17 December 2021

T 0394/18 - (II) The limiting effect of the CPA

 Key points

  • This case also deals with an inventive step attack of the opponent which starts with a document D2 that is not the CPA according to the Board. 
  • The Board on inventive step, in translation: “If a claim relates to a method, the usage characteristic is a functional method characteristic which is comparable to the other characteristics of the method. The purpose of the method according to claim 1, namely for transferring an article in a transport system of a packaging plant [D2 is about a different type of plant, not for packaging but for manufacturing products], defines the specific use of the method, additional steps being required which are not implicitly or inherently contained in the other steps defined in the claim and without which the claimed method would not achieve the stated aim. In this respect the stated use represents a real technical limitation of the method and the claimed method must be used in this way ” (referring to  T1931/14)
  • D2 is about a method similar (or identical to) the active step recited in the claim, but not in a packaging plant. The Board: “The Board notes that if one takes as the closest prior art a method for transferring an article in a transport system of a certain plant, such as a factory or production plant, [i.e. but not a packaging plant as in claim 1] the person skilled in the art always will remain, even with a further development, with a similar generic method and therefore also a method for transferring an article in a transport system of the selected particular installation, such as a factory or production installation, but he would not come to a method for transferring an article in a transport system of a packaging installation.”
  • “With the selection of E2 as the starting point for the assessment of inventive step, the opponent has actually also defined the framework for the further development of the method disclosed in E2, namely a further development within the same category, i.e. the transfer of an article in a transport system of a factory or production facility. A change from the deliberately chosen genus to another non-chosen genus during further development could then only be viewed as a result of an ex post facto analysis”
    • As a comment, I think this should properly be treated as a factual issue, capable of evidence by the parties. For instance, an opponent may show (with proper evidence) in (other cases) that there is just one technical field of household appliances (e.g. with common players, common industry journals and trade fairs) such that the skilled person routinely applies innovations from dishwashers to fridges (e.g. if the innovation pertains to the front door, see e.g. T0624/06). On the other hand, it may still be possible to properly start from a document having the same purpose and in the present case, cite D2 as a secondary document.
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2. Erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des

Anspruchs 1 des Patents in der erteilten Fassung ausgehend von E2 (Artikel 100(a) und 56 EPÜ)

2.1 Die Kammer schließt sich der Patentinhaberin an (siehe Seite 3, zweiter Absatz der Beschwerdebegründung), dass die Einspruchsabteilung den falschen Maßstab zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesetzt habe.

2.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist auf ein Verfahren zum Übergeben eines Artikels in einem Transportsystem einer Verpackungsanlage gerichtet und es ist unstreitig, dass E2 alle Merkmale des beanspruchten Verfahrens offenbart mit der Ausnahme, dass das in E2 offenbarte Verfahren nicht in einer Verpackungsanlage stattfindet, d.h., dass E2 ein Verfahren zum Übergeben eines Artikels in einem Transportsystem einer Verpackungsanlage nicht offenbart.

2.3 Die Feststellung der Einspruchsabteilung (siehe Punkt 1.3 auf Seite 5, letzter Absatz der Entscheidungsgründe), dass es "für den Fachmann kein Hinderungsgrund [gäbe], das aus der E1 [gemeint E2] bekannte Verfahren nicht auch in einer Verpackungsanlage zu verwenden", hält bereits in ihrem Ansatz einer Überprüfung durch die Beschwerdekammer nicht stand. Für die Verneinung der erfinderischen Tätigkeit genügt es nämlich nicht, dass ein Fachmann ausgehend von dem nächstliegenden Stand der Technik zum beanspruchten Gegenstand bloß kommen könnte. Vielmehr ist maßgeblich, ob er zum Anspruchsgegenstand auch tatsächlich kommen würde (siehe die Rechtsprechung der Beschwerdekammern [RdB], 9. Auflage 2019, I.C.5).

Die Kammer stimmt daher mit der Beschwerdeführerin überein, dass die von der Einspruchsabteilung angegebene Begründung die Feststellung der fehlenden erfinderischen Tätigkeit nicht trägt.

2.4 Das Argument der Einsprechenden, dass sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 auf einen Verwendungszweck beziehe und keine technische Einschränkungen von den beanspruchten Verwendungszweck resultierten (siehe Punkt 3.1.2 ihrer Beschwerdeerwiderung und Punkt 2 des Schriftsatzes vom 18. August 2021), kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden.

Wenn ein Anspruch sich auf ein Verfahren bezieht, ist das Verwendungsmerkmal ein funktionelles Verfahrensmerkmal, das mit den anderen Merkmalen des Verfahrens vergleichbar ist. Die Zweckangabe des Verfahrens gemäß Anspruchs 1, nämlich zum Übergeben eines Artikels in einem Transportsystem einer Verpackungsanlage, definiert die spezifische Verwendung des Verfahrens, wobei zusätzliche Schritte erforderlich sind, die nicht in den übrigen im Anspruch definierten Schritten implizit oder inhärent enthalten sind und ohne die das beanspruchte Verfahren nicht das angegebene Ziel erreichte. In dieser Hinsicht stellt die angegebene Verwendung eine echte technische Beschränkung des Verfahrens dar, und das beanspruchte Verfahren muss in dieser Weise verwendet werden (siehe RdB, I.C.5.2.5, zweiter Absatz, insbesondere in Bezug auf T 1931/14).

Die Kammer teilt daher die Feststellung der Einspruchsabteilung (siehe Punkt 1.2.2 der Entscheidungsgründe), dass das beanspruchte Verfahren auf ein Verfahren zum Übergeben eines Artikels in einem Transportsystem einer Verpackungsanlage eingeschränkt ist.

2.5 Das Argument der Einsprechenden, dass E2 implizit eine Verpackungsanlage offenbare, weil die meisten in einer Fabrik- oder Produktionsanlage hergestellten Produkte verpackt werden (siehe Punkt 3 des Schriftsatzes vom 18. August 2021), ist nicht überzeugend, weil es ebenfalls Produkte gibt, die nicht verpackt werden.

Dass die Verwendung des Verfahrens von E2 in einer Verpackungsanlage nur eine bloße Auswahl zwischen zwei Alternativen sei, nämlich zwischen Fabrik- bzw. Produktionsanlage mit oder ohne Verpackungsanlage, ist ebenfalls nicht überzeugend, weil diese zwei Alternativen aus der E2 eindeutig und unmittelbar nicht zu entnehmen sind.

2.6 Die Kammer bemerkt, dass, wenn man als nächstliegenden Stand der Technik ein Verfahren zum Übergeben eines Artikels in einem Transportsystem einer bestimmten Anlage, wie z.B. einer Fabrik- oder Produktionsanlage, nimmt, der Fachmann immer noch, auch bei einer Weiterentwicklung, bei einem gleichartigen gattungsgemäßen Verfahren und daher weiterhin bei einem Verfahren zum Übergeben eines Artikels in einem Transportsystem der gewählten bestimmten Anlage bliebe, wie z.B. einer Fabrik- oder Produktionsanlage, er aber nicht zu einem Verfahren zum Übergeben eines Artikels in einem Transportsystem einer Verpackungsanlage käme.

Mit der Auswahl von E2 als Ausgangpunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit hat die Einsprechende damit eigentlich auch den Rahmen der Weiterentwicklung des in E2 offenbarten Verfahrens festgelegt, nämlich eine Weiterentwicklung innerhalb derselben Gattung, d.h. das Übergeben eines Artikels in einem Transportsystem einer Fabrik- oder Produktionsanlage. Eine Änderung der bewusst gewählten Gattung zu einer anderen nicht gewählten Gattung während der Weiterentwicklung könnte dann nur als Folge einer Ex-post-facto-Analyse betrachtet werden (siehe RdB, I.D.3.6, erster Absatz).

2.7 Die Argumentationslinie der Einsprechenden ausgehend von E2, derzufolge der Fachmann zu einem Verfahren zum Übergeben eines Artikels in einem Transportsystem einer Verpackungsanlage gelangte (siehe Punkt 3.1.5 ihrer Beschwerdeerwiderung und Punkt 4 ihres Schriftsatzes vom 18. August 2021), kann daher nur als das Ergebnis einer rückschauende Betrachtung angesehen werden und ist nicht überzeugend.

2.8 Dass in der Aufgabenstellung im Absatz [0009] des Streitpatents die Verpackungsanlage nicht erwähnt wird (siehe Seite 7, vorletzter Satz - Seite 8, sechster Satz des Schriftsatzes vom 18. August 2021), ist unerheblich, weil dieses Merkmal Teil des Gegenstandes des Anspruchs 1 ist und den Begriff des Anspruchs sowie die beanspruchte Erfindung definiert und daher nicht vernachlässigt werden kann.

2.9 Die Kammer bemerkt, dass die Einsprechende in ihrer Argumentation des fehlender erfinderischen Tätigkeit den Wortlaut des Anspruchs 1 des Patents in der erteilten Fassung anders wiedergibt als im Streitpatent selbst, in dem der Begriff des Anspruchs 1 als Verfahren zum Übergeben eines Artikels in einem Transportsystem einer Anlage angegeben wird, und der Anspruch durch das Merkmal, dass die Anlage eine Verpackungsanlage ist, gekennzeichnet wird (siehe Seite 7, dritter Absatz des Schriftsatzes vom 18. August 2021).

2.10 Solche Umformulierung des Anspruchswortlauts ändert allerdings die Interpretation des Anspruchs 1 nicht.

Die Schritte des Verfahrens des unformulierten Anspruchs 1 finden immer noch in einer Verpackungsanlage statt, so dass der Anspruch immer noch auf ein Verfahren zum Übergeben eines Artikels in einem Transportsystem einer Verpackungsanlage gerichtet ist und diese Tatsache bestimmt noch immer die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit.

Die obigen Überlegungen der Kammer bezüglich der erfinderischen Tätigkeit werden daher durch die Umformulierung des Wortlaus des Anspruchs nicht beeinflusst.

2.11 Die Einsprechende argumentiert ebenfalls (siehe Seite 8, vorletzter Absatz des Schriftsatzes vom 18. Februar 2021), dass es nicht erfinderisch sein könne, ein vollständig bekanntes Verfahren (in diesem Fall ein Verfahren zum Übergeben eines Artikels in einem Transportsystem) in einem neuen Bereich (Verpacken) anzuwenden, wenn es keine beanspruchte Wechselwirkung zwischen dem spezifischen Bereich und dem bekannten Verfahren und keine glaubhafte technische Wirkung gebe, die von dem Unterscheidungsmerkmal ausgeht.

Diese allgemeine Aussage ist für die Beurteilung des vorliegenden Falls unerheblich. Die Beweislast liegt bei der Einsprechenden zu zeigen, dass die Erfindung gemäß Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt (Artikel 56 EPÜ). Wie oben in Punkt 2.6 und 2.7 dargelegt, ist die Argumentationslinie der Einsprechenden ausgehend von dem von ihr festgelegten Stand der Technik nicht überzeugend.

3. Erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des

Anspruchs 1 des Patents in der erteilten Fassung ausgehend von E1 (Artikel 100(a) und 56 EPÜ)

Die Einsprechende argumentiert, dass der Fachmann das Transportsystem von E1 in einem Transportsystem einer Verpackungsanlage aus den selben Gründen wie bei E2 verwendete und damit zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangte (siehe Punkt 3.1.6 der Beschwerdeerwiderung). Diese Argumentationslinie ist aus ähnlichen Gründen wie für E2 nicht überzeugend.

4. Die Kammer ist daher von der Argumentation der Patentinhaberin überzeugt, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung nicht korrekt ist, so dass sie aufzuheben ist. Keine der von der Einsprechende geltend gemachten Einwände stehen der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung entgegen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird in unveränderter Form aufrechterhalten.

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