08 July 2021

T 0329/16 - Respondent should reply

 Key points

  • The OD found claim 1 to be not novel. The patentee appeals. The opponent presents inventive step attacks only during the hearing before the Board. The Board does not admit the attack.
  • The Board in machine translation: “Although it is true, as pointed out by the opponent, that the opposition division denied the novelty of the subject-matter of claim 1 of auxiliary request 1 in its decision, the Board holds that the opponent had the obligation to substantiate the corresponding objections of lack of inventive step in its response to the appeal. In this context, it should be taken into account that the patent proprietor has presented in detail in its statement of grounds on the question of the novelty of the subject-matter of claim 1 []. With regard to this submission by the patent proprietor, the opponent could not trust that the board would agree with the opposition division's view. It was therefore an obligation of the opponent to react to the corresponding statements of the patent proprietor in their response to the appeal and to submit their corresponding objections to a lack of inventive step in a substantiated manner.
  • A mere general remark that inventive step is contested is not enough, neither suffice the submissions regarding inventive step before the OD.
  • As the attacks are not admitted, the case is neither remitted to the OD for consideration of inventive step.


T 0329/16 -

https://www.epo.org/law-practice/case-law-appeals/recent/t160329du1.html



6.8 Aus diesen Gründen ist die Beschwerdekammer zu dem Schluss gelangt, dass das Merkmal A7 des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 aus D12 nicht bekannt ist. Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 gegenüber D12 neu.

7. Hilfsantrag 1, Zulassung von Einwänden mangelnder erfinderischer Tätigkeit

7.1 Während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer erklärte die Einsprechende, Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegen den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 ausgehend von D12 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen bzw. in Verbindung mit D9 erheben zu wollen. Die Einsprechende stellte den Antrag, die Angelegenheit zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit des Hilfsantrags 1 an die erste Instanz zurückzuverweisen.


7.2 Die Patentinhaberin beantragte, die Einwände nicht im Verfahren zu berücksichtigen.

7.3 Im Rahmen der Diskussion der Frage der Zulassung dieser Einwände in das Verfahren verwies die Einsprechende auf den Punkt III. ihrer Beschwerdeerwiderung vom 19. August 2016 und führte dazu aus, dass hier die Frage der erfinderischen Tätigkeit inter alia des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 bereits thematisiert worden sei. Zudem seien entsprechende Einwände bereits im Einspruchsverfahren erhoben worden. In diesem Zusammenhang verwies die Einsprechende auf Punkt II.2 ihres Schriftsatzes vom 21. September 2015. Die Einsprechende führte zudem aus, dass im Beschwerdeverfahren hierzu keine näheren Ausführungen gemacht worden seien, da die Einspruchsabteilung die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags verneint habe, sodass für die Einsprechende kein Anlass bestanden habe, Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit detailliert vorzubringen. Erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung sei die Beschwerdekammer zu einer gegenteiligen Auffassung gelangt, indem sie die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 bejaht hat, sodass erst zu diesem Zeitpunkt ein Anlass bestanden habe, entsprechende Einwände detailliert auszuführen. Auch sei im Hinblick auf die hohe Anzahl an Hilfsanträgen zu berücksichtigen, dass nicht alle Einwände zu jedem dieser Anträge bereits zu Beginn des Beschwerdeverfahrens detailliert ausgeführt werden können.

7.4 Die Patentinhaberin sprach sich gegen die Zulassung der Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 aus. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass ein substantiierter Vortrag hierzu von der Einsprechenden im Beschwerdeverfahren nicht gemacht worden sei. Ein erstmaliger inhaltlicher Vortrag im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer würde die Patentinhaberin überraschen, da sie keine Gelegenheit gehabt habe, sich auf solche Einwände vorzubereiten. Zudem wies die Patentinhaberin darauf hin, dass sie unter Punkt 3.2.1 ihrer Beschwerdebegründung, die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 verteidigt habe, sodass für die Einsprechende die Obliegenheit bestanden habe, Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit vorzubereiten. Spätestens im Hinblick auf Punkt 4.5 der Mitteilung der Beschwerdekammer vom 26. Juni 2020, worin auf den Diskussionsbedarf im Hinblick auf die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags hingewiesen wurde, hätte die Einsprechende entsprechende Einwände formulieren müssen.

7.5 Die Einsprechende brachte vor, dass ihr die Gelegenheit eingeräumt werden sollte, diese Frage in zwei Instanzen zu diskutieren. Sie stellte daher den Antrag, die Angelegenheit zur Diskussion der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Hilfsantrags 1 an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

7.6 Die Patentinhaberin sprach sich aus verfahrensökonomischen Gründen gegen eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung aus.

7.7 Gemäß Artikel 12 (3) VOBK 2020 müssen die Beschwerdebegründung und die Beschwerdeerwiderung grundsätzlich den vollständigen Sachvortrag eines Beteiligten enthalten. Im vorliegenden Fall folgt die Kammer der Argumentation der Patentinhaberin. Obgleich es zwar zutrifft, worauf die Einsprechende hingewiesen hat, dass die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 verneint hat, bestand für die Einsprechende nach Auffassung der Kammer die Obliegenheit die entsprechenden Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit in ihrer Beschwerdeerwiderung substantiiert vorzutragen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Patentinhaberin in ihrer Beschwerdebegründung zur Frage der Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 eingehend vorgetragen hat. Im Hinblick auf diesen Vortrag der Patentinhaberin konnte die Einsprechende nicht darauf vertrauen, dass sich die Kammer der Auffassung der Einspruchsabteilung anschließen wird. Es bestand daher eine Obliegenheit der Einsprechenden in ihrer Beschwerdeerwiderung auf die entsprechenden Ausführungen der Patentinhaberin zu reagieren und ihre entsprechenden Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit substantiiert vorzutragen. Hierzu ist zu bemerken, dass eine bloß allgemeiner Hinweis, wie unter Punkt III. der Beschwerdeerwiderung der Einsprechenden enthalten, dass die erfinderische Tätigkeit der Hilfsanträge 1 bis 13 bestritten wird, keinen substantiierten Vortrag darstellt und deshalb nicht ausreichend ist. Auch ein Vortrag im Einspruchsverfahren genügt nicht, da er den Anforderungen des Artikels 12 (3) VOBK 2020 nicht entspricht, der vorsieht, dass die Beschwerdebegründung und die Beschwerdeerwiderung den vollständigen Sachvortrag eines Beteiligten enthalten soll.

7.8 Die neuen Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit stellen daher eine Änderung des Vorbringens der Einsprechenden dar, deren Zulassung in das Verfahren gemäß Artikel 13 (1) VOBK 2020 ins Ermessen der Kammer gestellt ist. Die Einwände wurden erstmals im spätest möglichen Verfahrensstadium der mündlichen Verhandlung vorgebracht. Wie oben ausgeführt, kann die Kammer keinen überzeugenden Grund für die späte Änderung des Vorbringens der Einsprechenden erkennen. Dass eine Kammer von den Schlussfolgerungen der Einspruchsabteilung insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen der Gegenpartei abweichen könnte, ist für die Partei eine vorherzusehende Möglichkeit und stellt daher keine neue, und schon gar nicht eine unerwartete Entwicklung des Verfahrens dar. In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, dass die Einsprechende auch nicht auf die Ausführungen im Punkt 4.5 der Mitteilung der Beschwerdekammer vom 26. Juni 2020 reagiert hat, worin auf den Diskussionsbedarf bezüglich des Merkmals A7 und der Frage der Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 hingewiesen wurde. Zudem war zu berücksichtigen, dass die Patentinhaberin keine Möglichkeit hatte, sich auf die erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwände vorzubereiten. Die Kammer ließ folglich die neu vorgebrachten Einwände gemäß Artikel 13 (1) VOBK 2020 nicht ins Verfahren zu.

7.9 Da die Einwände nicht ins Verfahren zugelassen wurden, war der Antrag auf Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 gegenstandslos geworden. Dem Antrag war demnach nicht stattzugeben.

8. Rüge nach Regel 106 EPÜ

8.1 In Reaktion auf die Entscheidung der Kammer, die Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht ins Verfahren zuzulassen, rügte die Einsprechende einen Verfahrensfehler nach Regel 106 EPÜ. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei, da ihr keine Möglichkeit eingeräumt worden sei, zur Frage der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 Stellung zu nehmen.

8.2 Die Kammer bemerkt hierzu, dass der Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht das Recht eines Beteiligten umfasst, in jedem beliebigen Stadium des Verfahrens einen neuen Sachvortrag einführen zu dürfen. In diesem Zusammenhang wird auf Artikel 114 (2) EPÜ verwiesen, der die Möglichkeit der Nichtberücksichtigung von verspätetem Vorbringen vorsieht. Die Bestimmungen der Artikel 12 und 13 VOBK 2020 spezifizieren diesen allgemeinen Grundsatz für das Beschwerdeverfahren. Wie oben ausgeführt, wurden die verspätet vorgebrachten Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht ins Verfahren zugelassen, sodass die Parteien zu diesem Vorbringen nicht zu hören waren.

8.3 Die Rüge nach Regel 106 EPÜ war demnach zurückzuweisen.

9. Zusammenfassung

9.1 In Anbetracht der vorstehenden Feststellungen gab die Beschwerdekammer dem Hilfsantrag 1 der Patentinhaberin statt.

9.2 Die weiteren Hilfsanträge der Patentinhaberin mussten daher nicht behandelt werden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Beschreibung: Seiten 2 bis 4

- Ansprüche: 1 bis 11

- Zeichnungen Nr. 1 und 2,

allesamt als Hilfsantrag 1 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 9. April 2021.

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