11 October 2017

T 1107/12 - Standard of review and evidence

Key points

  • The OD had considered the publication date of D3 (a brochure-like document) to be proven by a witness. Because the OD had considered the witness to be credible, it was not relevant whether the OD's decision was based on the standard of proof of "up to the hilt" or "balance of probabilities" .
  • As tot the assessment of the evidence in appeal, the Board notes that the OD's evaluation of the evidence was made without legal mistakes and with due consideration of the applicable criteria, and was comprehensible and did not show any errors of reasoning. Therefore, it is not to the Board to place its own evaluation of the evidence in place of that of the Opposition Division. 
  • As a comment, the decision seems to imply that this Board applied a standard of review with some level of deference for the questions of fact rather than a de novo review.



T 1107/12 - link

Entscheidungsgründe
1. Öffentliche Zugänglichmachung von Dokumenten
1.1 Die Dokumente D3 und D31 wurden unter anderen von der Einspruchsabteilung als zum Stand der Technik gehörig akzeptiert.
Die öffentliche Zugänglichmachung von D31 vor dem Prioritätstag des Streitpatents wurde seitens der Beschwerdegegnerin nicht mehr bestritten.
1.2 D3 (SLOTOLOY ZN 80 Verfahren)
1.2.1 Die Beschwerdegegnerin bestreitet die öffentliche Zugänglichmachung des Dokuments D3 vor dem Prioritätstag des Streitpatents. Sie argumentiert im Wesentlichen, dass die Aussage des Zeugen Dr. Jordan nicht mit dem von der Rechtsprechung (T 750/94, ABl. EPA 1998, 32, Leitsatz I) geforderten hohen Grad an Sicherheit ergeben habe, dass D3 vor dem Prioritätstag des Streitpatents tatsächlich an potentielle Kunden der Beschwerdeführerin I verteilt wurde.
Die Beschwerdeführerin I widerspricht dem.
1.2.2 Die Kammer kann nicht erkennen, dass die Einspruchsabteilung bei der Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft vorgegangen wäre. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Abteilung von einem falschen Beweismaßstab ausgegangen wäre. Zwar hat die Einspruchsabteilung sich nicht ausdrücklich mit der Frage beschäftigt, ob im vorliegenden Fall der strenge Beweismaßstab "über jeden vernünftigen Zweifel hinaus" oder der übliche Beweismaßstab der "Abwägung der Wahrscheinlichkeit" angebracht gewesen wäre. Die zitierte Rechtsprechung, die absolute Gewissheit bzw. zweifelsfreien Nachweis verlangt, betrifft Fälle von offenkundiger Vorbenutzung (siehe T 441/04, T 472/92 und T 2451/13), und zwar wegen des Umstands, dass in so gelagerten Fällen das Beweismaterial in aller Regel in der Verfügungsmacht der Einsprechenden liegt. Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob ein bestimmtes Dokument, das von der Einsprechenden 1 selbst stammt, zu einem bestimmten Zeitpunkt der Öffentlichkeit zur Verfügung stand. Hierzu liegt Zeugenbeweis vor, der frei zu würdigen ist. Im Ergebnis kann offen bleiben, ob auch in dieser Konstellation der strengere Beweismaßstab anzulegen ist. Denn die Würdigung der Zeugenvernehmung des Dr. Jordan durch die Einspruchsabteilung hat keinerlei Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Aussage oder an der Glaubwürdigkeit seiner Person ergeben. Die Einspruchsabteilung hat daher auch keine Abwägung der Wahrscheinlichkeiten vorgenommen, sondern in allen relevanten Punkten festgestellt, dass keine Anhaltspunkte bestanden, an der Richtigkeit seiner Zeugenaussage zu zweifeln. Somit ist die Einspruchsabteilung im Ergebnis "über jeden vernünftigen Zweifel hinaus" von der Richtigkeit der Aussage überzeugt gewesen. Die Beweiswürdigung erfolgte auch im übrigen ohne Rechtsfehler und unter Heranziehung der maßgeblichen Kriterien, war in allen Punkte nachvollziehbar und wies auch keine Denkfehler auf, so dass es nicht an der Kammer ist, ihre eigene Beweiswürdigung an Stelle derjenigen der Einspruchsabteilung (siehe nachstehende Punkte 1.3.3. und 1.3.4 [not in decision under that number]) zu setzen.
1.2.3 Es ist unstreitig, dass betreffend D3 keine Geheimhaltungsverpflichtung bestand. Das Dokument D3 wurde mit Datum vom 5. April 2004 vom Ersteller freigegeben, danach in Druck gegeben und den Tochterunternehmen und Gebietsrepräsentanten zur Verteilung an bestehende oder potentielle Kunden zur Verfügung gestellt. Zwischen der Freigabe am 5. April 2004 und dem Prioritätstag des Streitpatents (20. Dezember 2004) verbleibt so ein Zeitraum von maximal ca. achteinhalb Monaten. Es ist unstreitig, dass kein konkretes Datum einer Verteilung der Arbeitsmappen D3 an die Öffentlichkeit nachgewiesen werden konnte.
1.2.4 Nach Aussage des Zeugen Dr. Jordan erfolgte die Übergabe an Endkunden in der Regel innerhalb eines Monats nach Freigabe durch die Vertreter der Tochterunternehmen und die Gebietsrepräsentanten. Es erscheint der Kammer, so wie der Einspruchsabteilung, glaubhaft, wenn der Zeuge aussagt, dass eine Verzögerung beim Zurverfügungstellen neuer technischer Unterlagen nicht im Interesse dieser Personen oder der Beschwerdeführerin I gelegen haben könne. Daher kann das gegenteilige Argument der Beschwerdegegnerin nicht überzeugen. Dagegen spricht auch, dass laut unwidersprochener Zeugenaussage mindestens drei Zn-Ni-Beschichter bereits im Jahre 2004 auf das SLOTOLOY ZN 80 Verfahren umgestellt hatten (Fa. Hillebrandt: März 2004, Fa. Musched & Gierse: Juli 2004, Fa. Collini: Anfang 2004). Der Zeuge Dr. Jordan sagte weiter glaubhaft aus, dass der Zweck der Dokumentation D3 genau darin gelegen habe, den Kunden die Führung des Galvanikbades überhaupt erst zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung der Einspruchs­abteilung in keiner Hinsicht zu beanstanden, dass D3 vor dem Prioritätstag des Streitpatents einer oder mehrerer dieser Firmen ohne Geheimhaltungs­verpflichtung zugänglich gemacht wurde.
1.2.5 D3 gehört somit im vorliegenden Fall zum Stand der Technik.

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