13 January 2020

T 0273/16 - OD should have heard witness

Key points

  • The opponent had invoked public prior use in the notice of opposition and had offered witnesses. The OD did not summon the witnesses, did not hear the witnesses, and rejected the opposition. 
  • The Board recalls that according to established case law, the competent department of the EPO must, as a rule, grant a request of an opponent to hear a witness on an alleged public prior use, before deciding that the public prior use is not proven (CLBA III.B.2.6.4)
  • The Board notes that the public prior use was properly substantiated in the notice of opposition. Moreover, the opponent repeatedly requested the hearing of the witnesses during the first instance proceedings. 
  • The Board concludes that this a substantial procedural violation. The Board remits the case and orders reimbursement of the appeal fee. 


EPO  T 0273/16 -  link




3. Wesentlicher Verfahrensmangel,
Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung,
Rückzahlung der Beschwerdegebühr
3.1 Die Beschwerdekammer wird gemäß Artikel 111 (1) EPÜ entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die Entscheidung erlassen hat, oder sie verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück. Nach Artikel 11 VOBK verweist eine Kammer die Angelegenheit an die erste Instanz zurück, wenn das Verfahren vor der ersten Instanz wesentliche Mängel aufweist, es sei denn, dass besondere Gründe gegen die Zurückverweisung sprechen. Es steht somit im pflichtgemäßen Ermessen der Kammer, unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls darüber zu befinden, ob eine Sache zurückzuverweisen oder sachlich zu entscheiden ist.


3.2 Im vorliegenden Fall wurde bereits in der Einspruchsschrift die Neuheit (und die erfinderische Tätigkeit) von Anspruch 1 gegenüber einer Vorbenutzung durch den Verkauf von Geschirrspülmaschinen "GS 1800" angegriffen. Die "GS 1800" scheint zwei hydraulisch in Reihe geschaltete Kreiselpumpen aufzuweisen (D12, Bild auf Seite 2). Zudem scheint sie zwei Zeitrelais zu umfassen, mittels der die beiden Pumpen mit 2,5 Sekunden Verzögerung zueinander gestartet werden (D13, Seite 3, Positionen d3 und d4; D14, Seite 2). Somit scheint die "GS 1800" besonders relevant zu sein.
3.3 Zum Beleg dieser Vorbenutzung wurden die Zeugen Herr Hutschneider und Herr Stier angeboten. Die Einspruchsabteilung hat die beiden Zeugen nicht gehört und die Vorbenutzung als nicht belegt angesehen (siehe insbesondere Punkt 15.5 der angegriffenen Entscheidung).
3.4 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern muss die zuständige Abteilung des EPA dem Antrag eines Einsprechenden, einen Zeugen zu einer angeblichen öffentlichen Vorbenutzung anzuhören, in der Regel stattgeben, bevor sie entscheidet, dass die angebliche öffentliche Vorbenutzung nicht nachgewiesen ist. Siehe dazu RdBK, 8. Auflage 2016, III.B.2.6.4 und III.G.3.1 sowie die darin behandelten Entscheidungen T 716/06 und T 1100/07.
Die Vorbenutzung wurde in der Einspruchsschrift ausreichend substantiiert (siehe insbesondere die Seiten 6 und 9 der Einspruchsschrift). Zudem hat die Beschwerdeführerin-Einsprechende während des Einspruchsverfahrens mehrfach die Vernehmung der beiden Zeugen gefordert (Einspruchsschrift; Schreiben vom 27. Juni 2013; Schreiben vom 19. Oktober 2015; Punkt 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung). Trotzdem entschied die Einspruchsabteilung, die Zeugen nicht zu laden, obwohl sie zur Verfügung standen.
Für die Entscheidung der Einspruchsabteilung scheint dabei maßgeblich gewesen zu sein, dass die Fertigung bzw. der Verkauf einer Geschirrspülmaschine GS 1800 nicht belegt worden sei (Punkt 15.5.1 der angegriffenen Entscheidung). Die beiden Zeugen sind von der Einsprechenden genau zu dieser Frage angeboten worden (Einspruchsschrift, Seite 6: "bietet die Einsprechende, sowohl zur Bestätigung, dass die ... GS 1800 ... vertrieben worden ist ... die folgenden Zeugen an"), und nicht etwa "über das, was sie generell wissen", wie in der Entscheidung (Seite 6, 2. Absatz) unrichtig behauptet wurde. Daher war die Entscheidung, die Zeugen nicht zu vernehmen, falsch und hat den Ausgang des Verfahrens unter Umständen beeinflusst.
3.5 Die Beschwerdeführerin wurde durch das Verhalten der Einspruchsabteilung daran gehindert, ein aus ihrer Sicht für die Neuheit entscheidendes Beweismittel zu verwenden. Mithin hat die Einspruchsabteilung den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör verletzt, siehe dazu RdBK, III.B.2.6.4. Das stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, was eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung rechtfertigt. Auch kann die Kammer keine besonderen Gründe erkennen, die gegen eine Zurückverweisung sprechen, Artikel 11 VOBK i.V.m. Art 111(1) EPÜ.
3.6 Da der Beschwerde stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht, ist die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, Regel 103 (1) a) EPÜ.
4. Beide Parteien haben nur für den Fall eine mündliche Verhandlung beantragt, dass die Kammer die Angelegenheit nicht an die erste Instanz zur weiteren Prüfung, insbesondere zur Anhörung der beiden Zeugen, zurückverweist. Die Beschwerdeführerin Einsprechende regt aber an, zuerst die weiteren Einwände zu prüfen und falls festgestellt wird, dass diese der Aufrechterhaltung entgegenstehen, zurückzuverweisen. Da sich die offenkundige Vorbenutzung, falls bewiesen, nach vorläufiger Einschätzung der Kammer einzig und alleine als entscheidungsserheblich erweisen könnte, erscheint es der Kammer zur Zeit zweckdienlicher, jetzt zurückzuverweisen, anstatt die weiteren Einwände zu prüfen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.
3. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.

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