8 May 2020

T 0023/17 - Art.13(1) RPBA 2020 retroactive, but

Key points

  • In this opposition appeal, the Board notes that Art. 13(1) RPBA 2020 is to be applied to submissions involving amendments of a party's appeal case that were made already before 01.01.2020.
  • In this case, the opponent had filed new documents with letter of 08.02.2019, stating that they were filed in response to the comparative results included in the Statement of response of the patentee as respondent. The Board considers this to be a sufficient justification for the late filing, as required by Art.13(1), first sentence, RPBA 2020 (or possibly a sufficient indication of reasons for filing it, as required by Art.13(1)(s.3)), taking into account that the letter was filed at a time that Art. 13(1) RPBA 2020 was not yet in force and its text was not even public.
  • “Die Beschwerdeführerin hat zur Begründung für die späte Einreichung der Dokumente lediglich angegeben, dass diese in Reaktion auf die von der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeerwiderung (Seite 4 oben) vorgelegten Versuchsdaten erfolge. Die Kammer hält diese Begründung im vorliegenden Fall für ausreichend und eine Forderung nach der Angabe weiterer rechtfertigender Gründe, wie sie in Artikel 13(1) VOBK vorgeschrieben ist, unter den gegebenen Umständen für nicht gerechtfertigt. Denn obwohl nach Artikel 25(1) VOBK 2020 die revidierte Fassung des Artikels 13(1) VOBK anzuwenden ist, ist zu berücksichtigen, dass diese Vorschrift tatsächlich zum Zeitpunkt der Einreichung der D9 und D10 noch nicht in Kraft oder gar in der jetzigen Fassung bekannt war und somit von der Beschwerdeführerin noch nicht beachtet werden konnte.“
  • Moreover, Patentee’s inadmissibility objection was also late filed. “Da im übrigen die Nichtzulassung der D9 und D10 von der Beschwerdegegnerin erstmals in der mündlichen Verhandlung beantragt wurde, bestand auch insoweit nach der Einreichung dieser Dokumente für die Beschwerdeführerin kein Anlass, rechtfertigende Gründe für die späte Einreichung vorzutragen.”




EPO T 0023/17 -  link

Entscheidungsgründe
1. Zulassung der Dokument D9 und D10
1.1 Anzuwendendes Recht
1.1.1 Die Kammer hat die von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 8. Februar 2019 eingereichten Dokumente D9 und D10 durch die in der mündlichen Verhandlung am 30. Januar 2020 verkündete Entscheidung in das Verfahren zugelassen. Die Einreichung der Dokumente erfolgte damit nach Einreichung der Beschwerdebegründung am 3. März 2017 und vor der Zustellung der Ladung vom 1. Juli 2019 zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer.


1.1.2 Da die Entscheidung der Kammer in dem vorliegenden Fall nach dem Inkrafttreten der revidierten Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020) am 1. Januar 2020 getroffen und verkündet wurde, ist zu entscheiden, ob die Vorschriften der VOBK 2020 oder der bis zum Inkrafttreten der revidierten Fassung geltenden VOBK 2007 auf die Zulassung der Dokumente D9 und D10 Anwendung finden (vgl. T 634/16 vom 10. Januar 2020, Punkt 8 und 10 der Gründe).
1.1.3 Gemäß Artikel 25(1) VOBK 2020 ist die revidierte Fassung auf alle Fälle anzuwenden, die am Tag des Inkrafttretens anhängig sind, vorbehaltlich der in den Absätzen (2) und (3) genannten Ausnahmen. Nach Artikel 25(2) VOBK 2020 gilt Artikel 12 Absätze 4 bis 6 der revidierten Fassung u.a. nicht für vor dem Inkrafttreten der revidierten Fassung eingereichte Beschwerdebegründungen. Nach Artikel 25(3) VOBK 2020 ist Artikel 13(2) der revidierten Fassung nicht anzuwenden, wenn vor deren Inkrafttreten die Ladung zur mündlichen Verhandlung oder eine Mitteilung der Kammer nach Artikel 100(2) EPÜ zugestellt worden ist.
1.1.4 Da die Dokumente D9 und D10 mit Schreiben vom 8. Februar 2019 und somit nach Einreichung der Beschwerdebegründung am 3. März 2017 und vor der Zustellung der Ladung vom 1. Juli 2019 zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht worden sind, ist für die Entscheidung über deren Zulassung in das Verfahren nach Artikel 25(1) VOBK 2020 die Vorschrift des Artikels 13(1) VOBK 2020 anzuwenden. Artikel 13(1) VOBK 2020 hat folgenden Wortlaut:
"(1) Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung bedürfen rechtfertigender Gründe seitens des Beteiligten und ihre Zulassung steht im Ermessen der Kammer.
Artikel 12 Absätze 4 bis 6 gilt entsprechend.
Der Beteiligte muss die Gründe dafür angeben, weshalb er die Änderung erst in dieser Phase des Beschwerdeverfahrens einreicht.
Bei der Ausübung ihres Ermessens berücksichtigt die Kammer insbesondere den Stand des Verfahrens, die Eignung der Änderung zur Lösung der von einem anderen Beteiligten im Beschwerdeverfahren in zulässiger Weise aufgeworfenen Fragen oder der von der Kammer selbst aufgeworfenen Fragen, ferner ob die Änderung der Verfahrensökonomie abträglich ist, und bei Änderung einer Patentanmeldung oder eines Patents, ob der Beteiligte aufgezeigt hat, dass die Änderung prima facie die von einem anderen Beteiligten im Beschwerdeverfahren oder von der Kammer aufgeworfenen Fragen ausräumt und keinen Anlass zu neuen Einwänden gibt."
1.2 Sachliche Beurteilung
1.2.1 Im Rahmen der Ausübung des Ermessens hält die Kammer das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Schreiben vom 8. Februar 2019 und in der mündlichen Verhandlung für plausibel und nachvollziehbar, dass die Einreichung der D9 und D10 in Reaktion auf die von der Beschwerdegegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung (Seite 4 oben) vorgelegten Versuchsdaten mit Polyamid 11-Anteilen, insbesondere der als erfindungsgemäß bezeichneten Beispiele 39 und 40 die verwendet wurden, um eine Umformulierung der gelöste Aufgabe zu stützen, und damit "zur Lösung der von einem anderen Beteiligten im Beschwerdeverfahren in zulässiger Weise aufgeworfenen Fragen" im Sinne von Artikel 13(1), dritter Unterabsatz VOBK 2020, erfolgte.
[...]

1.2.3 Für die Frage, ob und inwieweit die weitere Voraussetzung für die Zulassung der Dokumente hinsichtlich der Angabe rechtfertigender Gründe seitens der Beschwerdeführerin, die die Gründe dafür angeben muss, weshalb die Dokumente erst in dieser Phase des Beschwerdeverfahrens einreicht wurden, im Rahmen der Ermessensausübung als erfüllt anzusehen ist, sind für die Kammer folgende Erwägungen maßgeblich.
1.2.4 Die Beschwerdeführerin hat zur Begründung für die späte Einreichung der Dokumente lediglich angegeben, dass diese in Reaktion auf die von der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeerwiderung (Seite 4 oben) vorgelegten Versuchsdaten erfolge. Die Kammer hält diese Begründung im vorliegenden Fall für ausreichend und eine Forderung nach der Angabe weiterer rechtfertigender Gründe, wie sie in Artikel 13(1) VOBK vorgeschrieben ist, unter den gegebenen Umständen für nicht gerechtfertigt. Denn obwohl nach Artikel 25(1) VOBK 2020 die revidierte Fassung des Artikels 13(1) VOBK anzuwenden ist, ist zu berücksichtigen, dass diese Vorschrift tatsächlich zum Zeitpunkt der Einreichung der D9 und D10 noch nicht in Kraft oder gar in der jetzigen Fassung bekannt war und somit von der Beschwerdeführerin noch nicht beachtet werden konnte.
Da im übrigen die Nichtzulassung der D9 und D10 von der Beschwerdegegnerin erstmals in der mündlichen Verhandlung beantragt wurde, bestand auch insoweit nach der Einreichung dieser Dokumente für die Beschwerdeführerin kein Anlass, rechtfertigende Gründe für die späte Einreichung vorzutragen.

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