27 July 2015

T 1682/13 - Broader claims in appeal

EPO T 1682/13

For the decision, click here

Key points

  • In this case, the patentee had submitted a (final) main request with narrow claims before the OD. The OD maintained the patent in amended form according to an auxiliary request. In the Statement of Ground, the patentee had submitted as main request the (broader )claims as granted. The opponent disputed whether the appeal was admissible. 
  • The Board finds that filing such broader claims does not render the appeal inadmissible, even though the decision of the OD on the main request (as it then was) is hence not contested.  
  • Although the appeal is admissible, the (broader) main request is not admitted as it could have been filed before the OD. The patentee had withdrawn its request for maintenance of the patent as granted during the first instance proceedings. Therefore, following established case law, such request can generally not be reintroduced in appeal.


Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde der Beschwerdeführerin 1
Die Zulässigkeit der Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 (Patentinhaberin) wurde von der Beschwerdeführerin 2 und der weiteren Verfahrensbeteiligten mit der Begründung in Frage gestellt, der einzige mit der Beschwerdebegründung geltend gemachte Anspruch, sei nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung gewesen.
Diese Feststellung ist zwar zutreffend, denn die Beschwerdeführerin 1 hat in ihrer Beschwerdebegründung lediglich die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung beantragt, während sie vor der Einspruchsabteilung einen davon abweichenden neuen Hauptantrag sowie weitere Hilfsanträge geltend gemacht hat. Dies führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit der Beschwerde.


Nach Artikel 107(1) EPÜ ist jeder Verfahrensbeteiligte, der durch die Entscheidung beschwert ist, dazu berechtigt, Beschwerde einzulegen. Dabei ist eine Beschwer eines Verfahrensbeteiligten immer dann gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung hinter seinem Begehren in erster Instanz zurückbleibt; ihm also weniger zugesprochen wurde, als er beantragt hatte. Maßgeblich ist ein Vergleich seines erstinstanzlichen Antrags mit der Entscheidungsformel (vgl.: T 244/85 vom 23. Januar 1987, ABl. 1988, 216, Ziffer 3; T 115/82 vom 1. März 1983, ABl. 1983, 323 Ziffer 1 sowie Joos/Schmitz, in: Singer/Stauder, EPÜ, 6. Aufl., Art 107 Rdn 17). Wird nur einem Hilfsantrag, nicht aber dem Hauptantrag eines Verfahrensbeteiligten stattgegeben, ist dieser daher beschwert im Sinne von Artikel 107(1) EPÜ (so ausdrücklich: Singer/Stauder, a.a.O., Rdn 21).
Diese Situation liegt hier vor. Denn die Einspruchs­abteilung hat den von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrag, sowie den ersten Hilfsantrag wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ und den zweiten Hilfsantrag wegen Verstoßes gegen Artikel 123(2) EPÜ zurückgewiesen und das Patent lediglich im Umfang des Hilfsantrags 2A aufrecht erhalten.
Im Übrigen sind Beschwerdekammern durch die Vorschriften des EPÜ nicht auf die Prüfung solcher Gegenstände beschränkt, über die erstinstanzlich bereits entschieden wurde. Vielmehr können im Beschwerdeverfahren, unter Berücksichtigung des Artikels 114(1) EPÜ, neue Tatsachen und Beweismittel vorgebracht und neue Anträge gestellt werden. Artikel 12 VOBK erlaubt ausdrücklich die Zulassung neuer Anträge im Beschwerdeverfahren. Dabei setzt die Entscheidung, einen neuen Antrag in das Verfahren einzuführen oder nicht, eine zulässige Beschwerde voraus.
Auch schreibt Regel 99(2) EPÜ, die die Erfordernisse für den Inhalt der Beschwerdebegründung festlegt, nicht vor, dass die Beschwerde­begründung die Gewährbarkeit der der angefochtenen Entscheidung zugrunde­liegenden Anträgen erörtern muss, wenn diese Anträge nicht weiter verfolgt werden. Vielmehr erfordert diese Vorschrift, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung darlegt, aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung aufzuheben oder in welchem Umfang sie abzuändern ist und auf welche Tatsachen und Beweismittel er seine Beschwerde stützt.
Im vorliegenden Fall ist aber unstreitig, dass die Beschwerdebegründung die rechtlichen und materiellen Gründe angibt, aus denen nach Ansicht der Beschwerde­führerin 1 die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten ist. Sie erfüllt deshalb die Erfordernisse der Regel 99(2) EPÜ.
Folglich ist die Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 zulässig.
2. Einführung des Hauptantrags in das Verfahren
Von der Frage der Zulässigkeit der Beschwerde ist die weitere Frage zu trennen, ob der nunmehr als Haupt­antrag gestellte Antrag, das Patent in der erteilten Fassung aufrecht zu erhalten, in das Beschwerde­verfahren eingeführt werden kann. Diese Entscheidung steht nach Artikel 12(4) VOBK im Ermessen der Kammer.
Die Patentinhaberin hat verhindert, dass eine Entscheidung der Einspruchsabteilung über diesen Antrag ergehen konnte. Den Antrag auf Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt hat sie nämlich während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung durch einen neuen, auf einen Türöffner gerichteten Hauptantrag ersetzt (Nieder­schrift der mündlichen Verhandlung, Punkt 3).
Die Beschwerdekammer hat jedoch in erster Linie die Rolle einer Über­prüfungsinstanz. Diesbezüglich werden Anträge, die im erstinstanzlichen Verfahren zurück­genommen wurden, generell nicht in das Beschwerde­verfahren eingeführt (siehe hierzu Rechtsprechung der Beschwerdekammer des EPA, 7. Auflage 2013, IV.E.4..3.2c)). Da im vorliegenden Fall keine Umstände vorliegen, die ein Abweichen von dieser Praxis rechtfertigen könnten, hat die Kammer entschieden der Hauptantrag nicht in das Verfahren einzuführen.

No comments:

Post a Comment

Do not use hyperlinks in comment text or user name. Comments are welcome, even though they are strictly moderated (no politics). Moderation can take some time.