12 August 2020

T 0989/19 - Missing signature

Key points
  • In this appeal against a refusal, the signature page of the refusal decision shows only two (wet ink) signatures. The decision is therefore invalid and this constitutes a substantial procedural violation. The case is remitted.
  • The file also did not contain any indication that the 2nd member was prevented from signing. 
  • The EPO recently introduced 'electronic authentication' for first instance departments (OJ 2020 A37; just like the Boards did earlier) but of course, the 'authenticated' stamp of 3 Examiners would need to be visible in the public file in the future and although such a stamp may possibly look like normal text in the public file, perhaps an electronic certificate is present in the internal file as evidence of the signature.



EPO T 0989/19 - link



Entscheidungsgründe


1. Nach Regel 113(1) EPÜ sind Entscheidungen des Europäischen Patentamts mit der Unterschrift und dem Namen des zuständigen Bediensteten zu versehen. Da ferner Artikel 18(2) EPÜ vorschreibt, dass sich eine Prüfungsabteilung aus drei Prüfern zusammensetzt, sind auch die entsprechenden Unterschriften von allen drei Prüfern erforderlich (siehe hierzu auch die Richtlinien für die Prüfung, E-X, 1.3 in der Fassung vom November 2018).

2. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin das Fehlen der Unterschrift des zweiten Prüfers nicht geltend gemacht.




Nach Artikel 114(1) EPÜ "ermittelt das Europäische Patentamt den Sachverhalt von Amts wegen" und "ist dabei weder auf das Vorbringen noch auf die Anträge der Beteiligten beschränkt". Deshalb überprüft die Kammer ex officio, ob ein wesentlicher Verfahrensfehler im Sinne von Regel 103(1)a) EPÜ während des erstinstanzlichen Verfahrens vorlag (siehe z.B. J 7/82, Gründe 6), insbesondere im Hinblick auf wesentliche Erfordernisse der erstinstanzlichen Entscheidung.

3. Laut ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist das Erfordernis der Regel 113(1) EPÜ, wonach Entscheidungen des Europäischen Patentamts mit der Unterschrift und dem Namen des zuständigen Bediensteten zu versehen sind, keine reine Formsache, sondern ein wesentlicher Verfahrensschritt im erstinstanzlichen Entscheidungsprozess. Name und Unterschrift dienen nämlich dazu, die Verfasser der Entscheidung auszuweisen und zu belegen, dass diese für den Inhalt vorbehaltlos die Verantwortung übernehmen. Dieses Erfordernis soll Willkür und Missbrauch verhindern und nachprüfbar machen, dass das zuständige Organ tatsächlich die Entscheidung getroffen hat. Damit verkörpert es rechtsstaatliche Prinzipien, deren Verletzung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt und die schriftliche Entscheidung rechtsunwirksam macht (siehe J 16/17, Gründe 2.3 und T 390/86, Gründe 7 und 8).

4. Im vorliegenden Fall ist die angefochtene Entscheidung der Prüfungsabteilung im schriftlichen Verfahren erfolgt, da die Anmelderin ihren Antrag auf eine mündliche Verhandlung zurückgezogen hatte (vgl. Punkt II oben). Der Akte ist zwar zu entnehmen, dass diese schriftliche Entscheidung in ihrer Begründung mit den vorläufigen Schlussfolgerungen der Mitteilung, die an die Anmelderin am 19. März 2018 mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zugestellt wurde, im Wesentlichen übereinstimmt.

Aufgrund der fehlenden Unterschrift des zweiten Prüfers auf dem Formblatt 2048.2 der zuständigen Prüfungsabteilung ist jedoch nicht eindeutig nachvollziehbar, wie der Entscheidungsprozess tatsächlich verlaufen ist und ob die angefochtene Entscheidung in der ursprünglich vorgesehenen Zusammensetzung der Prüfungsabteilung letztendlich getroffen wurde.

5. Zudem befindet sich in der Akte weder ein Hinweis noch eine Anmerkung zu eventuell besonderen Begleitumständen oder Ereignissen (wie z.B. Krankheit oder Ableben; siehe T 243/87, Gründe 4 bzw. T 1170/05, Gründe 2.4), die dazu führen konnte, dass der zweite Prüfer das entsprechende Formblatt nicht unterschrieben hat oder hierzu verhindert war (siehe auch die Richtlinien für die Prüfung, E-X, 2.3, zweiter Absatz).

6. Die Kammer ist aus den oben dargelegten Gründen zu dem Schluss gelangt, dass die angefochtene Entscheidung als ungültig zu betrachten ist und das Verfahren vor der Prüfungsabteilung mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet war.

7. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Angelegenheit ohne weitere Prüfung der Sache an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückzuverweisen (Artikel 111(1) EPÜ; Artikel 11 VOBK 2020). Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr entspricht auch der Billigkeit und wird hiermit, gemäß Regel 103(1)a) EPÜ, angeordnet.

8. Da die Zurückverweisung eines Beschwerdefalls nach ständiger Rechtsprechung keinen Rechtsnachteil für die Beschwerdeführerin darstellt, kann diese Entscheidung auch ohne mündliche Verhandlung ergehen (siehe z.B. T 42/90, Gründe 5; T 382/10, Gründe 3, letzter Absatz).

Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

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