4 February 2021

T 0191/17 - More about the appeal fee refund

 Key points

  • The appellant indicated that it will not attend the oral proceedings.
  • The present Board agrees with T 73/17 (same Board 3.2.07, different composition) that merely announcing that the appellant will not attend is not enough for the partial refund of the appeal fee under Rule 103(4)(c).
  • The present Board disagrees with T 517/17 which had found that such an announcement is enough.
  • The present decision, in machine translation: “In the Board's view, these considerations [in T517/17] do not seem to fully capture the fact that the requirements under Article 116 (1) EPC for oral proceedings at the request of a party on the one hand and under Rule 103 (4) c) EPC for the partial reimbursement of the appeal fee, on the other hand, are conceptually different.”
  • “Both the wording of the provision and its legislative history thus guide the Board's understanding of Rule 103(4)(c) EPC that a partial reimbursement of the appeal fee requires an express withdrawal of the request for oral proceedings, not just an announcement of non-participation at an oral hearing.”
  • The whole point is a bit obiter because the appellant made the announcement well after the period of one month set in Rule 103(4)(c) EPC.
  • As a comment, hopefully, the discrepancy in the case law will be resolved soon e.g. by a referral to the Enlarged Board.

EPO T 0191/17  - link


6. Im Ergebnis

- ist weder eine Verletzung des Gebots auf ein faires Verfahren noch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erkennen,

- begründet keiner der seitens der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände in überzeugender Weise die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung sowie

- sind die Hilfsanträge 1 bis 8 nicht ins Verfahren zugelassen.

Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

7. Regel 103 (4) c) EPÜ - Ankündigung, nicht an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen

7.1 Die Beschwerdeführerin erklärte im Schriftsatz vom 25. Januar 2021, dass sie an der für den 29. Januar 2021 anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde, zu der die Verfahrensbeteiligten ordnungsgemäß geladen worden waren.


7.2 Regel 103 (4) c) EPÜ sieht eine Erstattung der Beschwerdegebühr von 25% vor, wenn

"ein etwaiger Antrag auf mündliche Verhandlung innerhalb eines Monats ab Zustellung einer von der Beschwerdekammer zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung zurückgenommen wird und keine mündliche Verhandlung stattfindet." (Hervorhebung durch die Kammer)

7.3 Wie im Fall T 73/17 vom 15. Juni 2020 (nicht im ABl. EPA veröffentlicht) der erkennenden Kammer in anderer Besetzung stellt sich die Frage, ob diese Ankündigung der Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung eine anteilige Erstattung der Beschwerdegebühr in Höhe von 25% gemäß Regel 103 (4) c) EPÜ auslöst.

7.4 Zur Frage, ob die Ankündigung einer Partei, nicht an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, als implizite Rücknahme ihres Antrags auf mündliche Verhandlung anzusehen ist, bestätigt die Kammer den in der Entscheidung T 73/17 (supra) unter Hinweis auf die vorbereitenden Arbeiten und die Umstände für die Neufassung der Regel 103 EPÜ verfolgten Ansatz. In diesem Fall stellte die Kammer fest (Punkt 9.3 der Gründe):

"Nach ständiger Rechtsprechung kann der Antrag eines Beteiligten auf mündliche Verhandlung nur durch eine eindeutige gegenteilige schriftliche Willenserklärung zurückgenommen werden. Diese Voraussetzung wird in der Rechtsprechung regelmäßig nicht als erfüllt angesehen bei einer bloßen Ankündigung, nicht an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage 2019, III.C.4.3.1, mit weiteren Nachweisen). Soweit in einzelnen Verfahren eine solche Ankündigung als implizite Rücknahme ausgelegt worden zu sein scheint (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, supra, III.C.4.3.2, mit weiteren Nachweisen), ist diese Rechtsprechung zur Überzeugung der Kammer jedenfalls nicht auf die Regel 103 (4) c) EPÜ übertragbar."

7.5 Die Kammer nimmt in ihrer aktuellen Besetzung die Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.5.03 in der Beschwerdesache T 517/17 vom 27. Oktober 2020 (nicht im ABl. EPA veröffentlicht) zur Kenntnis. In dieser Entscheidung ist in Punkt 6.3 der Gründe, zweiter Absatz, in Abgrenzung zur Entscheidung T 73/17 (supra) Folgendes ausgeführt (inoffizielle Übersetzung aus der englischen Verfahrenssprache):

"Diese Kammer ist jedoch der Auffassung, dass, wenn es stimmt, dass die ausdrückliche Ankündigung, nicht an einer vereinbarten mündlichen Verhandlung vor der Kammer teilzunehmen, einer Rücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung gleichkommt, dies für alle Auswirkungen zutreffen und gültig sein muss, die das EPÜ und die Rechtsprechung mit einer Antragsrücknahme verbinden. Es erscheint als nicht gerechtfertigt, die ausdrückliche Ankündigung der Nichtteilnahme an einer mündlichen Verhandlung für die Zwecke der Frage, ob eine mündliche Verhandlung (noch) stattfinden soll, als gleichwertig mit einer Rücknahme des Antrages auf mündliche Verhandlung zu qualifizieren, sie für die Zwecke der Frage, ob Gebühren zurückgezahlt werden sollen, jedoch als nicht gleichwertig zu behandeln."

7.6 Nach Auffassung der Kammer scheinen diese Erwägungen nicht vollumfänglich zu erfassen, dass die Voraussetzungen gemäß Artikel 116 (1) EPÜ für eine mündlichen Verhandlung auf Antrag einer Partei einerseits und gemäß Regel 103 (4) c) EPÜ für die anteilige Rückzahlung der Beschwerdegebühr andererseits verschieden konzeptionell sind.

Artikel 116 (1) EPÜ regelt allein die Voraussetzungen für die Ladung zu und Durchführung einer mündlichen Verhandlung: auf Antrag einer Partei oder wenn dies vom Europäischen Patentamt als zweckmäßig erachtet wird. Dieser Artikel regelt dagegen nicht, unter welchen Bedingungen eine bereits anberaumte mündliche Verhandlung abgesagt werden kann. Die Rechtsprechung der Beschwerdekammern hat sich mit letzterer befasst und verlangt entweder eine explizite oder eine implizite Erklärung eines Verfahrensbeteiligten auf Rücknahme eines früheren Antrages auf mündliche Verhandlung (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, supra, III.C.4.3.1 und 2).

Die Verfahrenserklärung einer Partei über ihre Absicht, nicht an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, die auf Antrag dieser Partei anberaumt wurde, kann die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung beseitigen, unabhängig davon, ob diese Äußerung als implizite Rücknahme oder als bloße Nichtaufrechterhaltung des Antrags auf mündliche verstanden bzw. als Wegfall des Interesses an einem mündlichen Beschwerdevorbringen angesehen wird.

Anders als Artikel 116 (1) EPÜ setzt der Regelungsgehalt von Regel 103 (4) c) EPÜ gerade an dem Punkt der Aufhebung eines bereits anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung an, indem sie verlangt, dass der "Antrag auf mündliche Verhandlung ... zurückgenommen wird". Obwohl der Begriff "zurückgenommen" nicht weiter qualifiziert ist, weist die Tatsache, dass diese Regel ausdrücklich eine Rücknahmeerklärung vorsieht, bereits darauf hin, dass nicht weniger als eine prozessuale Antragsrücknahmeerklärung erforderlich ist, um die rechtliche Konsequenz einer teilweisen Rückzahlung der Beschwerdegebühr auszulösen.

Diese Auslegung des Wortlauts von Regel 103 (4) c) EPÜ wird durch die Vorarbeiten und die Umstände der neuen Fassung von Regel 103 EPÜ bestätigt. Danach ist

"die Beschwerdegebühr in Höhe von 25 % zurückzuzahlen, wenn trotz eines vorangegangenen Antrags auf mündliche Verhandlung die Entscheidung letzten Endes ergeht, ohne dass eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Dies wird der Fall sein, wenn die Kammer eine mündliche Verhandlung nicht für sachdienlich hält und im einseitigen Verfahren der Anmelder/Beschwerdeführer seinen Antrag auf mündliche Verhandlung zurücknimmt bzw. im mehrseitigen Verfahren alle Beteiligten ihre Anträge auf mündliche Verhandlung zurücknehmen." (siehe CA/80/19, of 4 Oktober 2019, Ziffer 85)

7.7 Sowohl der Wortlaut der Bestimmung als auch ihre Gesetzgebungsgeschichte leiten somit das Verständnis der Kammer von der Regel 103 (4) c) EPÜ, dass für eine anteilige Rückzahlung der Beschwerdegebühr eine ausdrückliche Rücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung erforderlich ist, nicht nur eine Ankündigung der Nichtteilnahme an einer mündlichen Verhandlung. Die prozessuale Antragsrücknahmeerklärung ist daher von entscheidender Bedeutung, so dass aus Gründen der Rechtssicherheit, insbesondere für die am Verfahren Beteiligten, eine ausdrückliche und eindeutige schriftliche Rücknahmeerklärung eine notwendige Voraussetzung für die anteilige Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist.

Die Entscheidung T 777/15 (nicht im ABl. EPA veröffentlicht) scheint einen ähnlichen Ansatz verfolgt zu haben, indem sie eine besondere Erklärung über die Rücknahme eines Antrags auf mündliche Verhandlung durch einen Beschwerdeführer verlangt (siehe Punkt 4 der Gründe).

7.8 Die zweite und dritte Voraussetzung von Regel 103 (4) c) EPÜ, d.h., dass die Rücknahme innerhalb eines Monats ab Zustellung der Mitteilung der Beschwerdekammer zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erklärt wird (hier die Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 Absatz 1 VOBK 2020 vom 24. September 2020) und dass keine mündliche Verhandlung stattfindet, müssen ebenfalls erfüllt werden.

7.9 Im vorliegenden Fall ist die dritte Anforderung erfüllt, nicht jedoch die erste und die zweite Anforderung.

7.10 Die Ankündigung der Beschwerdeführerin, nicht an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, ermöglicht es der Kammer, die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu treffen, erlaubt indes keine anteilige Erstattung der Beschwerdegebühr gemäß Regel 103 (4) c) EPÜ an die Beschwerdeführerin.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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