte. Zulassung des Hauptantrages würde also bedeuten, dass die Kammer ihn erstmals im Beschwerdeverfahren prüfen oder die Sache an die Prüfungsabteilung zurückverweisen müsste. Ersteres würde dem Hauptzweck des Beschwerdeverfahrens in ex-parte Verfahren, also der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung, zuwiderlaufen (siehe Punkt 4 der Entscheidungsgründe der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 10/93, ABl. EPA 1995, 172). Letzteres würde nicht der Verfahrensökonomie entsprechen.


2.3 Aus diesen Gründen ist es auch als ständige Rechtsprechung bezeichnet worden, im Prüfungsverfahren zurückgenommene Anträge, die im einseitigen Beschwerdeverfahren erneut gestellt werden, nicht ins Verfahren zuzulassen. (Siehe dazu auch die Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage 2016, IV.E.4.3.3c.)
2.4 Die Beschwerdeführerin hat keine Gründe vorgetragen, warum im vorliegenden Fall der Hauptantrag zugelassen werden sollte.
2.5 Die Kammer sieht keinerlei überzeugende Gründe, dass der vorliegende Fall eine Ausnahme darstellen könnte, bei der der Hauptantrag doch zugelassen werden sollte.
2.6 Unter diesen Umständen lässt die Kammer den Hauptantrag nicht ins Verfahren zu.
3. Zulassung des Hilfsantrags (Artikel 12(4) VOBK)
3.1 Patentanspruch 1 des Hilfsantrags definiert eine der beiden Varianten, die von Patentanspruch 1 des Hauptantrags umfasst werden. (Siehe auch Absatz 5 auf Seite 5 der Beschwerdebegründung.)
3.2 Gemäß der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung, Punkt 5, wurde bei der Diskussion des damaligen Hilfsantrags (der identisch ist mit dem jetzigen Hauptantrag) beanstandet, dass sich Anspruch 1 auf die in D1 genannten Implementierungen lesen lasse. Deshalb hatte die Anmelderin einen Grund, bereits im erstinstanzlichen Verfahren anzugeben, welche der beanspruchten Varianten sich ihrer Meinung nach nicht auf die in D1 genannten Implementierungen lesen lässt, und den jetzigen Hilfsantrag einzureichen.
3.3 Deshalb ist auch der Hilfsantrag ein Antrag, der im Sinne von Artikel 12(4) VOBK bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätte vorgebracht werden können. Somit muss die Kammer entscheiden, ob sie den Hilfsantrag ins Verfahren zulässt.
3.4 Bis auf die Tatsache, dass der Hilfsantrag im erstinstanzlichen Verfahren nicht zurückgenommen, sondern nur nicht eingereicht worden ist, gelten die Überlegungen in Abschnitt 2 oben auch für den Hilfsantrag. Insbesondere liegt keine Entscheidungsbegründung der Prüfungsabteilung vor, die die Beschwerdekammer überprüfen könnte. Insofern treffen die in den Punkten 2.1, 2.2, 2.4 und 2.5 oben gemachten Bemerkungen auch auf den Hilfsantrag zu.
3.5 Unter diesen Umständen lässt die Kammer auch den Hilfsantrag nicht ins Verfahren zu.
4. Somit liegen keine zugelassenen Anträge der Beschwerdeführerin vor. Deshalb liegt keine Fassung der Anmeldung im Sinne von Artikel 113(2) EPÜ 1973 vor, aufgrund welcher ein europäisches Patent erteilt werden könnte. Darum kann die angefochtene Entscheidung nicht aufgehoben werden, und die Beschwerde ist zurückzuweisen.
5. Unter den gegebenen Umständen erübrigt sich eine Entscheidung der Kammer zu den materiellrechtlichen Fragen, die im Ladungsbescheid erörtert worden waren.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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