8 August 2018

T 1456/14 - Examining what is disclosed

Key points

  • The Board decides that a feature is implicitly disclosed in the prior art (a ratio between circumferences of openings in the prior art device).
  • The Board in informal translation: "The presence of an implicit (or even explicit) device feature in a known device is not a question of the likelihood of attracting the attention of the skilled person to this feature or not, but whether the citation purely objectively realizes the feature. The criterium of "direct and unambiguous disclosure" does not presuppose that the person skilled in the art, even without the knowledge of the patent, must recognize the feature, but that the examination of the disclosure is carried out with the eyes and the understanding of the skilled person, but by an organ of the EPO and deliberately targeted, in full knowledge of the characteristic to be identified." 


T 1456/14 - link

3.3 Die Umfangslängen der gemäß den Figuren 4 und 5 rechteckigen Öffnungen sind nicht bekannt, so dass die Gesamtlänge der beiden Dichtungslinien nicht explizit in D14 offenbart wird. Anspruch 1 ist auf ein Verhältnis zwischen der Gesamtlänge und der Fläche gerichtet. Die fehlende Offenbarung der Gesamtlänge in D14 ist für die Frage der Neuheit solange unerheblich, wie gezeigt werden kann, dass das fragliche Verhältnis in D14 vorhanden ist, und zwar zweifellos. Der Beweis, dass das so ist, kann auch durch den Nachweis erfolgen, dass bereits ein kleinerer, und von der Vorrichtung in D14 unvermeidlich übertroffener Zahlenwert das beanspruchte Verhältnis erfüllt, so dass auch die Vorrichtung in D14 unvermeidlich dieses Verhältnis aufweisen muss.

Denn für die Beurteilung der Neuheit ist es im vorliegenden Fall grundsätzlich unerheblich, ob die allgemeinen Zusammenhänge zwischen Umfang und Fläche des Quadrats oder des Rechtecks für den Fachmann geläufig sind oder nicht. Es ist auch unerheblich, ob der Fachmann das fragliche Verhältnis aus den Zeichnungen des D14 von selbst, ohne eine gezielte Suche erkennen würde. Das Vorhandensein eines impliziten (oder auch expliziten) Vorrichtungsmerkmals in einer bekannten Vorrichtung ist keine Frage der Wahrscheinlichkeit, ob die Aufmerksamkeit des Fachmanns genau auf dieses Merkmal gelenkt wurde oder nicht, sondern ob die Entgegenhaltung das Merkmal rein objektiv verwirklicht. Das Kriterium der "unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung" setzt nicht voraus, dass der Fachmann auch ohne Kenntnis des Patents das Merkmal erkennen muss, sondern dass die Prüfung der Offenbarung zwar mit den Augen und dem Verständnis des Fachmanns, aber von einem Organ des EPA und bewusst gezielt, in voller Kenntnis des zu identifizierenden Merkmals durchgeführt wird.
Im Gegensatz zur Sichtweise der Beschwerdegegnerin stellt eine solche Betrachtung keine unzulässige Berücksichtigung von Äquivalenten dar, da hierdurch die in D14 enthaltene Information nicht verändert wird. Wenn die abgeschätzte kleinere Gesamtlänge das beanspruchte Verhältnis erfüllt, folgt aus Gründen der Logik, dass die wirkliche Gesamtlänge aller Dichtungslinien in D14 erst recht das Verhältnis erfüllen muss. Diese Gesamtlänge würde dann herangezogen, um fehlende Neuheit zu belegen.

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