- The Board reviews whether the OD was correct in not admitting a request filed by the Rule 116 date for written submissions before the OD.
- Post first published on 19.02.2019 by mistake; now republished.
- The OD had during the oral proceedings announced a negative conclusion on the main request and AR1 and AR2 and then had given the patentee a 'last chance' to file a further AR, even thouhg AR3 to 6 were pending. The patentee filed AR3-new, which was not admitted.
- " Regel 116 EPÜ dient nach ihrem Sinn und Zweck auch dazu, allen Beteiligten sowie der Abteilung genügend Zeit für eine sorgfältige Vorbereitung der mündlichen Verhandlung einzuräumen, []. In der Regel sind somit Anträge, die vor dem Ablauf der Frist nach Regel 116 EPÜ eingereicht werden und Regel 80 erfüllen, zuzulassen, [...]. Das gilt auch für Anträge, in denen Anspruchsmerkmale aus der Beschreibung aufgenommen worden sind. Die Frist nach Regel 116 gewährt den Einsprechenden die Möglichkeit, angemessen, z.B. durch Nachrecherche, zu reagieren."
- As a comment, the Board decides that any new requests filed by the Rule 116 date are as a rule timely filed, even if the requests involve feature taken from the description. AppApparentlye Rule 79(1) period of four months for filing a response does not entail any obligation to file AR's in view of attacks already in the Notice of opposition and the patentee can simply wait for the Rule 116 time limit. The EPO then notifies the opponent of the new requests, leaving the opponent a few days to carry out a prior art search for the features taken from the description. And gives the opponent the task to submit present the found prior art during the oral proceedings. At least that is how I understand the Board's analysis of the meaning of Rule 116 in opposition proceedings. Note that the Board does not indicate that the OD had raised new objections of own motion in the Rule 116 communication. Note that the Board also does not say that the plain text of Rule 116 prescribes that the requests must be admitted.
- The Board is also very critical of giving the patentee "one last chance" during the oral proceedings.
- " Dass die Abteilung nach Diskussion des Hilfsantrags II der Patentinhaberin eine letzte Gelegenheit oder Chance gewährt hat [...], ohne über die Zulässigkeit der noch geltenden Hilfsanträgen III(alt) bis VI zu befinden, hat keine Rechtsgrundlage und scheint auf reiner Willkür zu basieren. Wenngleich die Behandlung dieser Anträge, und sei es nur auf ihre Zulässigkeit in das Verfahren hin, möglicherweise eine Vertagung der Vertagung der Verhandlung erforderlich gemacht hätte, bleibt für die Kammer unerfindlich, woher die Einspruchsabteilung die Befugnis herzunehmen glaubte, gleichsam nach Gutsherrenart zu verfügen, dass als "letzte Chance" nur noch ein Antragssatz behandelt werde, gleich wie viele sich noch im Verfahren befanden. Durch dieses willkürlich und rechtlich nicht gestützte Vorgehen wurde der Patentinhaberin ihr Recht auf Gehör verwehrt. "
EPO T 1261/13 - link
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig. Die Zulässigkeit der Beschwerde wurde von den Parteien nicht mehr bestritten. Da sie form- und fristgerecht eingereicht wurde, sieht auch die Kammer keinen Grund, die Zulässigkeit in Frage zu stellen.
2. Die vorliegende Erfindung betrifft eine Verstelleinrichtung für das Rotorblatt (Pitchwinkelverstelleinrichtung) einer Windenergieanlage. Zwecke der Erfindung sind die Erhöhung von Zuverlässigkeit sowie die Reduzierung der Motorabmessung der Verstelleinrichtung. Zu diesem Zweck umfasst die Verstelleinrichtung wenigstens zwei Antriebe, die ihre Kraft zum Verstellen des Rotorblattes an verschiedenen Stellen in die Blattwurzel einleiten. Durch einen gleichzeitigen Betrieb aller Antriebe muss jeder nur einen Bruchteil der erforderlichen Gesamtkraft aufbringen. Somit kann die entsprechende Dimensionierung des Motors kleiner ausfallen, siehe Patentschrift Absätze [0005]-[0008].
3. Zulässigkeit der Anträge
Die Beschwerdegegnerinnen-Einsprechenden bezweifeln die Zulässigkeit aller Anträge.
3.1 Der Hauptantrag und die Hilfsanträge I und II wurden erstinstanzlich in das Verfahren zugelassen. Diese Anträge sind also integraler Teil der angefochtenen Entscheidung und definieren zum Teil den Gesamtrahmen des Verfahrens. Es ist auch nicht ersichtlich, auf welcher Rechtsgrundlage eine rückwirkende Unzulässigkeit basieren könnte. Die Kammer hat nach Art. 12(4) VOBK lediglich die Befugnis, Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können oder dort nicht zugelassen worden sind.
3.2 Die Beschwerdegegnerinnen-Einsprechenden argumentieren im wesentlichen, dass die Hilfsanträge III(alt), III(neu), IV und V bereits erstinstanzlich in rechtsfehlerfreier Ausübung des Amtsermessens nicht in das Verfahren zugelassen wurden. Die erst im Beschwerdeverfahren eingereichten Hilfsanträge VI-VII hätten bereits erstinstanzlich vorgebracht werden müssen. Sie seien folglich nach Artikel 12(4) VOBK nicht in das Verfahren zuzulassen.
3.2.1 Wie aus dem Protokoll und der Entscheidung hervorgeht, hatte die Abteilung in der Verhandlung nach Diskussion der Haupt- und Hilfsanträge I und II dem Patentinhaber eine "letzte Gelegenheit" bzw. "letzte Chance" (Seite 7 bzw. 11 der Entscheidung) gegeben, einen weiteren Hilfsantrag zu stellen, obwohl weitere Hilfsanträge III bis VI vorlagen. Daraufhin formulierte die Patentinhaberin den neuen Hilfsantrag III(neu), um den geltenden Hilfsantrag III(alt) zu ersetzen. Hilfsantrag III(neu) wurde nicht zugelassen. Keine weiteren Hilfsanträge wurden zugelassen, Entscheidung, Seite 6 unten.
3.2.2 Bezüglich der Nicht-Zulassung des Hilfsantrags III(neu) waren, der Argumentation der Einspruchsabteilung folgend, die Einsprechenden durch das verspätete Einreichen der Anträge bereits am 21. September 2012 - d.h. etwa einen Monat vor der Verhandlung - nicht in der Lage, weder den im Hilfsantrag III(neu) enthaltenen neuen Aspekt mit der notwendigen Genauigkeit abhandeln, noch Nachrecherchen durchführen zu können.
3.2.3 Nach Auffassung der Kammer hat die Abteilung nicht korrekt gehandelt. Insoweit sie ein Ermessen hatte, hat sie dieses nicht sachgerecht und somit willkürlich ausgeübt.
Regel 116 EPÜ dient nach ihrem Sinn und Zweck auch dazu, allen Beteiligten sowie der Abteilung genügend Zeit für eine sorgfältige Vorbereitung der mündlichen Verhandlung einzuräumen, siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammer, 8. Auflage 2016(RdBK), III.C.4.4. In der Regel sind somit Anträge, die vor dem Ablauf der Frist nach Regel 116 EPÜ eingereicht werden und Regel 80 erfüllen, zuzulassen, siehe z.B. die Richtlinien für die Prüfung (in der damals geltenden Version 2013), E-V.2.2. Das gilt auch für Anträge, in denen Anspruchsmerkmale aus der Beschreibung aufgenommen worden sind. Die Frist nach Regel 116 gewährt den Einsprechenden die Möglichkeit, angemessen, z.B. durch Nachrecherche, zu reagieren.
3.2.4 Die Hilfsanträge III(alt), IV-V betreffen die Hilfsanträge III-V der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchabteilung. Diese wurden bereits als Hilfsanträge IV bis VI am 21. September 2012 vor Ablauf der Frist nach Regel 116 eingereicht, aber am Anfang der mündlichen Verhandlung nach einer Diskussion umnummeriert, siehe Protokoll, Seite 1, "Anträge", sowie Entscheidung, Seite 9, Mitte.
Insoweit die Änderungen in den am 21. September 2012 eingereichten Anträgen Regel 80 EPÜ erfüllen, hätten die Anträge somit nach gängiger Amtspraxis zugelassen werden müssen. Daran vermag eine spätere Umnummerierung oder Umordnung nichts zu ändern.
Im übrigen ist aus der angefochtenen Entscheidung nicht ersichtlich, warum die Hilfsanträge IV bis VI vor der Einspruchabteilung (Hilfsanträge III(alt), IV-V vor der Beschwerdekammer) weder zugelassen noch behandelt wurden. Diese Ermessenentscheidung ist folglich unbegründet und rechtsfehlerhaft.
3.2.5 Dass die Abteilung nach Diskussion des Hilfsantrags II der Patentinhaberin eine letzte Gelegenheit oder Chance gewährt hat (siehe Seite 7 bzw. 11 der Entscheidung), ohne über die Zulässigkeit der noch geltenden Hilfsanträgen III(alt) bis VI zu befinden, hat keine Rechtsgrundlage und scheint auf reiner Willkür zu basieren. Wenngleich die Behandlung dieser Anträge, und sei es nur auf ihre Zulässigkeit in das Verfahren hin, möglicherweise eine Vertagung der Vertagung der Verhandlung erforderlich gemacht hätte, bleibt für die Kammer unerfindlich, woher die Einspruchsabteilung die Befugnis herzunehmen glaubte, gleichsam nach Gutsherrenart zu verfügen, dass als "letzte Chance" nur noch ein Antragssatz behandelt werde, gleich wie viele sich noch im Verfahren befanden. Durch dieses willkürlich und rechtlich nicht gestützte Vorgehen wurde der Patentinhaberin ihr Recht auf Gehör verwehrt. Wenn sich die Abteilung nicht in der Lage sah, an einem Tag über alle Anträge zu befinden, hätte sie die Verhandlung vertagen müssen, wie auch von dem Patentinhaber beantragt, siehe Entscheidung, Seite 10, letzter Absatz. Es war erst die Vorgehensweise der Einspruchsabteilung, die den Patentinhaber dazu genötigt hat, den neuen Hilfsantrag III(neu) zu formulieren, der den Hilfsantrag III(alt) ersetzen sollte.
3.2.6 Die Kammer stellt somit fest, dass die erste Instanz ihr Ermessen bezüglich der Zulässigkeit der jetzt geltenden Hilfsanträge III(alt),III(neu),IV-V grob unrichtig ausgeübt und damit den ihr eingeräumten Ermessensspielraum überschritten hat. Diese Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung ist aufzuheben. Im Übrigen wurden diese Hilfsanträge mit der Beschwerdebegründung nach Artikel 108 EPÜ eingereicht und liegen somit nach Artikel 12(1) VOBK dem Beschwerdeverfahren zugrunde.
3.2.7 Die Hilfsanträge VI-VII wurden erst im Beschwerdeverfahren eingereicht und es steht somit im Ermessen der Beschwerdekammer, diese nach Artikel 12(4) VOBK zuzulassen. Im vorliegenden Fall scheinen diese Anträge durch das Ersetzen des Merkmals "eingeleitet werden kann" durch "eingeleitet wird" eine angemessene Reaktion auf die Argumente im Abschnitt 3.3 der angefochtenen Entscheidung zu sein. Diese Hilfsanträge sind demzufolge nach Ansicht der Kammer zulässig.
3.3 Somit lässt die Kammer alle Anträge des Beschwerdeführers-Patentinhabers, nämlich die Haupt- und Hilfsanträge I-II, III(alt), III(neu), IV-VII zu.
4. Antrag auf Zurückverweisung
Die Beschwerdegegnerin-Einsprechende 3 beantragt die Zurückverweisung der Beschwerde im Umfang eines der Anträge Hilfsanträge III (alt), IV und V nach Artikel 111(1) EPÜ, da diese erstinstanzlich weder diskutiert noch abgehandelt worden sind. Der Beschwerdeführer-Patentinhaber und die Beschwerdegegnerinnen-Einsprechenden 1 und 2 haben demgegenüber beantragt, die Sache nicht zurückzuverweisen und direkt zu entscheiden. Zu bemerken ist vorliegend, dass es sich bereits um die zweite Beschwerde in diesem Fall handelt und dass es nach ständiger Rechtsprechung kein absolutes Recht auf zwei Rechtsinstanzen gibt, siehe RDBK IV.E.7.6.1. Besonderes Gewicht misst die Kammer vorliegend der Tatsache bei, dass der Patentinhaber selbst, zu dessen Schutz im Falle eines wesentlichen Verfahrensfehlers regelmäßig eine Zurückverweisung erfolgt, diese hier nicht beantragt hat. Die Beschwerdekammer hält es nach einer Abwägung der Argumente und Interessenlage im konkreten Fall für vorzüglich, das Verfahren in angemessener Zeit ohne eine Zurückverweisung zum Abschluss zu bringen. Die Kammer macht daher von ihrem Ermessen nach Artikel 111(1) EPÜ in der Weise Gebrauch, dass sie selbst über die Begründetheit der Beschwerde entscheidet.
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