19 October 2020

T 0686/18 - No pointers in the problem

 Key points

  • This appeal deals with inventive step for a product claim, namely a polymeric material with holes, with as distinguishing feature basically that the amount of holes without a polymeric shell is less than 2%. 
  • The Board has to determine the objective technical problem. The patent states that “Aufgabe der Erfindung ist es, eine geschäumte Polymermasse [...] zur Verfügung zu stellen, die frei ist von solchen Hohlräumen, die nicht durch Mikroballons erzeugt sind...”. 
  • The problem (with the problem, indeed) is that this remark contains a pointer to the solution, which is not permitted under the PSA. The Board clarifies that therefore the objective technical problem has to be reformulated (I would say: has to be formulated differently than the problem stated in the patent; because the patent does not specify the objective technical problem).
  • Hence, this is a second reason for 'reformulating'  the objective technical problem, besides the more common one of the distinguishing features not actually providing the advantages mentioned in the patent.
  • The Board looks at further passages in the patent, formulates the objective technical problem as achieving improved mechanical properties, and finds the recited feature not to be an obvious solution such that the claimed subject-matter is inventive.






EPO T 0686/18 -  link






Anspruch 15

3.13 Die Parteien waren sich einig, dass D4 den nächstliegenden Stand der Technik für den Gegenstand von Anspruch 15 darstelle und dass sich die beanspruchte geschäumte Polymermasse von derjenigen gemäß D4 dadurch unterscheide, dass der Anteil an Kavernen ohne eigene Polymerhülle unterscheidet nicht mehr als 2 Vol.-% beträgt.

3.14 Die Beschwerdeführerin vertrat allerdings die Meinung, dass D4 bereits lehre, die Ausgangsmaterialien zu entgasen und damit zwangsläufig auch die Bildung von Luftkavernen durch Entgasung zu verhindern. Die Auswahl des im Anspruch 15 definierten Anteils an Luftkavernen sei mit keinem technischen Effekt verbunden und deswegen naheliegend. Außerdem machte die Beschwerdeführerin geltend, dass Anspruch 15 lediglich angebe, was gemäß Absatz [0008] des Streitpatents das zu erzielende Ergebnis sei. Die Lösung dieser Aufgabe könne nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.


3.15 Die Kammer ist von diesen Argumenten nicht überzeugt.

Zwar ist bei der Bestimmung der objektiv zu lösenden Aufgabe zunächst grundsätzlich von der im Patent genannten Aufgabe auszugehen (siehe z.B. T 606/99, Punkt 5.3.1 der Gründe, dritter Absatz). Die im Patent genannte Aufgabe ist jedoch mitunter umzuformulieren, insbesondere wenn diese nicht gelöst bzw. bereits im nächstliegenden Stand der Technik gelöst ist (siehe z.B. T 39/93, Punkte 5.3.1 bis 5.3.3 der Gründe). Nach ständiger Rechtsprechung ist die technische Aufgabe einer Erfindung darüber hinaus so zu formulieren, dass sie keine Lösungsansätze enthält oder teilweise die Lösung vorwegnimmt, denn dies würde zwangsläufig zu einer rückschauenden Betrachtungsweise der erfinderischen Tätigkeit führen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 9. Auflage, I-D, 4.3.1 und insbesondere die darin zitierte Entscheidung T 229/85, Punkt 5 der Gründe).

Daraus folgt, dass eine technische Aufgabe, welche zwar im Patent erwähnt wird, jedoch Lösungsansätze enthält bzw. teilweise die Lösung vorwegnimmt, als objektiv zu lösende Aufgabe ausscheidet.

3.16 Im vorliegenden Falle heißt es in Absatz [0003] des Patents wie folgt:

"Die bekannten Typen mit Mikroballons geschäumter Polymere [...] weisen neben den durch Mikroballons erzeugten Hohlräumen (häufig "Kavernen" genannt) auch solche Hohlräume auf, die nicht umgeben sind...".

Auf die dort erwähnten Hohlräume wird dann im in Streit stehenden Absatz [0008] Bezug genommen, wo es wie folgt heißt:

"Aufgabe der Erfindung ist es, eine geschäumte Polymermasse [...] zur Verfügung zu stellen, die frei ist von solchen Hohlräumen, die nicht durch Mikroballons erzeugt sind..."

3.17 Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich dabei vom nächstliegenden Stand der Technik gerade darin, dass der Anteil an Kavernen ohne eigene Polymerhülle, d.h. der Anteil der genannten Hohlräume, nicht mehr als 2 Vol.-% beträgt (siehe Punkt 3.13 oben). Folglich enthält die in Absatz [0008] genannte Aufgabe bereits einen Lösungsansatz bzw. nimmt die Lösung wenigstens teilweise vorweg. Diese Aufgabe scheidet daher als objektive zu lösende Aufgabe aus.

3.18 Darüber hinaus müssen, wie von der Beschwerdegegnerin erwähnt, bei der Formulierung der technischen Aufgabe die Absätze [0003] und [0055] des Streitpatents berücksichtigt werden. Diese lehren, dass geschäumte Materialien, die unter Einsatz von expandierbaren Mikroballons hergestellt werden, verbesserte Eigenschaften aufweisen, wenn sie eine geringe Anzahl von Hohlräumen enthalten. Insbesondere werden eine höhere Festigkeit und Kohäsion, eine bessere Dichtung gegen Staub und flüssige Medien und ein höherer Permeationswiderstand für Gase erzielt.

Es ist glaubhaft, dass das Unterscheidungsmerkmal (der im Anspruch 15 angegebene maximale Anteil an Kavernen ohne eigene Polymerhülle) die im Patent erwähnten verbesserten Eigenschaften bewirkt. Dies wurde im Übrigen von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.

3.19 Die objektive technische Aufgabe ist daher die Bereitstellung einer geschäumten Polymermasse umfassend expandierte Mikrohohlkugeln, die die obengenannten verbesserten mechanischen Eigenschaften aufweist. Diese Aufgabe ist auch, wie oben dargelegt, als gelöst anzusehen.

3.20 Keines der zitierten Dokumente lehrt, im beanspruchten Bereich zu arbeiten, um diese Eigenschaften zu erzielen.

3.21 D4 befasst sich nicht mit dieser Eigenschaften, sondern eher mit der Bereitstellung von thermisch leitfähigen Schäumen. Ferner zielt D4 nicht ausdrücklich auf die Vermeidung von Gaseinschlüssen ab, da es als Alternative zu expandierbaren Mikrokugeln die Verwendung von Gasen als Treibmittel für die Schäumung vorsieht (siehe Absatz [0067] und Anspruch 21).

3.22 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin gebe D5 dem Fachmann den Anreiz, die Gaseinschlüsse zu verringern. D5 zielt jedoch ebenfalls nicht auf die Bereitstellung eines Schaumstoffs ab, der die oben genannten Eigenschaften aufweist. Darüber hinaus offenbart D5, wie bereits oben festgestellt (Punkt 2.8), keine geschäumten Materialien, die mit expandierbaren Mikropartikeln hergestellt wurden. Der Fachmann wäre daher davon ausgegangen, dass eine Übertragung der Lehre von D5 auf seine Aufgabenstellung nicht möglich war. Deshalb vermag D5 keinen Hinweis auf die beanspruchte Lösung zu geben.

3.23 In Analogie zu dem, was für Anspruch 1 entschieden worden ist, basiert der Ansatz, dass der Fachmann, der mit der dem Anspruch 15 zugrunde liegenden Aufgabe konfrontiert ist, in D4 allein oder in Kombination mit D5 den Hinweis auf die beanspruchte Lösung gefunden hätte, auf einer rein rückschauenden Betrachtung in Kenntnis des Streitpatents. Deshalb beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 15 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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