11 September 2018

T 1065/16 - Admissibility and allowability of ground at once

Key points

  • During the oral proceedings before the OD, the opponent had sought to introduce A83 as new ground of opposition. The OD had admitted the new ground. However, at the end of the discussion about admissibility of the ground, the Chairman had announced the OD's conclusion on that the A83 was both admissible and allowable, i.e. that the claims were insufficiently disclosed.
  • This is a violation of the right to be heard. The Board however examines A83 itself and finds the claims to be sufficiently disclosed. The case is remitted for further prosecution, and the appeal fee is reimbursed.



EPO T 1065/16 - link

Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerden sind zulässig.
HAUPTANTRAG
2. Rechtliches Gehör (Artikel 113 (1) EPÜ)
2.1 Zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 16. Februar 2016 vor der Einspruchsabteilung beantragte die Beschwerdeführerin II [opponent] die Frage der Ausführbarkeit von Amts wegen zu prüfen. Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin I [patentee] die Zulässigkeit dieses Antrags zu prüfen, siehe Punkt VI oben.


Nach der Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer in den Fällen G 9/91 (ABl. EPA 1993, 408, Randnummer 16 der Entscheidungsgründe) und G 10/91 (ABl. EPA 1993, 420, Punkt 2 des Leitsatzes) sollte in einem späten Stadium des Einspruchsverfahrens ein neuer Einspruchsgrund nur in Ausnahmefällen geprüft werden, zum Beispiel wenn prima facie triftige Gründe dafür sprechen, dass dieser Einspruchsgrund relevant ist und der Aufrechterhaltung des Patents ganz oder teilweise entgegenstehen würde. In der Entscheidung G 3/94 hat die Große Beschwerdekammer diese Praxis ausdrücklich bestätigt, siehe Entscheidungsgründe, Punkt 80, Buchstabe h).
Die Beschwerdeführerin II [opponent] hat in ihrer Einspruchsschrift den beantragten Widerruf des Patents lediglich auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) gestützt und später im Einspruchsverfahren einen Einwand mangelnder Klarheit erhoben (Artikel 84 EPÜ). Bis zur mündlichen Verhandlung war der Einspruchsgrund der mangelnden Ausführbarkeit, Artikel 100 b) EPÜ in Verbindung mit Artikel 83 EPÜ nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Es handelt sich also um einen neuen Einspruchsgrund.
In der Tatsache, dass die Einspruchsabteilung diesen neuen Einspruchsgrund im Einspruchsverfahren zugelassen hat, kann die Kammer an sich keinen Verfahrensmangel erkennen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Einspruchsabteilung diesen neuen Einspruchsgrund von Amts wegen oder auf Antrag einer der Beteiligten zugelassen hat.
2.2 In der Ladungsmitteilung der Einspruchsabteilung vom 1. Juni 2015 (siehe Punkt V oben) hat die Einspruchsabteilung ausdrücklich darauf verwiesen, dass eine Prüfung des geltenden Anspruchs 1 hinsichtlich Klarheit (Artikel 84 EPÜ) nicht zu erfolgen hat (Hervorhebung der Einspruchsabteilung) und dass nur Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 zu erörtern sind (Hervorhebung der Kammer).
Die Beschwerdeführerin I konnte aufgrund dieser Mitteilung davon ausgehen, dass ein Einwand unter Artikel 84 oder 83 EPÜ nicht länger Gegenstand des Einspruchsverfahrens war und in der mündlichen Verhandlung nicht zu diskutieren war. Die Einführung des neuen Einspruchsgrundes kam somit überraschend, womit die Beschwerdeführerin I [patentee] nicht hätte rechnen müssen.
Es scheint, dass die Einspruchsabteilung den neuen Einspruchsgrund als nicht verspätet angesehen hat (siehe Punkt VII oben). [the references to the Roman numerals seems incorrect].
From the Facts and Submissions, V. " Die Einsprechende beantragte zu Beginn der Verhandlung vor der Einspruchsabteilung die Frage der Ausführbarkeit auf der Grundlage der Entscheidung G 3/14 (Seite 88) ex officio zu prüfen, siehe Punkt 2 der Niederschrift vom 4. März 2016. Die Patentinhaberin entgegnete darauf, dass dieser Einwand nach Artikel 83 EPÜ früher hätte geltend gemacht werden müssen, und beantragte, die Zulässigkeit dieses Einwands zu prüfen.
Nach einer kurzen Unterbrechung der mündlichen Verhandlung(9:44 bis 9:57 Uhr) teilte die Vorsitzende der Einspruchsabteilung den Beteiligten mit, dass die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Antrag der Einsprechenden zulässig ist und dass der Gegenstand des Anspruch 1 des Hauptantrags die Erfordernisse vom Artikel 83 EPÜ nicht erfüllt, siehe Niederschrift, Punkt 3, Seite 2, erster Absatz." 

Nachdem die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung über die Zulässigkeit des neuen Einspruchsgrundes entschieden hat (siehe Punkt VI. oben), hätte der Patentinhaberin noch Gelegenheit gegeben werden müssen zur Ausführbarkeit detaillierter vorzutragen. Denn bei der Diskussion der Zulässigkeit musste die Patentinhaberin nicht damit rechnen, dass auch schon über den Einspruchsgrund an sich entscheiden wird. Sie konnte gegen dieses Vorgehen der Einspruchsabteilung auch nicht protestieren, weil das Beratungsergebnis sowohl über die Zulässigkeit als auch über die Begründetheit in einem Satz von der Vorsitzenden der Einspruchsabteilung verkündet wurde.
2.3 Da nach Auffassung der Kammer die Beschwerdeführerin I nicht ausreichend Gelegenheit erhalten hat, sich zu diesem neuen Einspruchsgrund zu äußern, hat die Einspruchsabteilung gegen Artikel 113 (1) EPÜ verstoßen, so dass das Verfahren mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet ist.
3. Einspruchsgrund der mangelnden Ausführbarkeit, Artikel 100 b) EPÜ in Verbindung mit Artikel 83 EPÜ
[...]
3.3 Die Kammer kommt somit zu dem Ergebnis, dass die in Anspruch 1 des Hauptantrags beanspruchte Erfindung so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
4. Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Nach Regel 103 (1) a) EPÜ wird die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet, wenn der Beschwerde stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht.
Da die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels an die erste Instanz zurückzuverweisen ist und dieser Verstoß ursächlich für die getroffene Entscheidung war, wird die Rückzahlung der Beschwerdegebühr an Beschwerdeführerin I angeordnet.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz auf der Basis des Hauptantrags zurückverwiesen.
3. Dem Antrag der Beschwerdeführerin I auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird stattgegeben.

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